Opportunity erreicht den Gipfel des Cape Tribulation

Mit seiner am vergangenen Mittwoch erfolgreich abgeschlossenen Besteigung des Cape Tribulation hat der mittlerweile seit fast elf Jahren aktive Marsrover Opportunity bei der Erforschung unseres Nachbarplaneten einen weiteren Meilenstein erreicht. Vor der geplanten Fortsetzung der Forschungsmission soll von diesem erhöhten Standort aus ein Fotopanorama erstellt werden, welches einen spektakulären Blick auf die Umgebung liefern wird.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Malin Space Science Systems, The Planetary Society, UMSF-Forum, New Mexico Museum of Natural History & Science.

NASA, JPL-Caltech, MSSS, NMMNHS
Auf seinem Weg über das Meridiani Planum hat der Marsrover Opportunity während der letzten elf Jahre mittlerweile eine Strecke von mehr als 41 Kilometern zurückgelegt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems, NMMNHS)

In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelten Wissenschaftler der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA den Plan, eine aus zwei baugleichen Rovern bestehende Robotermission zu unserem äußeren Nachbarplaneten zu entsenden. Das primäre Ziel dieser Mars Exploration Rover-Mission, so die gestellte Zielsetzung der NASA, sollte die Suche nach Anzeichen für ein früheres Vorhandensein von flüssigem Wasser auf der Oberfläche unseres Nachbarplaneten sein. Insbesondere sollten dazu die Zusammensetzung und Verteilung von Mineralien und Gesteinen in der unmittelbaren Umgebung der Landestellen der beiden Rover untersucht werden.
In Anlehnung an ihre instrumentarische Ausstattung mit verschiedenen Spektrometern und diversen Kamerasystemen sowie einer Mikroskopkamera und einem Gesteinsbohrer zur direkten Untersuchung der Marsoberfläche wurden die beiden Rover Spirit und Opportunity auch als ‚Robotergeologen‘ bezeichnet.

Was von der NASA anfangs als eine Mission von lediglich 90 Tagen Dauer geplant war, in denen jeder der beiden Rover eine Strecke von optimistisch veranschlagten etwa 700 bis bestenfalls 1.000 Metern zurücklegen sollte, entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahre zu einer nahezu unvergleichlichen Erfolgsgeschichte. Sowohl aus technischer als auch aus wissenschaftlicher Sicht übertrafen die beiden Rover selbst die höchsten der in sie gesetzten Erwartungen bei Weitem.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona
Der Rand des Endeavour-Kraters ist von verschiedenen Höhenzügen umgeben. Derzeit befindet sich Opportunity im Bereich des Cape Tribulation – der höchsten Erhebung am westlichen Kraterrand.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona)

Opportunity, der zweite der beiden an dieser Mission beteiligten Rover, landete vor mittlerweile fast elf Jahren am 25. Januar 2004 um 06:05 Uhr MEZ bei zwei Grad südlicher Breite und 353,8 Grad östlicher Länge auf der Hochebene Meridiani Planum. Bereits wenige Tage danach begann dieser ‚Kundschafter der Menschheit‘ mit seiner Untersuchung der Marsoberfläche. In den folgenden Jahren bewegte sich Opportunity über eine Distanz von mehr als 41 Kilometern und untersuchte dabei neben verschiedenen signifikanten Bodenstrukturen auch diverse auf dem Weg gelegenen Krater.

Aufgrund der während dieser Untersuchungen gesammelten Daten gilt es mittlerweile als gesichert, dass in diesem Bereich der Oberfläche des Mars vor Jahrmilliarden Wasser geflossen ist, welches seine deutlich nachweisbaren Spuren auf der Marsoberfläche hinterlassen hat. Das Wasser trat dabei lange genug auf, um die auf der Marsoberfläche befindlichen Gesteine auch chemisch zu verändern.

Der Endeavour-Krater
Auf seinem Weg über das Meridiani Planum erreichte Opportunity bereits am 9. August 2011 den Rand des etwa 22 Kilometer durchmessenden und bis zu 300 Meter tiefen Endeavour-Kraters. Seitdem ist der Rover damit beschäftigt, am westlichen Rand dieses rund 3,8 Milliarden Jahre alten Impaktkraters diverse Gesteinsformationen zu untersuchen. Durch die Ermittlung der chemischen und mineralogischen Zusammensetzung dieser Gesteine ergeben sich für die an dieser Mission beteiligten Wissenschaftler neue Einblicke in die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte dieser Region unseres Nachbarplaneten.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum)
Die zwischen dem 11. Dezember 2014 und dem 7. Januar 2015 – dies entspricht den Missionstagen Sol 3868 bis 3894 – von dem Marsrover Opportunity zurückgelegte Strecke. Jedes Quadrat auf dieser Karte verfügt über eine Ausdehnung von 100 x 100 Metern.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum))

Das besondere Interesse ist dabei auf die Suche nach Tonmineralen und Schichtsilikaten gerichtet, deren eindeutige Signaturen erstmals im Jahr 2010 mit einem der Instrumente des NASA-Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (kurz MRO) in dieser Region nachgewiesen werden konnten. Bei dem betreffenden Instrument handelt es sich um das CRISM-Spektrometer (kurz für „Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars“), einem bildgebenden Spektrometer für die Erkennung von Mineralen auf der Marsoberfläche. Speziell konnte das CRISM dabei eisen-, magnesium- und aluminiumhaltige Smektite detektieren.

Das Cape Tribulation
Seit Mitte August 2014 bewegte sich Opportunity am Rand einer mit dem Namen Cape Tribulation belegten Geländeformation, welche einen mehrere Kilometer langen Teilbereich des stark erodierten Randes des Endeavour-Kraters bildet. In den letzten Wochen hat sich der Rover dabei immer weiter dem Gipfel dieser Formation genähert. Am 7. Januar 2015 erreichte Opportunity diesen Gipfel schließlich im Rahmen einer Fahrt über weitere rund 12 Meter. Der jetzt erreichte Punkt ist zugleich die höchste Stelle in der Umgebung des Endeavour-Kraters, welche der Rover bisher erreichte.

Eine faszinierende Aussicht auf die Umgebung
Von seinem neuen Standort aus, welcher sich um etwa 135 Meter über die im Westen angrenzende Ebene des Meridiani Planum erhebt, bietet sich dem Rover ein faszinierender Blick aus das umliegende Gelände. Auf ersten Panoramaaufnahmen, welche mit der Navigationskamera des Rovers angefertigt wurden, sind nicht nur das mit Sanddünen bedeckte Innere des rund 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters und der auf der anderen Seite des Kraters gelegene östliche Kraterrand, sondern auch Teilbereiche des ‚Kamms‘ des Cape Tribulation und anderer Geländeerhebungen am westlichen Kraterrand erkennbar. Sogar ein weiterer Impaktkrater, der rund 15 Kilometer südlich vom Endeavour-Krater gelegene und etwa fünf Kilometer durchmessende Iazu-Krater ist auf diesen Aufnahmen ansatzweise erkennbar.

In den kommenden Tagen soll mit der Panoramakamera von Opportunity ein Farbmosaik der Umgebung – das so genannte „Tribualtion-Gipfel-Panorama“ – angefertigt werden, welches bestimmt noch spektakulärer ausfallen wird als die Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Navigationskamera. Allerdings werden voraussichtlich noch mehrere Wochen vergehen, bis die zuständigen Mitarbeiter der Mars Exploration Rover-Mission die dafür erforderlichen Einzelaufnahmen im Anschluss an die damit verbundenen aufwendigen Aufarbeitungen zu einem finalen Panorama zusammengesetzt haben, welches dann der Öffentlichkeit präsentiert werden kann.
Hierbei bleibt nur zu hoffen, dass der Mars in den kommenden Tagen mit den für die Planung dieser Aufnahmen zuständigen Wissenschaftlern ‚kooperiert‘ und möglichst wenig Staub die Fernsicht der Kamera ‚trübt‘. In der zweiten Hälfte des Jahres 2014 registrieren die Marsforscher – über den gesamten Planeten verteilt – eine größere Zahl von regional begrenzten Staubstürmen, durch die größere Mengen an Staubpartikeln in die Marsatmosphäre befördert wurden. Mittlerweile haben die Anzahl und Stärke diese Stürme zwar wieder deutlich abgenommen – trotzdem befinden sich immer noch deutlich erkennbare Mengen an Staub in der Atmosphäre.

NASA, JPL-Caltech
Diesen Blick über das im Nordosten (links) bis hin in die süd-südöstliche Richtung gelegene Gelände dokumentierte die Navigationskamera des Rovers nach dem Erreichen des Gipfels des Cape Tribulation am 7. Januar 2015.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Während der bereits seit dem 8. Januar laufenden Kampagne zur Erstellung dieses Panoramas darf der Rover seine derzeitige Position nicht verändern. Diese mehrere Tage andauernde Phase soll jedoch trotzdem genutzt werden, um auch die ‚üblichen‘ Forschungen fortzusetzen. Zu diesem Zweck erfolgte am vergangenen Donnerstag noch vor dem Beginn der Fotokampagne eine minimale Umplatzierung des Rovers. Hierdurch gelang ein interessant erscheinender Stein in die Reichweite des Instrumentenarms, welcher in den kommenden Tagen mit den dort platzierten Instrumenten eingehender untersucht werden soll.

Das nächste Ziel: Marathon-Valley
Nach dem Abschluss der Fotokampagne soll Opportunity seine Fahrt fortsetzen. Bei dem dabei angepeilten ‚Fern-Ziel‘ handelt es sich um ein mit dem Namen „Marathon Valley“ belegtes Tal, welches sich ebenfalls im Bereich des Cape Tribulation befindet. Auch hier wurden in den vergangenen Jahren durch das CRISM-Spektrometer des MRO (kurz MRO) erhöhte Konzentrationen von verschiedenen Tonmineralen registriert, welche sich dort anscheinend auf einem engen Raum konzentrieren.
Durch die eingehende Untersuchung dieser Minerale, welche sich nur unter dem langfristigen Einfluss von Wasser mit einem nahezu neutralen pH-Wert gebildet haben können, und der Erforschung der allgemeinen geologischen Bedingungen erhoffen sich die an der Mission beteiligten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die Vorgänge, welche einstmals zu der Bildung dieser Tonminerale führten und über die Umweltbedingungen, die dabei vor Jahrmilliarden in diesem Bereich der Marsoberfläche vorherrschten.

NASA, JPL-Caltech
Dieses Mosaik kombiniert mehrere Aufnahmen, welche die Navigationskamera des Rovers am 6. Januar 2015 anfertigte. Der in südwestlicher Richtung gelegene Gipfel des Cape Tribulation war an diesem Tag noch rund 12 Meter entfernt.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Außerdem sind auf den Aufnahmen der ebenfalls an Bord des MRO befindlichen HiRISE-Kamera an den Innenwänden dieses Tals verschiedene Gesteinsschichten erkennbar. Wie bei einer extrem verkleinerten Version der Steilwände des Grand Canyon im US-Bundesstaat Arizona ergibt sich hier für die Marsforscher eventuell auf kleinstem Raum ein Einblick in die langfristige klimatologische und geologische Geschichte dieser Region der Marsoberfläche.

Bis zum Erreichen dieses Tals muss Opportunity noch weitere rund 600 Meter in die südliche Richtung zurücklegen. Die beteiligten Mitarbeiter der NASA gehen davon aus, dass dieses nächste Ziel bereits in wenigen Wochen erreicht werden wird.

Der Flash-Speicher
In den vergangenen Monaten traten mehrfach Probleme mit dem Flash-Speicher des Bordcomputers von Opportunity auf. Diese Probleme waren letztendlich so gravierend, dass der Rover seit dem Dezember 2014 auf diesen nichtflüchtigen Speicher verzichten muss (Raumfahrer.net berichtete). Allerdings gehen die Mitarbeiter des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien davon aus, dass der Flash-Speicher in Zukunft wieder genutzt werden kann. Offenbar – so zeigten entsprechende Analysen bereits im Oktober 2014 – sind die aufgetretenen Probleme auf eine einzige der insgesamt sieben Speicherbänke des Flash-Speichers zurückzuführen, welche für die zwischenzeitliche Ablage von Daten genutzt werden.

NASA, JPL-Caltech
Die Navigationskamera des Marsrovers Opportunity setzt sich aus zwei getrennten Optiken zusammen, welche am Kameramast des Rovers montiert sind. Durch die Kombination von zeitgleich angefertigten Aufnahmen dieser beiden Optiken lassen sich Stereobilder erzeugen. Bei der Verwendung einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille ergibt sich bei deren Betrachtung ein realistischer räumlicher Eindruck von der abgebildeten Landschaft.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Die Spezialisten des JPL haben mittlerweile jedoch eine Lösung für dieses Problem gefunden. Mit einem speziellen Software-Update soll die betreffende Speicherbank vom Rest des Speichers isoliert und anschließend dauerhaft nicht mehr genutzt werden. Die sich dadurch hoffentlich wieder ergebende Stabilität des Flash-Speichers würde die damit verbundene Reduzierung der Gesamtkapazität des Speichers um rund 14 Prozent mehr als nur ausgleichen. Derzeit wird das hierfür erstellte Software-Update ausführlichen Tests unterzogen, welche sich allerdings aufgrund der damit verbundenen Komplexität vermutlich noch über mehrere Wochen hinziehen werden.

NASA, JPL-Caltech, Cornell University, Arizona State University
Diese Falschfarbenaufnahme des Gipfels des Cape Tribulation fertigte die Panoramakamera des Rovers bereits am 3. Januar 2015 aus einer Entfernung von etwa 53 Metern zum Gipfel an. Solche durch die Verwendung verschiedener Spektralfilter, welche jeweils für bestimmte Spektralbereiche optimiert sind, angefertigten Falschfarbenaufnahmen werden erstellt, um auf den Bildern Unterschiede in der mineralogischen Zusammensetzung des Bodens hervorzuheben.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Cornell University, Arizona State University)

„Das entsprechende Update für den Flash-Speicher erfordert einen dauerhaften Eingriff in die Betriebssoftware des Rovers. Deshalb führen wir jetzt zunächst erst einmal ausführliche Tests durch um sicherzustellen, dass sich durch diese Veränderung keine ungewollten Nebeneffekte beim Betrieb des Rovers einstellen“, so John Callas, der Projektmanager der Opportunity-Mission vom JPL.
Bis zum heutigen Tag – dem Sol 3897 seiner Mission – hat der Rover Opportunity rund 41.620 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei 199.708 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am JPL übermittelt.

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