NASA und ESA einigen sich auf die Lunar Gateway-Umlaufbahn. Nach monatelanger Prüfung haben sich die Missionsplaner der NASA und des Europäischen Satellitenkontrollzentrums (ESOC) nun auf die Umlaufbahn des künftigen Lunar Gateways geeinigt. Eine Information der Europäischen Raumfahrtagentur (European Space Agency, ESA).
Quelle: ESA.
Das Space Gateway wird – ähnlich wie die ISS – ein Außenposten der Menschheit im All sein. Einen Unterschied wird es dann doch geben: anstatt seine Bahnen um die Erde zu ziehen, wird die Station den Mond umkreisen und den Astronauten und Robotern damit als Basis zur Erforschung der Mondoberfläche dienen.
Darüber hinaus wird das Gateway als Zwischenstopp für weitere Missionen genutzt. So könnten Astronauten in der Mondumlaufbahn Pausen einlegen und ihre Vorräte aufstocken. Möglichkeiten für wissenschaftliche Experimente sollen mit einem Labor ebenso möglich sein wie die Weiterleitung von Kommunikationssignalen.
Die Missionsanalyse im ESOC arbeitet gemeinsam mit den internationalen Partnern an der Analyse des festgelegten Orbits und wie die Umlaufbahn vitale Aspekte der Mission beeinflussen wird.
Die Halo-Umlaufbahn
Das Gateway wird sich in einem „nahezu rechtlinigen Halo-Orbit“ (Englisch: near-rectilinear halo orbit, kurz NRHO) befinden.
Neue Umlaufbahn für den Lunar Gateway
Anstatt den Mond in einer niedrigen Mondumlaufbahn wie Apollo zu umkreisen, wird sich die Mondstation auf einem weiter entfernten, sehr „exzentrischen“ Orbit bewegen, wobei der nächste Punkt zur Mondoberfläche bei 3.000 Kilometern und der entfernteste Punkt bei 70.000 Kilometern liegt. Die Umlaufbahn wird sich im Prinzip im Gleichklang mit dem Mond bewegen. Von der Erde aus wird sie wie ein Mond-Heiligenschein erscheinen.
Wahl der Umlaufbahn durch Zusammenspiel der Gravitationskräfte
Solche Bahnen sind durch das Zusammenspiel der Gravitationskräfte der Erde und des Mondes möglich. Der Tanz der beiden massigen Himmelskörper im All kann kleinere Objekte in unterschiedlichen stabilen oder fast-stabilen Positionen „einfangen“. Diese Positionen werden auch Librations- oder Lagrange-Punkte genannt.
Diese Punkte eignen sich deshalb hervorragend für die Planung langfristiger Missionen und bestimmen sogar teilweise das Design eines Raumschiffs: was können die Raumschiffe bis zum Orbit und aus ihm heraus transportieren, wie viel Energie wird benötigt, um die Umlaufbahn zu erreichen und schließlich dort zu verbleiben?
Im Halo-Orbit braucht das Gateway etwa sieben Tage für eine Mondumkreisung. Mit diesem Zeitraum kann die Anzahl der Eklipsen beschränkt werden, also der Periode, in dem das Gateway durch den Schatten der Erde oder des Mondes fliegt.
„Den richtigen Mond-Orbit zu finden, war alles andere als einfach“, sagt Markus Landgraf, Architecture Analyst im ESA-Team für astronautische und robotische Exploration. „Wenn die Raumstation dort mehrere Jahre bleiben soll, ist die nahezu geradlinige Halo-Umlaufbahn etwas instabil und Objekte in dieser Bahn neigen dazu, abzudriften“.
Um das Gateway in der Umlaufbahn zu halten, müssen regelmäßig kleinere Korrekturmanöver durchgeführt werden.
Aufbau der Infrastruktur erfordert Zeit und mehrere Flüge
Warum haben sich die Experten also für diesen Orbit entschieden? Am Ende hat die Frage nach der Energie darüber entschieden, denn sie ist der fundamentale Grenzfaktor, wenn es darum geht, Objekte von der Erde zu einer potenziellen Mondstation sowie zur Mondoberfläche zu transportieren.
„In der astronautischen Raumfahrt funktioniert es nicht, dass wir ein Mal mit einem Raumschiff auf die Reise gehen und die komplett fertige Infrastruktur an Bord haben“, erklärt Florian Renk, Mission Analyst in der Abteilung Flugdynamik am ESOC.
„Eine Raumstation wird nach und nach aufgebaut, immer mehr Einzelteile werden in den Weltraum – und bald auch auf die Mondoberfläche – geflogen. Einige Teile verbleiben im All, andere bringen wir wieder zurück auf die Erde. So befinden sich die Konstruktionen im ständigen Wandel.“
Lunar Gateway als Basis
Der Schwerkraftanziehung der Erde zu entkommen, erfordert große Energie. Um danach auf dem Mond zu landen anstatt schlichtweg an ihm vorbeizurasen, muss die Geschwindigkeit wieder gedrosselt werden. Also muss man die dringend benötigte Energie wieder loswerden. Teile des Raumschiffs im Orbit zu lassen und nur das, was man wirklich braucht, mit zur Mondoberfläche zu nehmen, ist eine Möglichkeit.
Eine dauerhafte Basis im besagten Mond-Orbit wird als Stützpunkt fungieren, von dem aus Teile zurückgelassen, abgeholt und zusammengebaut werden können. Nach dem Start wird nur ein moderates Manöver nötig sein, um ein Raumschiff für eine Kopplung mit dem Gateway abzubremsen.
Wenn die Gateway-Station dem Mond am nächsten kommt, also etwa alle sieben Tage, wird der Lander Menschen, Roboter und Infrastrukturen auf die Mondoberfläche bringen. Umgekehrt ist ein Transport von der Mondoberfläche zurück zum Gateway ebenfalls etwa alle sieben Tage möglich.
Forward to the Moon
Die Station wird in den 2020ern zusammengesetzt und dann ihren Betrieb in der Nähe des Mondes aufnehmen. Dort wird sie zwischen verschiedenen Orbits hin- und herwechseln und astronautische Raumfahrtmissionen in nie erreichte Entfernungen ermöglichen.
Damit wird eine Plattform für wissenschaftliche Entdeckungen im fernen Weltraum sowie das Sammeln von Erfahrungen ermöglicht, die von unschätzbarem Wert für zukünftige astronautische Marsmissionen sind.
„Das geballte Fachwissen in Sachen Flugdynamik hier am ESOC ist einzigartig in Europa“ sagt Rolf Densing, ESA-Direktor für Missionsbetrieb.
„Unsere Analysten und Flugdynamik-Experten unterstützen eine ganze Bandbreite an Missionen. Darunter befinden sich auch äußerst komplexe und aufregende Projekte wie die Lunar Gateway-Station. Wir können es kaum erwarten, dieses ambitionierte internationale Projekt endlich in die Tat umzusetzen.“
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