Der Marsrover Opportunity hat die mehrere Wochen andauernde Phase der Sonnenkonjunktion gut überstanden und konnte seine Arbeit mittlerweile wieder aufnehmen. Bereits in wenigen Tagen soll der Rover seinen aktuellen Standort verlassen, sich in die südliche Richtung bewegen und dabei eine etwa zwei Kilometer entfernt gelegene Geländeerhebung namens Solander Point ansteuern.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, The Planetary Society, Unmanned Spaceflight.
Während der letzten Wochen war aufgrund der erst kürzlich beendeten Konjunktionsstellung des Mars – hierbei handelt es sich um eine etwa alle 26 Monate auftretenden Planetenstellung, bei der sich der Mars von der Erde aus gesehen direkt neben der Sonne befindet – keine direkte Kommunikation mit dem auf der Marsoberfläche operierenden Rover Opportunity möglich (Raumfahrer.net berichtete über diese Konjunktion).
Um den Empfang von unvollständigen und damit eventuell fehlerhaften Kommandosequenzen durch Opportunity zu vermeiden, wurde dem Rover im Vorfeld der Konjunktion für den Zeitraum zwischen dem 9. und dem 28. April 2013 eine Reihe von Kommandos für den Einsatz der wissenschaftlichen Instrumente übermittelt, welche Opportunity anschließend autonom durchführte, ohne dabei weitere Instruktionen von der Erde zu erhalten.
Neben der Langzeit-Untersuchung einer mit dem Namen „Esperance-3“ belegten Gesteinsformation durch das vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelte und betriebene APX-Spektrometer waren dabei auch verschiedene Aufnahmen des Marshimmels durch die Panoramakamera des Rovers vorgesehen, durch deren Auswertung die an der Mission beteiligten Wissenschaftler den Staubgehalt in der Marsatmosphäre ermitteln wollen. Die während dieser Phase gewonnenen Daten wurden zuerst im Computersystem des Marsrovers abgelegt beziehungsweise an die beiden im Marsorbit operierenden NASA-Raumsonden Mars Odyssey und Mars Reconnaissance übertragen und erst nach dem Ende der Konjunktion am 27. April an das auf der Erde befindliche Deep Space Network (DSN) gesendet.
Bei der Auswertung der Telemetriedaten des Rovers zeigte sich, dass sich Opportunity wenige Tage zuvor am 22. April, dem Sol 3.286 seiner Mission, in einen speziellen Standby-Modus versetzt hatte.
„Wir fanden den Rover in einem „Automodus“ genannten Standby-Modus vor, im dem er lediglich passiv auf weitere Kommandos von der Erde wartet, ohne eigene Aktivitäten durchzuführen“, so John Callas, der Projektmanager der Mars Exploration Rover-Mission des für die Kontrolle des Rovers verantwortlichen Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien.
Als Ursache für den Übertritt in den Automodus wird ein unerwarteter Reboot des Computersystems angenommen, welcher durch einen Fehler im Flash-Speicher des Bordcomputers ausgelöst wurde. Vermutlich sind aufgrund der langjährigen Einsatzdauer des Rovers, welcher eigentlich lediglich 90 Tage auf der Marsoberfläche aktiv sein sollte, einige der dortigen Speicherzellen ausgefallen. Vergleichbare Ereignisse traten in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrfach auf, stellten bisher allerdings kein größeres Problem dar. Sollten sich diese Ausfälle jedoch häufen, so muss der Flash-Speicher eventuell formatiert werden. Hierdurch konnte ein vergleichbares Problem, welches bei dem mittlerweile nicht mehr aktiven Marsrover Spirit auftrat, erfolgreich umgangen werden.
Trotz dieser kurzen Schrecksekunde am 27. April verfiel das technische Team der Opportunity-Mission aufgrund der mittlerweile langjährigen Erfahrung mit dem Rover jedoch keineswegs in Panik. Ein Übertritt in den Automodus ist bei einem unerwarteten Neustart des Computersystems üblich.
„Wir verfügen über verschiedene Gefahrenstufen und damit verbundene automatische Vorgehensweisen, um den Rover im Falle von auftretenden Störungen vor deren Auswirkungen zu schützen und der Automodus ist dabei die niedrigste Stufe“, so Bill Nelson, der Chefingenieur der Mission. „Im Automodus wird der Rover in der Regel für einen Zeitraum von etwa 90 Minuten aktiv, um in dieser Zeit eventuell von der Erde eingehende Kommandos aufzufangen und umzusetzen. Sollten in diesem Zeitraum keine Kommandos eingehen, so schaltet er sich wieder ab, geht über Nacht in einen Schlaf-Modus und wird erst am nächsten Tag wieder aktiv.“ Die entsprechenden Zeitfenster für eventuelle Kommunikationen sind im Bordcomputer des Rovers hinterlegt.
Obwohl Opportunity nach dem Auftreten dieses Problems über mehrere Tage hinweg keine Hilfestellung von seinem Kontrollzentrum erhalten konnte hat der Rover diese Situation ohne jegliche weitere Probleme überstanden. Mittels einer am 1. Mai übermittelten Kommandosequenz gelang es dem für die Opportunity-Mission verantwortlichen Team des JPL, den Rover wieder in den normalen Betriebsmodus zu versetzen.
Bereits einen Tag später, am Sol 3296 seiner Mission, führte der Rover seine erste, allerdings nur minimal ausfallende Positionsveränderung seit über vier Wochen durch. Im Rahmen dieser „Fahrt“ – der zuständige Roverdriver des JPL sprach von der kürzesten Fahrt, welche er jemals auf der Marsoberfläche durchgeführt hat – absolvierte Opportunity eine Drehung um lediglich 0,507 Grad um die eigene Achse.
Durch diese leichte Drehung gelangte allerdings – wie beabsichtigt – ein neues Bodenziel in die Reichweite des an der Vorderseite des Rovers befestigten Instrumentenarmes, welches während der vergangenen Tage mit dem APX-Spektrometer und dem Mikroskop des Rovers untersucht wurde. Eventuell soll die jetzt untersuchte Formation in den kommenden Tagen noch einmal mit einem Gesteinsschleifer bearbeitet und so von Staubablagerungen befreit werden. Durch eine Wiederholung der vorherigen Messungen könnten die beteiligten Instrumente dann einen nicht durch Umwelteinflüsse erodierten Bereich dieser Gesteinsformation analysieren.
Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Messkampagne wird Opportunity jedoch seine bereits seit dem 9. August 2011 andauernde Untersuchung des Cape York abschließen und sich, dem Randbereich des Endeavour-Kraters folgend, in die südliche Richtung orientieren. Diese Weiterfahrt ist für die nächsten Tage vorgesehen und soll nach dem aktuellen Planungsstand spätestens am kommenden Wochenende beginnen.
Als nächstes Ziel des Rovers wurde eine weitere Erhöhung am westlichen Rand des Endeavour-Kraters ausgewählt, welche Opportunity noch im August dieses Jahres erreichen soll. An der Nordseite dieser etwa 80 Meter hohen und rund zwei Kilometer vom aktuellen Standort entfernten Geländeerhebung namens „Solander Point“ soll Opportunity dann den kommenden Marswinter verbringen.
Aufgrund der relativ kurzen Zeit, welche dem Rover für diese Fahrt über zwar ebenes, aber bisher nicht im Detail bekanntes Gelände zur Verfügung steht, wird es voraussichtlich nur wenige Gelegenheiten für längere Fahrtunterbrechungen und damit verbundene weitere Untersuchungen der Marsoberfläche geben.
„Wir haben eine schnelle Transitroute ausgearbeitet, auf der wir noch vor dem Einsetzen des Winters Solander Point erreichen werden“, so Ray Arvidson von der Washington University in St.Louis/USA, der stellvertretende Chefwissenschaftler der Mission. Basierend auf der aktuellen Energiesituation des ausschließlich mit Sonnenenergie betriebenen Rovers und der Vorhersage der weiteren Entwicklung soll Opportunity sein nächstes Winterquartier optimalerweise noch Anfang August erreichen. Sollte sich die Energiesituation zwischenzeitlich allerdings besser entwickeln als vorhergesagt, so stünde eventuell etwas mehr Zeit für weitere kurze wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
„Einige Sols in Reserve, welche für wissenschaftliche Entdeckungen genutzt werden können, sind eine gute Sache. Allerdings wissen wir nicht, was uns auf dieser Fahrt erwartet, bis wir den Weg angetreten haben. Aktuell verfügen wir noch über eine gewisse Reserve und wir werden sehr genau überlegen, wie und wo wir diese Zeit verbringen werden“, so Steve Squyres von der Cornell University, der leitende Wissenschaftler der Opportunity-Mission.
Abgesehen von den bereits weiter oben erwähnten, von den an der Mission beteiligten Ingenieuren allerdings nicht als gravierend eingestuften Problemen mit dem Flash-Speicher des Bordcomputers befindet sich Opportunity trotz einer bereits mehrjährigen Überschreitung des ursprünglich garantierten Einsatzalters immer noch in einem aus technischer Sicht betrachteten guten Zustand.
Einer weiteren Erforschung der Marsoberfläche steht somit nichts im Weg und bereits in wenigen Tagen sollte der Robotergeologe seine überaus erfolgreiche Untersuchung der Marsoberfläche fortsetzten und dabei auch bisheriges Terra incognita, bisher nicht näher erkundete Bereiche der Marsoberfläche, überqueren und für die Blicke der Menschheit zugänglich machen.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3299 seiner Mission, hat der Rover Opportunity insgesamt rund 35.650 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei mehr als 179.100 Bilder von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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