Im Rahmen seiner Erkundungen am Westrand des Endeavour-Kraters hat der Marsrover Opportunity am 20. April 2014 die Marke von insgesamt 39 auf der Marsoberfläche zurückgelegten Kilometern überschritten.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Unmanned Spaceflight.
Während der letzten Monate war der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity mit der Untersuchung eines mit dem Namen „Cook Haven“ belegten Bereiches der Marsoberfläche beschäftigt, welcher sich im Bereich des „Solander Point“ – einer mehrere Kilometer langen und etwa 60 Meter hohen Geländeformation am Westrand des rund 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters – befindet. Nach dem Abschluss der dortigen Arbeiten verließ Opportunity diese Region im März 2014.
Im Rahmen der weiteren Fahrten bewegte sich der Rover noch weiter in die südliche Richtung und setzte dabei seine Untersuchungen an der westlichen, dem Krater abgewandten Hangseite des Solander Point fort. Bei der dabei als zukünftiges Ziel angepeilten Region handelt es sich um eine ausgedehnte Formation von offen zutage tretenden Grundgestein, welche sich etwa 600 Meter von der Region „Cook Haven“ entfernt befindet. In diesem Bereich, so Ray Arvidson von der Washington University in St. Louis/USA, konnte das CRISM-Spektrometer des Mars Reconnaissance Orbiter eindeutige Signaturen von Tonmineralen nachweisen.
Durch die eingehende Untersuchung der dort abgelagerten Minerale, welche sich nur unter dem langfristigen Einfluss von Wasser mit einem nahezu neutralen pH-Wert gebildet haben können, erhoffen sich die an der Opportunity-Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Vorgänge, welche zu der Bildung dieser Tonminerale führten und über die Umweltbedingungen, welche dabei vor Jahrmilliarden in diesem Bereich der Marsoberfläche vorherrschten.
39 Kilometer
Im Rahmen einer Fahrt über eine Distanz von etwa 70 Metern überschritt Opportunity am 20. April 2014, dem Sol 3639 seiner Mission, die Marke von insgesamt 39 auf der Marsoberfläche zurückgelegten Kilometern. Bei fünf weiteren Fahrten, von denen die letzte erst am gestrigen Missionstag erfolgte, konnten in den folgenden Tagen nochmals rund 180 Meter überbrückt werden.
Fahrten im Rückwärtsgang
Während einer normal verlaufenden Fahrt beträgt die Stromaufnahme eines jeden der sechs Räder des Rovers etwa 0,3 bis 0,35 Ampere. Bereits seit einigen Wochen signalisieren die Telemetriewerte von Opportunity jedoch, dass das rechte Vorderrad des Rovers im Vergleich zu den restlichen fünf Rädern im Fahrbetrieb in letzter Zeit wieder einen erhöhten Stromverbrauch aufweist. Dieses Phänomen einer erhöhten Stromaufnahme trat erstmals im Sommer 2008 bei der Erkundung des Inneren des Viktoria-Kraters auf und konnte seit dem Februar 2009 mehr oder weniger regelmäßig beobachtet werden. In extremen Fällen wurden dabei im Jahr 2009 Werte von 0,6 bis 0,7 Ampere erreicht.
Als wahrscheinlichste Ursache, so die Analysen der Ingenieure des JPL und der in die Entwicklung und Herstellung der Räder involvierten Firmen, kommt hierfür ein Problem mit dem Schmiermittel des betreffenden Radgetriebes in Frage, welches sich aufgrund seines hohen Einsatzalters eventuell nicht mehr gleichmäßig in dem zuständigen Antriebsaktuator verteilt. Ebenfalls denkbar ist, dass eventuell Staub in das Innere des für den Antrieb des Rades verantwortlichen Aktuators gelangt sein könnte, der jetzt einen zusätzlichen mechanischen Reibungswiderstand erzeugt. Dies könnte erklären, warum jetzt bereits seit mehren Jahren nur das rechte Vorderrad betroffen ist.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben allerdings gezeigt, dass der Energiebedarf dieses Rades durch eine veränderte Fahrweise des Rovers – nämlich eine „Vorwärtsbewegung“ im „Rückwärtsgang“ – wieder auf einen nahezu normaleren Wert sinkt. Bei dieser Fortbewegungsweise liegt der Wert des Vorderrades durchschnittlich nur noch 40 bis 50 Milliampere über den Werten der restlichen Räder.
Die Antriebsmotoren der Räder können eine Stromaufnahme von etwa 1,0 Ampere verkraften, ohne dass ernsthafte Komplikationen auftreten. Trotzdem würde eine dauerhaft deutlich erhöhte Stromaufnahme des rechten Vorderrades sehr wahrscheinlich zu verfrühten Abnutzungserscheinungen bis hin zu einem kompletten Ausfall führen.
Aus diesem Grund haben sich die für die Steuerung von Opportunity verantwortlichen ‚Roverdriver‘ des JPL jetzt dazu entschlossen, den Rover wieder im Rückwärtsgang über die Marsoberfläche zu manövrieren. Als zusätzliche Maßnahme wurde zudem vor und während der letzten Fahrten ein Heizelement aktiviert, wodurch der für den Antrieb des rechten Vorderrades zuständige Aktuator auf eine höhere Betriebstemperatur gebracht wurde. Durch diese Prozedur soll die Viskosität des Schmiermittels reduziert werden.
Obwohl die für die Durchführung der Opportunity-Mission verantwortlichen Techniker und Ingenieure des JPL derzeit damit beschäftigt sind, die Ursache für die jetzt erneut registrierte „Auffälligkeit“ des rechten Vorderrades eingehender zu analysieren, setzt der Rover seine Fahrt auch weiterhin fort. Die nächste Fahrt ist dabei für den heutigen Tag vorgesehen.
Die Energiesituation
Neben dem allgemeinen technischen Zustand des mittlerweile seit mehr als zehn Jahren auf der Marsoberfläche aktiven Rovers – und dieser kann trotz des bereits seit Jahren bekannten Problems mit dem rechten Vorderrad immer noch als gut bezeichnet werden – muss bei den Planungen der zukünftigen Aktivitäten jedoch auch immer ein Blick auf die aktuelle Energiesituation geworfen werden. Und diese entwickelt sich gegenwärtig auch weiterhin positiv.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte des Marsrovers Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Bei komplett staubfreien Paneelen würde dieser Wert 100 Prozent betragen. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 23.04.2014: 0,658 kWh/Tag , Tau-Wert 0,273 , Lichtdurchlässigkeit 81,70 Prozent
- 15.04.2014: 0,622 kWh/Tag , Tau-Wert 0,413 , Lichtdurchlässigkeit 83,10 Prozent
- 08.04.2014: 0,642 kWh/Tag , Tau-Wert 0,423 , Lichtdurchlässigkeit 84,30 Prozent
- 01.04.2014: 0,661 kWh/Tag , Tau-Wert 0,433 , Lichtdurchlässigkeit 86,80 Prozent
- 20.03.2014: 0,574 kWh/Tag , Tau-Wert 0,450 , Lichtdurchlässigkeit 77,70 Prozent
Trotz eines in den letzten Wochen wieder leicht gestiegenen Bedeckungsgrades der Solarpaneele mit Staub kann der Rover Dank eines aktuell extrem niedrigen Tau-Wertes weiterhin sehr viel Energie gewinnen.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3650 seiner Mission, hat der Rover Opportunity rund 39.200 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 191.600 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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