Während der Marsrover Spirit Ende März 2010 aufgrund von Energiemangel in den Low-Power-Modus gefallen und momentan nicht mehr aktiv ist, setzt der baugleiche Rover Opportunity seine Untersuchungen der Marsoberfläche auch weiterhin fort.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Planetary Society, Cornell University, Malin Space Science Systems.
Nach dem Abschluss der Untersuchungen des „Viktoria-Kraters“ im Jahr 2009 entschlossen sich die für die Opportunity-Mission verantwortlichen Mitarbeiter des JPL, den Rover zu einem neuen Ziel zu manövrieren. Hierbei handelt es sich um den rund 22 Kilometer durchmessenden und etwa 12 Kilometer vom „Viktoria-Krater“ entfernten „Endeavour-Krater“. Allerdings entschloss man sich dazu, nicht den direkten Weg in die ost-südöstliche Richtung einzuschlagen, da dieser durch ein ausgedehntes Feld aus Sanddünen blockiert war. Stattdessen fuhr Opportunity in den letzten Monaten zuerst in südwestliche und später in südliche Richtung, um dieses Hindernis zu umgehen. Hierbei wählte man einen Kurs, welcher den Rover über weite Strecken der Fahrt durch ein relativ ebenes und ungefährliches Gelände führte. Als wissenschaftlich interessant stellte sich diese Route besonders durch die Entdeckung mehrerer Eisen-Meteoriten heraus. Für deren ausführliche Untersuchung wurde die Fahrt des Rovers für jeweils mehrere Wochen unterbrochen (Raumfahrer.net berichtete).
Am 26. Januar 2010, dem Sol 2.136 der Mission, erreichte der Rover schließlich eine Position 20 Meter nördlich des „Concepcion-Kraters“. Hierbei handelt es sich um einen flachen und lediglich etwa 10 Meter durchmessenden Impaktkrater, welcher im Vorfeld sowohl auf früheren Aufnahmen von Opportunity als auch auf Bildern der HiRISE-Kamera des NASA-Orbiters Mars Reconnaissance Orbiter identifiziert werden konnte. Dieser Krater war für die Wissenschaftler insofern von besonderem Interesse, da man davon ausgeht, dass es sich hier mit einem geschätzten Alter von lediglich etwa tausend Jahren um einen aus geologischer Sicht noch sehr jungen Impaktkrater handelt. Durch die Untersuchung des Kraters und die Analyse des im Umfeld verstreut liegenden und noch nicht verwitterten Auswurfmaterials erhoffte man sich weitere Ergebnisse über die geologische Geschichte des Meridiani Planum, des Operationsgebietes von Opportunity.
Zwei Tage später näherte sich der Rover dem Kraterrand bis auf acht Meter und begann mit der systematischen Abbildung seiner Umgebung. Einige der mit Panorama- und Navigationskameras aufgenommenen Felsbrocken zeigten dabei eine dunkle Kruste, bei welcher es sich eventuell um die Überreste einer Impaktschmelze handeln könnte. Eine andere Interpretation der Entstehung dieser Krusten geht von einer früher erfolgten Einwirkung von Wasser aus. In den folgenden Tagen begann Opportunity mit der langsamen Umrundung des Kraters. Diese wurde immer wieder unterbrochen, um den Krater und die umliegenden Gesteinsbrocken mit den verschiedenen Kamera-Systemen des Rovers abzubilden. Auch wurden mehrere Felsblöcke mit den verschiedenen am Instrumentenarm, dem sogenannten IDD, befestigten Analysegeräten untersucht.
Am 2. Februar wurde dabei ein Felsblock namens „Chocolate Hills“ angesteuert, welcher vom wissenschaftlichen Team der Rover-Mission für eine längere Untersuchung ausgewählt wurde. Nach ausführlichen fotografischen Abbildungen wurde zunächst das am Instrumentenarm angebrachte Mikroskop auf den Felsen gerichtet, um dessen dunkle Kruste, im nebenstehenden Bild oben links auf dem Felsen zu erkennen, näher zu untersuchen. Anschließend wurde zunächst das APXS-Spektrometer und danach das Moessbauer-Spektrometer eingesetzt, um die chemische Zusammensetzung der Gesteinsoberfläche zu bestimmen. Diese Untersuchungen, welche an verschiedenen Zielpunkten auf „Chocolate Hills“ wiederholt wurden, dauerten schließlich bis zum 21. Februar an.
Ende Februar bewegte sich Opportunity schließlich einige Meter von dem Krater weg und folgte dabei einem der vom Kraterzentrum ausgehenden Strahlen aus bei dem Impakt freigesetzten Auswurfmaterial. Der ursprüngliche Plan der Wissenschaftler sah vor, auch in diesem Bereich an einem oder mehreren der dort befindlichen Felsbrocken direkte Untersuchungen mit den IDD-Instrumenten durchzuführen. Allerdings zeigte es sich, dass der Rover aufgrund der Unpassierbarkeit des Geländes nicht in der Lange war, sich diesen Felsen weit genug zu nähern. Um Opportunity keinen unnötigen Risiken auszusetzen, verzichteten die Wissenschaftler auf die geplanten Analysen und der Rover begab sich stattdessen am 3. März mit einer Fahrt über 18 Meter direkt an den Südrand des „Concepcion-Kraters“. In dieser Phase fanden auch die letzten praktischen Tests für eine neue Software statt, mit welcher der Rover unabhängig von zuvor übermittelten Kommandos nach interessanten Forschungszielen Ausschau halten kann (Raumfahrer.net berichtete).
Erste Auswertungen der beim „Concepcion-Krater“ gesammelten Daten haben keine Anzeichen dafür ergeben, dass man dort auf die Rückstände des Meteoriten gestoßen sein könnte, welcher einst für die Bildung des Kraters verantwortlich war. Laut Matt Golombek vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena/Kalifornien ist dies aber nicht weiter überraschend: „Der Impakt erfolgte mit einer so großen Geschwindigkeit, dass der größte Teil des Meteoriten dabei verdampft ist. Ein dünner Film aus geschmolzenen Material wurde dabei weggespritzt, aber typischerweise setzt sich dieses Material aus den Stoffen zusammen, auf welche der Impaktor beim Einschlag aufgetroffen ist.“ Zudem kann man mittlerweile auch erklären, warum die vom Krater in südwestliche Richtung ausgehenden Strahlen auf den Orbit-Aufnahmen des Mars Reconnaissance Orbiters über eine dunkle Färbung verfügen. In diesen Bereichen werden die Strahlen durch mehrere Felsblöcke aus Sandstein bestimmt. Deren Schattenwürfe sind es schließlich, welche den Eindruck der dunkleren Farbe erzeugen, da die zugrundeliegenden Aufnahmen am späten Nachmittag angefertigt wurden.
Am 9. März 2010, dem Sol 2.177 der Mission, verließ Opportunity schließlich nach sechs Wochen ausführlicher Untersuchungen den „Concepcion-Krater“ und setzte seine Fahrt nach Süden fort. Als neues Etappenziel hatten die für die Steuerung des Rovers verantwortlichen Roverdriver des JPL einen als „San Antonio“ bezeichneten Zwillingskrater ausgewählt, welcher sich knapp 700 Meter südlich des „Concepcion-Kraters“ befindet. Die Strecke wurde relativ zügig überbrückt, ohne sich, von den regelmäßig stattfindenden Foto-Kampagnen abgesehen, mit weiteren wissenschaftlichen Analysen aufzuhalten. Nach insgesamt 11 Etappen erreichte der Rover am 27. März 2010, dem Sol 2.194 der Mission, den Nordrand des Zwillingskraters. Drei Tage zuvor, am 24. März, überschritt Opportunity dabei die Marke von 20 auf der Oberfläche des Mars zurückgelegten Kilometern.
Auf den angefertigten Kamera-Aufnahmen ist erkennbar, dass es sich bei dem „San Antonio-Krater“ um eine ältere Struktur handelt, welche bereits teilweise mit Sand aufgefüllt ist. Opportunity hielt sich deshalb auch nicht länger bei diesem Krater auf. Stattdessen wurde die Fahrt nach der Aufnahme mehrerer Fotos zügig fortgesetzt und bereits am 1. April entfernte sich der Rover mit einer Fahrt über 50 Meter in die südliche Richtung. Am Ende dieser Fahrt, welche durch ein schmales Tal zwischen den Sanddünen führte, drehte sich der Rover etwas um die eigene Achse, um so seine Antennen optimal für die Übertragung der gesammelten Daten und Bilder an das Kontrollzentrum am JPL auszurichten. Zu Beginn der nächsten Fahrt am 4. April musste der Rover sich dann wieder in die Nord-Süd-Richtung ausrichten, um die Fahrt fortsetzen zu können. Hierbei musste darauf geachtet werden, dass Opportunity die erneute Drehung auf engstem Raum absolviert, um mit seinen äußeren Rädern nicht in die Sanddünen zu gelangen. Erschwert wurde dies dadurch, dass der für die Steuerung des rechten Vorderrades zuständige Servomotor seit dem 17. April 2005 blockiert ist und sich dieses Rad seitdem nicht mehr lenken lässt.
Dieses Manöver wurde nach weniger als einem Meter von Opportunity abgebrochen, da die Sicherheitsautomatik für die Motoren der Räder auf der rechten Roverseite eine erhöhte Stromaufnahme registrierte, welche die vorgegebenen Sicherheitsparameter überschritt. Eine Analyse der Roverdriver ergab, dass dieser erhöhte Strombedarf in dem zu absolvierenden Manöver begründet lag. Um den vorgesehenen engen Bogen zu fahren, wurden die rechten Räder stärker belastet als die Räder auf der linken Roverseite. Der nächste Versuch einer Fortsetzung der Fahrt erfolgte am 6. April. Auch diese Fahrt wurde nach ungefähr einem Meter unterbrochen, da die Sicherheitsautomatik diesmal einen Schlupf, also ein Durchdrehen der Räder, registrierte, welcher um 40 Prozent über den vorgegebenen Parametern lag. Allerdings konnte durch diese beiden kurzen Fahrversuche die vorgesehene Ausrichtung des Rovers erreicht werden und die Fahrt wurde am 8. April, dem Sol 2.206 der Mission erfolgreich fortgesetzt. Im Rahmen dieser Fahrt konnte Opportunity erneut etwa 50 Meter in die südliche Richtung zurücklegen.
Der Plan für die Zukunft sieht vor, dass Opportunity noch weitere etwa 200 bis 300 Meter in diese Richtung fahren wird. Erst danach soll der Rover seinen Kurs in die östliche Richtung ändern und endgültig sein eigentliches Ziel, den „Endeavour-Krater“, ansteuern.
Im letzten Jahr wurden mehrmals Probleme mit Opportunitys rechtem Vorderrad registriert. Dieses Rad hat im Fahrbetrieb zeitweise deutlich mehr Strom benötigt als die anderen fünf Räder des Rovers. Glücklicherweise sind entsprechende Auffälligkeiten in den letzten Monaten nicht mehr aufgetreten. Dafür müssen die Roverdriver jetzt ein verstärktes Augenmerk auf den Energiehaushalt des Rovers werfen. Obwohl sich Opportunity im Gegensatz zu seinem baugleichen Zwilling Spirit nur knapp südlich des Marsäquators befindet, macht sich auch hier der langsam einsetzende Wechsel der Jahreszeiten mit einem immer geringeren Sonnenstand bemerkbar. Je tiefer und kürzer die Sonne jedoch täglich über den Horizont steigt, desto weniger Energie kann der ausschließlich solarbetriebene Rover mit seinen Solarpaneelen generieren.
Einen Überblick über die Entwicklung der Energiewerte während der letzten Wochen gibt die folgende Auflistung. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Eiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser für den Energiehaushalt des Rovers.
- 14.01.2010: 0,336 kWh/Tag , Tau-Wert 0,500 , Lichtdurchlässigkeit 53,30 Prozent
- 10.02.2010: 0,306 kWh/Tag , Tau-Wert 0,388 , Lichtdurchlässigkeit 48,70 Prozent
- 17.02.2010: 0,305 kWh/Tag , Tau-Wert 0,432 , Lichtdurchlässigkeit 49,60 Prozent
- 25.02.2010: 0,278 kWh/Tag , Tau-Wert 0,396 , Lichtdurchlässigkeit 48,10 Prozent
- 03.03.2010: 0,278 kWh/Tag , Tau-Wert 0,396 , Lichtdurchlässigkeit 48,10 Prozent
- 09.03.2010: 0,278 kWh/Tag , Tau-Wert 0,446 , Lichtdurchlässigkeit 50,40 Prozent
- 17.03.2010: 0,283 kWh/Tag , Tau-Wert 0,405 , Lichtdurchlässigkeit 52,30 Prozent
- 24.03.2010: 0,257 kWh/Tag , Tau-Wert 0,418 , keine Angabe der Lichtdurchlässigkeit
- 01.04.2010: 0,238 kWh/Tag , Tau-Wert 0,371 , Lichtdurchlässigkeit 50,10 Prozent
- 08.04.2010: 0,235 kWh/Tag , Tau-Wert 0,371 , Lichtdurchlässigkeit 50,00 Prozent
Im Verlauf der letzten drei Monate ist die täglich generierte Energiemenge somit um 100 Wattstunden (0,1 kWh) pro Tag abgefallen, obwohl sich der Tauwert im gleichen Zeitraum deutlich verbessert hat. Der Basisenergiebedarf des Rovers für den Betrieb seiner elektronischen Komponenten, für die internen Heizelemente sowie für die Kommunikation mit der Erde beträgt etwa 160 Wattstunden pro Tag. Die dann noch verbleibenden rund 80 Wattstunden reichen jedoch nicht aus, um die täglichen durchschnittlichen Fahrstrecken von 70 Metern und zuletzt nur noch 50 Metern pro Tag zu überbrücken. Deshalb muss der Rover bei seinen Fahrten auf die Energiereserven aus seine Batterien zurückgreifen. Abhängig von deren jeweiligem Ladestand legt Opportunity deshalb nach jeder Fahrt mittlerweile eine ein- bis zweitägige Pause ein, um diese wieder aufzuladen.
Die Menge der gegenwärtig täglich generierten Energie gibt somit keinen Anlass zur Sorge. Trotzdem muss man auch ein Augenmerk auf die Entwicklung der Wettersituation auf dem Mars richten. Sollte sich der Tau-Wert signifikant verschlechtern oder sogar ein Sandsturm einsetzen, so würde sich dies sehr schnell negativ auf den Energiehaushalt des Rovers auswirken. Allerdings geben die wöchentlichen Wetterberichte vom Mars, welche anhand der von der MARCI-Kamera an Bord des Mars-Orbiters Mars Reconnaissance Orbiter angefertigten Aufnahmen erstellt werden, bisher keinen Anlass zur Sorge.
Seit Beginn des Jahres 2010 hat sich das globale Wettergeschehen auf dem Mars als sehr ereignisarm erwiesen. Es traten nur wenige Staubstürme auf, welche zudem meistens lokal begrenzt und eher kurzlebig waren. Im Verlauf der letzten Wochen konnten dabei mehrere kurzlebige Sturmgebiete im Bereich der nordpolaren Kappe sowie westlich und nördlich des Argyre Planitia auf der Südhälfte des Mars beobachtet werden. Bedingt durch das gegenwärtig stattfindende Zurückziehen der nordpolaren Eiskappe, auf der Nordhälfte des Mars herrscht gerade Frühling, hat sich dort eine diffuse Staubschicht in die Atmosphäre erhoben, welche sich nach Süden über das Acidalia Planitia und die nördliche Tiefebene ausbreitet. Dies ist aber ein für die Jahreszeit normales Phänomen und stellt keine Bedrohung für die weit entfernten Rover dar. Wassereiswolken wurden zudem im Bereich der größeren Vulkane in der Tharsis- und der Elysium-Region, über dem Solis Planum und nördlich des Valles Marineris beobachtet. Über den Landegebieten der beiden Rover zeigte sich der Himmel dagegen während der letzten Woche relativ klar.
Trotz dieser gegenwärtig etwas schwierigen Situation befindet sich der Rover ansonsten in einem guten technischen Zustand und die Mitglieder des Opportunity-Teams sind zuversichtlich, die noch zurückzulegende Distanz von etwa 12 Kilometern bis zum Rand des „Endeavour-Kraters“ erfolgreich überbrücken zu können. Da das Gelände in die östliche Richtung leicht abschüssig ist und die relativ staubfreie Atmosphäre eine gute Fernsicht ermöglicht sind bereits jetzt immer wieder auf den Aufnahmen der Panorama-Kamera dessen Ränder zu erkennen. Dabei gelingt sogar der Blick auf den noch bedeutend weiter entfernten 12 Kilometer durchmessenden „Bopolu-Krater“, welcher sich rund 65 Kilometer von Opportunitys gegenwärtigen Standpunkt entfernt in der südwestlichen Richtung befindet.
Verwandte Artikel:
Raumcon-Forum: