Der Marsrover Opportunity hat seine seit dem Sommer 2011 andauernden Untersuchungen in der Region Cape York mittlerweile fast abgeschlossen. In Kürze soll der Rover diesen Bereich der Marsoberfläche verlassen und bisher noch unerforschte Regionen am westlichen Rand des Endeavour-Kraters ansteuern.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, Unmanned Spaceflight.
Bereits am 9. August 2011, dem Sol 2.681 seiner Mission, erreichte der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity die Südspitze des Cape York. Hierbei handelt es sich um eine mehrere hundert Meter lange und nur wenige Meter über die Umgebung herausragende Geländeerhebung, welche sich direkt am westlichen Rand des etwa 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters befindet. Vorherige Untersuchungen des NASA-Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) deuteten zweifelsfrei darauf hin, dass sich am Westrand dieses Kraters an verschiedenen Stellen Schichtsilikate und Tonminerale abgelagert haben. Dies, so die Wissenschaftler der NASA, ist ein eindeutiger Hinweis auf eine früher erfolgte Interaktion der dortigen Oberfläche mit Wasser.
Die folgenden Monate verbrachte Opportunity damit, den Bereich des Cape York ausführlich mit seinen Kameras abzubilden und mit seinen wissenschaftlichen Instrumenten zu analysieren (Raumfahrer.net berichtete mehrfach). Seit dem Oktober 2012 konzentrierten sich die wissenschaftlichen Aktivitäten des Rovers dabei auf die im östlichen Bereich des Cape York gelegene Region „Matijevic Hill“. Dort konnte das CRISM-Spektrometer an Bord des MRO zuvor die höchste Konzentration von Smektiten – hierbei handelt es sich um Schichtsilikate, welche eine bestimmte Gruppe der Tonminerale bilden – registrieren.
Seit unserem letzten ausführlicheren Opportunity-Statusupdate vom 25. Januar 2013 hat sich der Marsrover nur unwesentlich von seinem damaligen Standort fortbewegt. Die letzten Wochen wurden in erste Linie damit verbracht, die zweite Umrundung der Region Matijevic Hill zu vervollständigen. Hierbei wurden verschiedene in der unmittelbaren Umgebung liegende Gesteinsformationen angesteuert und untersucht. Neben den Kameras des Rovers kamen dabei auch das letzte noch einsatzfähige Spektrometer des Rovers, das vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz entwickelte und betriebene APX-Spektrometer, eine Mikroskopkamera und ein Gesteinsbohrer mehrfach zum Einsatz.
Das Hauptaugenmerk der Wissenschaftler galt dabei einer möglichst exakten Verlaufsbestimmung der Übergangszone zwischen zwei verschiedenen geologischen Formationen – der offenbar jüngeren, aus einem Impaktereignis resultierenden „Shoemaker-Formation“ und der älteren, smektithaltigen „Whitewater-Lake-Formation“. Des weiteren konzentrierten sich die Analysen auf die Untersuchung von feinen „Venen“, welche das hiesige Gestein vielerorts überziehen, und auf die diversen kleinen Kügelchen (bezeichnet als „Newberries“), welche in diesem Bereich der Marsoberfläche vorgefunden wurden, die sich jedoch in mehreren Punkten deutlich von den zuvor in anderen Regionen beobachteten „Blueberries“ unterscheiden.
„Wir verbrachten die meiste Zeit des Monats [Februar 2013] damit, um zu verstehen, in welchem Verhältnis die tonhaltigen Gesteine einschließlich der darin eingebetteten Newberries im Bereich von Whitewater Lake zu der weiter oberhalb auf dem Berg gelegenen Shoemaker-Formation stehen“, so Dr. Steve Squyres von der Cornell University/USA, der wissenschaftliche Leiter der Opportunity-Mission. Allerdings konnten die Wissenschaftler anscheinend keine klare Abgrenzung zwischen den beiden Bereichen ausmachen. „Es handelt sich um eine Art eines abgestuften Kontakts. Am Fuß des Hügels befindet sich der Bereich des Whitewater Lake, an der Oberseite dagegen die Shoemaker-Formation. Und dazwischen ist ein allmählicher Übergang zwischen diesen beiden Formationen zu erkennen“, so Dr. Squyres weiter.
Dies deutet darauf hin, dass sich das in diesem Bereich der Marsoberfläche abgelagerte Material bei einem Impaktereignis auf eine bestimmte Art und Weise vermischt haben muss. Die dabei abgelaufenen Prozesse müssen jedoch erst noch im Rahmen weiterführender Studien und Computersimulationen näher analysiert werden.
Die Weiterfahrt steht kurz bevor
Mittlerweile sind die Untersuchungen im Bereich des Cape York jedoch nahezu vollständig abgeschlossen und die Mitarbeiter der Mars Exploration Rover-Mission bereiten sich darauf vor, diese Region zu verlassen und den Rover in die Richtung des weiter südlich gelegenen „Solander Point“ zu dirigieren. An der Nordseite dieser etwa 80 Meter hohen und etwa zwei Kilometer vom aktuellen Standort entfernten Geländeerhebung soll Opportunity dann den kommenden Marswinter verbringen. Ein genaues „Abfahrtsdatum“ wurde bisher noch nicht festgelegt, allerdings wird als der spätest mögliche Termin der 9. Mai 2013 genannt.
„Der Großteil unseres Teams sagt, dass wir hier fertig sind“, so Ray Arvidson von der Washington University in St. Louis/USA, der stellvertretende Projektleiter der Mission. „Wir wollen unser nächsten Ziel bis zum August erreichen und je länger wir jetzt noch warten, desto weniger Zeit haben wir, um auf dem Weg dorthin weitere Untersuchungen durchzuführen.“
Eine spätere Abfahrt würde den an der Mission beteiligten Wissenschaftlern und Ingenieuren einen zu geringen zeitlichen Spielraum geben, um auf während der Fahrt auftretende unvorhergesehene technische Probleme zu reagieren oder zwischenzeitliche Unterbrechungen der Fahrt einzulegen. Letztere sind jedoch notwendig, um in dem zu überquerenden Gelände von Zeit zu Zeit verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen durchzuführen, durch welche die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte dieser Region in einen größeren geologischen Kontext versetzt werden kann.
Derzeit ist die dabei zu befahrende Route noch nicht festgelegt. Ein Vorschlag sieht vor, dass Opportunity einen direkten Kurs einschlägt und dabei zwischenzeitliche Bodenuntersuchungen in der zwischen dem Cape York und Solander Point befindlichen Ebene „Botany Bay“ durchführt. Dabei müsste der Rover eine Distanz von rund 2.000 Metern überbrücken. Ein zweiter Vorschlag favorisiert dagegen einen um etwa 500 Meter länger ausfallenden „Zickzackkurs“ über die Botany Bay, bei dem verschiedene auf dieser Ebene gelegene Impaktkrater als Wegmarken genutzt werden. Auf jeden Fall, so die Vermutungen der an der Mission beteiligten Planetologen, sollten die Instrumente des Rovers auch im Bereich der Botany Bay weitere Tonminerale nachweisen können.
Sonnenkonjunktion
Ein derzeit wesentlicher Faktor für die Weiterfahrt, welche optimalerweise noch vor Anfang April angetreten werden sollte, ist die Festlegung der dabei zu befahrenden Route. Ab dem April 2013 befindet sich der Mars in einer Position am Himmel, welche von Astronomen als „Sonnenkonjunktion“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine Konstellation, bei der sich der Mars von der Erde aus gesehen in einem Abstand von weniger als fünf Grad von der Sonne befindet.
Aufgrund dessen wird die Datenübertragung zwischen der Erde und dem Mars für einen Zeitraum von etwa drei Wochen stark eingeschränkt beziehungsweise für die Dauer von mehren Tagen sogar gänzlich unmöglich sein, da die von der Sonne ausgehende Strahlung die Funksignale, welche zwischen den beiden Planeten hin und her gesandt werden, zu sehr stört. Im Zeitraum zwischen dem 9. und dem 28. April 2013 wird deshalb keine Transmission von Kommandos von der Erde aus in Richtung Mars erfolgen, um den Empfang von unvollständigen und damit eventuell fehlerhaften Kommandosequenzen durch Opportunity zu vermeiden.
Nach dem Erreichen der Nordseite des Solander Point soll der Rover dann in den folgenden mindestens sechs Monaten die dort befindlichen Gesteine und geschichteten Ablagerungen im Detail untersuchen.
Der nächste Winter naht
Diese „Untersuchung der Nordseite“ und der dafür veranschlagte Zeitraum wurden keinesfalls willkürlich gewählt. Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf die Sonnenenergie angewiesen, welche er während eines Marstages mit seinen Solarpaneelen generiert. Aufgrund des Fortschreitens der Jahreszeiten – am 31. Juli 2013 beginnt auf der südlichen Hemisphäre des Mars der Herbst und Opportunitys gegenwärtiges Operationsgebiet befindet sich bei 2,3 Grad südlicher Breite – wird die Sonne in der zweiten Hälfte des Jahres von Tag zu Tag eine immer niedrigere Höhe über dem Horizont erreichen, was letztendlich zu einer immer geringeren täglichen Energieausbeute der Solarzellen führen wird.
Dieser Effekt kann teilweise ausgeglichen werden, indem der Rover die „dunkle Jahreszeit“ auf einem nach Norden ausgerichteten Berghang verbringt. Dabei würden die Solarpaneele des Rovers automatisch in Richtung auf die Sonne ausgerichtet, was wiederum eine höhere Energieausbeute zur Folge haben wird. Ein solches „Parken“ in einem Winterquartier war in den vergangenen Jahren bei dem weiter südlich operierenden, mittlerweile aber nicht mehr aktiven Zwillingsrover von Opportunity, dem Rover Spirit üblich. Und auch Opportunity verbrachte seinen bisher letzten Marswinter „stationär“ am Nordhang des Cape York (Raumfahrer.net berichtete).
Im Gegensatz zum letzten Marswinter wird Opportunity diesmal aufgrund der deutlich größeren Anzahl von steileren Hängen im Bereich des Solander Point, welche eine nach Norden gerichtete Neigung von mindestens 15 Grad aufweisen, aller Wahrscheinlichkeit auch dazu in der Lage sein, seine Positionen während des sechs Monate andauernden Winters zu verändern und dabei immer wieder neue Ziele anzusteuern, welche dann in Form von weiteren Fotoaufnahmen und spektroskopischen Messungen untersucht werden sollen.
Die aktuelle Situation
Seit dem Januar 2013 wurden wiederholt auftretende Probleme mit dem Flash-Speicher des Bordcomputers von Opportunity registriert. Diese Probleme werden von den für die Mission verantwortlichen Ingenieuren jedoch als nicht gravierend angesehen und dürften keine ernsthafte Gefahr für den erfolgreichen Weiterbetrieb der Mission darstellen. Neben dem technischen Zustand, und dieser darf auch trotz einer bereits mehrjährigen Überschreitung des ursprünglich garantierten Einsatzalters immer noch als „gut“ bezeichnet werden, muss dabei jedoch immer auch ein Auge auf die aktuelle Energiesituation des ausschließlich mittels Sonnenergie betriebenen Rovers geworfen werden.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 12.03.2013: 0,483 kWh/Tag , Tau-Wert 0,863 , Lichtdurchlässigkeit 59,80 Prozent
- 05.03.2013: 0,498 kWh/Tag , Tau-Wert 0,798 , Lichtdurchlässigkeit 58,00 Prozent
- 26.02.2013: 0,510 kWh/Tag , Tau-Wert 0,817 , Lichtdurchlässigkeit 59,40 Prozent
- 19.02.2013: 0,521 kWh/Tag , Tau-Wert 0,829 , Lichtdurchlässigkeit 61,80 Prozent
- 12.02.2013: 0,490 kWh/Tag , Tau-Wert 0,891 , Lichtdurchlässigkeit 62,60 Prozent
- 04.02.2013: 0,554 kWh/Tag , Tau-Wert 0,926 , Lichtdurchlässigkeit 64,30 Prozent
- 29.01.2013: 0,543 kWh/Tag , Tau-Wert 0,974 , Lichtdurchlässigkeit 64,40 Prozent
- 23.01.2013: 0,540 kWh/Tag , Tau-Wert 1,110 , Lichtdurchlässigkeit 65,10 Prozent
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3251 seiner Mission, hat Opportunity insgesamt 35.625,03 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei fast 178.000 Bilder von der Oberfläche und der Atmosphäre des Roten Planeten aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Die am heutigen Tag im Rahmen einer weiteren APX-Untersuchung angefertigten Aufnahmen der vorderen Gefahrenerkennungskamera und der Mikroskopkamera sind demnächst auf der Internetseite von Exploratorium abrufbar.
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