Orion: Ein besserer Hitzeschild

Die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA arbeitet daran, den Hitzeschild ihres neuen Raumschiffs Orion zu verbessern.

Ein Beitrag von Martin Knipfer. Quelle: NASA, NSF.

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Orion tritt mit dem Hitzeschild voran in die Erdatmosphäre ein- Illustration.
(Bild: NASA)

Wenn Orion, das neue Raumschiff der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur NASA, nach seiner Mission jenseits des Erdorbits wieder in die Atmosphäre der Erde eintritt, wird sich die Raumkapsel aufgrund der Reibung äußerst stark erhitzen. Temperaturen bis zu 2.400 °C werden auf das Crewmodul einwirken. Zum Glück verfügt die Kapsel über einen Schutz: Das Raumschiff verfügt an der Unterseite über einen diskusförmigen Hitzeschild, mit dem voran sie in die Erdatmosphäre eintritt. Die Oberfläche dieses Hitzeschilds besteht aus einem ablativen Material namens AVCOAT, das in mehrere Tausend Löcher auf der Oberfläche des Hitzeschildes gefüllt wird. Bei dem Wiedereintritt schmilzt das Material teilweise und transportiert so durch die Strömung die Hitze von dem Hitzeschild weg, wodurch die Kapsel gekühlt wird.

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Der Hitzeschild wird von der Raumkapsel entfernt.
(Bild: NASA/Jim Grossmann)

Ein solcher Hitzeschild kam auch bei Orions Erstflug erfolgreich zum Einsatz, EFT-1 (Exploration Flight Test 1) im Dezember 2014. Erfolgreich beschützte er die Raumkapsel vor den extremen Temperaturen von über 2.200 °C während des Wiedereintritts nach zwei Erdumrundungen. Inzwischen ist Orion wieder „zu Hause“ angekommen, nämlich im Kennedy Space Center in Florida. Dort wird das Raumschiff gründlich inspiziert, diese Untersuchungen sind inzwischen fast vollständig abgeschlossen. Am 13. Februar wurde die Kapsel in der Launch Abort System Facility (LASF) mithilfe eines speziellen Krans hochgehoben, um den Hitzeschild zu entfernen. Dieser wurde dann auf den Anhänger eines Lastwagens verfrachtet, um ihn für weitere Inspektionen zu dem Marshall Space Flight Center (MSFC) in Alabama zu transportieren. Dort kam der Hitzeschild am 9. März an.

NASA/MSFC/Emmett Given
Orions Hitzeschild kommt im Marshall Space Flight Center an.
(Bild: NASA/MSFC/Emmett Given)

Als nächstes wurde er ausgeladen und auf einer großen Halterung befestigt, damit Ingenieure Proben des AVCOAT-Materials entnehmen konnten. Durch diese Proben kann die Dicke der einzelnen Schichten bestimmt werden, wodurch die NASA das Verhalten des Hitzeschilds besser verstehen kann. Als nächstes wird die verbleibende AVCOAT-Schicht mit der 7-Achsen CNC-Fräse des Marshall Space Flight Centers „wegrasiert“. Auch werden Sensoren entfernt, die als nächstes zu dem Ames Research Center zurückgebracht werden sollen, genauso wie die herausgefrästen Proben des Hitzeschilds. Im Juni wird der Hitzeschild zum Langley Research Center in Virginia befördert, wo er an einer Testversion der Orion-Kapsel angebracht werden soll. Mit dieser Kapsel sollen 2016 Wasserungstests in dem Wasserbecken auf dem Gelände des Zentrums stattfinden. Der ursprüngliche Hitzeschild dieses Testartikels wurde vor Kurzem an Bord eines Super Guppy-Frachtflugzeuges wieder zurück zum Hersteller Lockheed Martin in Denver geschickt. Die Orion-Kapsel, die bei EFT-1 zum Einsatz kam, soll nach Abschluss aller Untersuchungen den Bodenanlagen des Kennedy Space Centers übergeben werden. Die Kapsel wird dann für einen Testflug des turmförmigen Startabbruchsystems 2019 erneut eingesetzt.

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Orions Hitzeschild während der Montage. An der Unterseite sind sechs Löcher zu erkennen, in die die Kompressionspads eingeführt werden.
(Bild: NASA)

Der größte Teil des Hitzeschilds von Orion wird -wie beschrieben- mit AVCOAT-Material bedeckt sein. Es existieren weiterhin jedoch noch sechs scheibenförmige Kompressionspads auf der Oberseite, deren Konsistenz eine andere ist: Sie bestehen aus einem Material namens zweidimensionaler Kohlenfaserphenol. Sie beschützen Orion nicht nur vor der Hitze während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre, sondern verbinden auch die Kapsel mit dem Servicemodul und müssen daher den enormen Kräften während des Starts und der Abtrennung der Kapsel standhalten. Für Orions nächsten Flug haben die Ingenieure des Ames Research Center jedoch ein neues Material als Ersatz entwickelt: Dieser wird als dreidimensionaler Multi-Functional Ablative Thermal Protection (3D-MAT) bezeichnet. Der Unterschied liegt darin, dass nun Schnüre aus Quarz dreidimensional gewoben werden. Das bedeutet, dass die Schnüre nicht mehr nur der Länge und Breite nach, sondern auch senkrecht gewoben werden.

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NASA-Administrator Bolden begutachtet einen Webstuhl in der Fabrik von Bally Ribbon Mills, in der das neue Material gewoben wurde.
(Bild: NASA)

Die Entwicklung dieses Materials begann vor drei Jahren. Der Grund für diese Entscheidung lag darin, dass Orions Hitzeschild bei der nächsten Mission wesentlich höheren Temperaturen widerstehen muss, die jenseits der Grenzen von dem bisherigen zweidimensionalen Kohlenfaserphenol liegen. Deshalb wurden Proben verschiedener Materialien in dem Ames Research Center hohen Temperaturen ausgesetzt. Während diesen Tests zeigte sich, dass 3D-MAT sich wesentlich besser verhält als das bisherige zweidimensionale Material, das unter den selben Bedingungen brach. Nach drei Jahren der Entwicklung werden nun die Ergebnisse dem Orion-Programm übergeben. Die Fertigung des neuen Materials ist aufwändig: 5.000 Fäden, jeder einzeln kontrolliert, werden zu einem etwa 7,5 Zentimeter dicken, 60 cm breiten, 50-lagigen Block verwoben. Mit einem Spezialkleber werden kleinste Lücken zwischen den Lagen und den einzelnen Fäden verschlossen.

Die Daten, die während EFT-1 gesammelt wurden, sollen auch in das Critical Design Review des Raumschiffs im Sommer einfließen, eine rigorose Designprüfung, bei der das endgültige Design von Orion festgelegt wird. Im Mai soll dann in der Michoud Assembly Facility, einer gewaltigen Fabrikationshalle nahe New Orleans, die Fertigung der nächsten Orion-Kapsel beginnen, im April die Montage des turmförmigen Startabbruchsystems für diesen Flug. Ebenfalls soll dieses Jahr eine Testversion des europäischen Servicemoduls strukturell getestet werden.

Orion wird das neue Raumschiff der NASA sein. Während die kommerziellen Partner der NASA für den Transport von Fracht und Astronauten zur ISS im Erdorbit zuständig sind, wird das auch MPCV (Multi-Purpose Crew Vehicle) genannte Raumschiff Astronauten zu verschiedenen Zielen jenseits des Low Earth Orbits (LEO) transportieren. So kann eine intensivere Erkundung des Weltalls als je zuvor stattfinden. Mit der Entwicklung von Orion wurde bereits im Rahmen des 2010 gestrichenen Constellation-Programms begonnen. So konnten die Entwicklungsarbeiten an einem Raumschiff, an dem bereits mit Hochdruck gearbeitet wurde, fortgeführt werden.

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Orion während EM-1- Illustration.
(Bild: NASA)

Der nächste Flug von Orion steht nicht später als im November 2018 mit der Mission EM-1 (Exploration Mission 1) an. Bei dieser Mission soll ein unbemanntes Orion-Raumschiff zum Mond fliegen und dort in eine stabile Mondumlaufbahn einschwenken. EM-1 wird etwa 25 Tage dauern und neben einem europäischen Servicemodul, das Technologien des inzwischen eingestellten ATV-Raumtransporters verwendet, auch den neuen Schwerlastträger der NASA einsetzen, das Space Launch System (SLS). Das SLS befindet sich noch in der Entwicklungsphase, gleichzeitig werden große Teile der Infrastruktur, die bereits am Kennedy Space Center existiert, modernisiert und umgebaut, damit das SLS dort starten kann.

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