Orion erhält oberen Hitzeschild

Die US-amerikanische Luft- und Raumfahrtagentur NASA macht weitere Fortschritte in den Arbeiten für den Erstflug EFT-1 (Exploration Flight Test 1) ihres neuen Raumschiffs Orion. So wurde an der für diesen Flug verwendeten Kapsel ihr oberer Hitzeschild montiert.

Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NASA.

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Orions unterer Hitzeschild bei der Montage.
(Bild: NASA)

Der Hitzeschild ist einer der wichtigsten Bestandteile eines Raumschiffes. Er dient dazu, das Raumschiff vor der enormen Hitze während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre zu beschützen. Und die neue Raumkapsel der NASA, das Orion Multi-Purpose Crew Vehicle (MPCV), besitzt sogar zwei von ihnen. Zum einen verfügt es über einen kreisförmigen unteren Hitzeschild. Da Orion mit ihm voran in die Erdatmosphäre eindringt, ist die Temperatur an ihm besonders hoch. Aus diesem Grund wird ein besonders hitzeresistentes Material namens AVCOAT für ihn verwendet. Dieser Hitzeschild wurde bereits vor zwei Monaten an der für Orions Erstflug EFT-1 vorgesehenen Orion-Kapsel befestigt. Nun kam der zweite, obere Hitzeschild hinzu. Dieser unterscheidet sich deutlich von dem unteren Hitzeschild.

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Der obere Hitzeschild wird an Orion montiert.
(Bild: NASA)

Der obere Hitzeschild besteht nämlich anders als der untere Hitzeschild nicht aus einem monolithischen Block, sondern ähnlich wie der Hitzeschild des Space Shuttles aus hunderten kleinen schwarzen Kacheln, die einander sehr ähnlich sind. Dieser Aufbau ist möglich, weil die Temperatur an dem oberen Hitzeschild wesentlich niedriger als am unteren sein wird und so bereits ein weniger komplexer Hitzeschutz ausreicht. Diese insgesamt 970 Kacheln sind auf mehreren größeren Platten befestigt, die nun an der Außenseite der Orion-Kapsel montiert wurden. Berechnungen zufolge könnten sie sich auf bis zu 1.750 °C erhitzen. Obwohl die maximale Temperatur des unteren Hitzeschilds über 2.200 °C noch deutlich höher sein wird, wird der obere Hitzeschild der Orion-Kapsel doch wesentlich heißer als der Hitzeschild des Space Shuttles. Die Platten des oberen Hitzeschildes bilden zugleich auch die für die Orion-Kapsel charakteristische Kegelstumpfform.

Doch die Hitze während des Wiedereintritts ist nicht die einzige Gefahr, vor der Orion von dem oberen Hitzeschild beschützt werden muss. Auch befinden sich im Weltraum eine große Anzahl an Mikrometeoriten oder Weltraumschrott. Diese Teile sind zwar äußerst klein, deswegen jedoch nicht ungefährlich. Durch ihre hohe Geschwindigkeit können sie bei einem Aufprall trotzdem einen nicht unbeträchtlichen Schaden verursachen. Wenn nun der obere Hitzeschild von einem solchen Teil getroffen und beschädigt wird, besteht die Gefahr, dass ein Loch im oberen Hitzeschild entsteht. So kann das heiße Plasma, das während des Wiedereintritts Orion umgibt, durch das Loch in das Innere des Raumschiffes „kriechen“. Den Schaden, den es dort anrichten wird, könnte sogar zum Verlust der Besatzung führen.

Nachdem es 2003 bei dem Space Shuttle Flug STS-107 zu einem derartigen -wenn auch nicht durch Mikrometeoriten ausgelösten- Vorfall kam, wurden verschiedene Techniken entwickelt, die es ermöglichen, einen solchen beschädigten Hitzeschild zu reparieren. Zu Shuttle-Zeiten konnte man recht genau bestimmen, bei welcher Beschädigung eine Reparatur des Hitzeschildes notwendig war. Diese Daten sind jedoch wegen der komplett anderen Form nicht auf Orion übertragbar. Deshalb mussten neue Computermodelle für den Wiedereintritt von Orion entwickelt werden.

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Die beiden in zwei Kacheln hineingebohrten Löcher auf der Orion-Kapsel
(Bild: NASA)

Um diese Modelle zu verifizieren, haben Ingenieure der NASA zwei Löcher in den oberen Hitzeschild gebohrt. Beide haben einen Durchmesser von etwa 2,5 cm, das eine mit einer Tiefe von ebenfalls circa 2,5 cm, das andere mit einer Tiefe von etwa 3,5 cm. Die Kacheln, in die die Löcher hineingebohrt wurden, sind circa 3,75 cm dick und befinden sich gegenüber dem Fenster der Kapsel. So können Sensoren an Bord der Orion-Kapsel erkennen, wie hoch die Temperaturen innerhalb der Löcher sind. Mit den dabei gesammelten Daten können dann weitaus genauere Computermodelle bezüglich Beschädigungen des Hitzeschutzschilds entwickelt werden. Nach der abgeschlossenen Montage des oberen Hitzeschildes stehen als nächstes Tests der Orion-Kapsel mit den bei EFT-1 zu erwartenden Strahlungs- und Vakuumsbedingungen an.

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Orion während EFT-1 – Illustration
(Bild: NASA)

Aktuellen Planungen zufolge soll es im Dezember 2014 dann soweit sein: Orion startet auf einer Rakete des Typs Delta IV Heavy zur Mission EFT-1. Dieser Flug beinhaltet zwei Erdumrundungen, dabei wird sich Orion bis zu 5.500 km von der Erde entfernen, und auf über 32.000 km/h beschleunigt. Eine solche Entfernung und Geschwindigkeit wurde von keinem praktisch oder theoretisch bemannbaren US-Raumschiff seit 1972 erreicht.

Auf dem Flug sollen der Strahlungsschutz, der Hitzeschild, die Avionik, die Fallschirme und das Abwerfen von Verkleidungen und des Rettungssystems getestet werden. Der nächste Testflug nicht später als im November 2018, EM-1 für Exploration Mission 1 genannt, wird der Erstflug des neuen Space Launch Systems (SLS) sein, und ein unbemanntes MPCV, das mit dem neuen, auf dem ATV basierenden europäischen Servicemodul ausgrüstet sein soll, um den Mond führen.

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