Der Marsrover Opportunity untersucht gegenwärtig eine Geländeerhebung am Westrand des Endeavour-Kraters. Während der letzten Wochen konnte der Rover dabei auch erstmals seine Bergsteigerqualitäten unter Beweis stellen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, The Planetary Society, Unmanned Spaceflight, Malin Space Science Systems.
Bereits seit dem August 2011 ist der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity damit beschäftigt, einen Teilbereich des westlichen Randes des rund 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters zu untersuchen. Im Rahmen seiner Analysen erreichte der Rover im August 2013 den nordöstlichen Rand einer mit dem Namen „Solander Point“ belegten Geländeformation, welche einen Teilbereich dieses stark erodierten Kraterrandes bildet, und begann mit einer Untersuchung der dort abgelagerten Gesteine (Raumfahrer.net berichtete).
Dabei bewegte sich der Rover zunächst – dem Rand von Solander Point folgend – in die nördliche Richtung und setzte die Umrundung schließlich am westlichen Rand von Solander Point in die südliche Richtung fort. Opportunity hat dabei an den Hängen des Solander Point einige interessante Ablagerungen untersucht, welche aus der sogenannten „Noachischen Periode“, dem ältesten der drei geologischen Zeitalter des Mars, stammen, und die durch den Einschlag eines größeren Asteroiden oder Kometen, welcher vor etwa 3,5 Milliarden Jahren zur Entstehung dieses Impaktkraters führte, freigelegt wurden. Dieses in diesem Bereich frei zugänglich auf der Marsoberfläche abgelagerte ältere Material ist an anderen Stelle tief unter der Oberfläche verborgen und somit für die Planetenforscher nicht zugänglich.
Im Rahmen der Analysen wurde zunächst an mehreren Punkten die Übergangszone an der Basis des Solander Point untersucht, wo sich sowohl altes als auch jüngeres Gestein abgelagert hat. Neben den Instrumenten des Rovers wurden dabei auch dessen Kamerasysteme eingesetzt, um das umliegende Gelände eingehend zu dokumentieren. Aus Aufnahmen der Panoramakamera, welche zwischen dem 3. und dem 7. Oktober angefertigt wurden, wird derzeit ein weiteres Panoramabild erstellt. Dieses „Ridge Pan“-Panorama soll demnächst veröffentlicht werden.
Zeitgleich suchten die an der Mission beteiligten Wissenschaftler und Ingenieure in den vergangenen Wochen auch nach einer Stelle, welche geeignet erschien, um den Rover auf diese Erhebung hinaufzusteuern. Durch die „Besteigung“ von Solander Point sollen weitere Erkenntnisse über die dort abgelagerten Gesteine gewonnen werden.
„Wir haben uns die Zeit genommen, um den besten Punkt zu finden, an dem wir mit dem Aufstieg beginnen können“, so John Callas, der Projektmanager der Opportunity-Mission am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien. Die letztendlich hierfür ausgewählte Stelle wurde schließlich am 8. Oktober 2013 – dem Sol 3451 der Opportunity-Mission – erreicht. An diesem Tag verließ der Rover im Rahmen einer Fahrt über 19,5 Meter die Basis des Solander Point und begann mit der „Besteigung“ dieser Geländeformation, welche sich an ihrer höchsten Stelle um etwa 40 Meter über die umgebende Ebene erhebt.
„Dies ist das erste Mal, dass Opportunity zu einem Bergsteiger wird“, ergänzt Dr. Steve Squyres von der Cornell University in Ithaca/USA, der für den Rover hauptverantwortliche Wissenschaftler. „Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Bereich einige der ältesten Gesteinsformationen erreichen werden, die wir bislang mit dem Rover untersuchen konnten. Dies ermöglicht uns einen Blick in die frühe Geschichte des Mars.“
Solander Point ist deutlich höher als das „Cape York“, ein anderer Hügel am Rand des Endeavour-Kraters, den Opportunity in den Jahren 2011 und 2012 untersucht hat. „Bei Cape York haben wir fantastische Dinge gefunden“, so Dr. Squyres weiter. „Gipsadern, tonhaltige Böden und kleine Kügelchen, die wir inzwischen als „Newberries“ bezeichnen. Wir wissen, dass es an unserem nächsten Ziel sogar noch größere Mengen an tonhaltigen Materialien gibt. Es könnte dort genauso aussehen wie bei Cape York – oder aber auch ganz anders.“
Bei den „Newberries“ handelt es sich um eine Vielzahl von kleinen Kügelchen, welche an die bereits unmittelbar nach der Landung des Rovers auf dem Mars entdeckten „Blueberries“ ( zu deutsch „Blaubeeren“) erinnern und die beim Cape York in der dortigen Region „Kirkwood“ entdeckt wurden. Die zuvor entdeckten Blueberries sind lediglich wenige Millimeter bis maximal einen Zentimeter durchmessende Kügelchen, welche über einen hohen Anteil an Hämatit verfügen. Die Mehrheit der Marsforscher geht davon aus, dass es sich hierbei um so genannte Konkretionen handelt, welche sich einstmals in den Hohlräumen von Sedimentgesteinen bildeten.
Die derzeit wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung der Blueberries ist eine in der Vergangenheit erfolgte Interaktion der Planetenoberfläche mit mineralhaltigem Wasser. Allerdings sind auch andere Entstehungsprozesse wie zum Beispiel vulkanische Aktivitäten oder Meteoriteneinschläge denkbar. Eine vorläufige Analyse der bei Kirkwood abgelagerten Newberries hat jedoch ergeben, dass diese sich sowohl in ihrer chemischen Zusammensetzung als auch in ihrer Struktur und Verteilung deutlich von den zuvor beobachteten Blueberries unterscheiden und deshalb aller Wahrscheinlichkeit eine andere Entstehungsgeschichte aufweisen.
Die Besteigung von Solander Point
Opportunity bewegte sich nach dem 8. Oktober im Rahmen mehrerer Fahrten zunächst in die grob südöstliche Richtung und setzte dabei die Besteigung von Solander Point fort. Die Endpunkte einer jeden Fahrt waren so gewählt, dass der Rover dabei vor weiteren interessant erscheinenden Gesteinsformationen zum Stillstand kam. Des weiteren wurde darauf geachtet, dass die Endpunkte einer jeden Fahrt auf einem Gelände lagen, welches eine Neigung von mindestens fünf Grad in die nördliche Richtung aufweist.
Der Grund hierfür ist der Energiehaushalt des Rovers. Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover der NASA, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist der mit Solarpaneelen ausgestattete Rover Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf Sonnenenergie angewiesen. Aufgrund des Fortschreitens der Jahreszeiten – am 31. Juli 2013 begann auf der südlichen Hemisphäre des Mars der Herbst und Opportunitys Operationsgebiet befindet sich bei 2,3 Grad südlicher Breite – erreicht die Sonne gegenwärtig eine immer niedrigere Höhe über dem Horizont, was letztendlich zu einer immer geringeren täglichen Energieausbeute der Solarzellen führt.
Dieser Effekt kann teilweise ausgeglichen werden, indem der Rover während der „dunklen Jahreszeit“ auf dem Mars nach Norden ausgerichtete Berghänge aufsucht und dort einen Teil des Winters verbringt. Dabei werden die starr am Rover montierten Solarpaneele von Opportunity aufgrund der dadurch gegebenen Ausrichtung des Roverchassis automatisch auf die in nördlicher Richtung stehende Sonne ausgerichtet, was wiederum eine höhere Energieausbeute zur Folge hat. Eine auf diese Weise herbeigeführte Veränderung des Einfallswinkels des Sonnenlichtes von lediglich zwei bis drei Grad kann zu einer um zehn Prozent veränderten Energieausbeute führen.
Das erste im Rahmen der Besteigung von Solander Point angesteuerte Ziel war eine Gesteinsformation namens „Kangaroo Paw“, welche am 15. Oktober nach einer Fahrt über 23,5 Meter erreicht und in den folgenden Tagen ausführlich studiert wurde. Neben einer Mikroskopkamera und einem APX-Spektrometer kam dabei auch das „Rock Abrasion Tool“ (kurz „RAT“) zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um einen kleinen Bohrer, welcher bis zu fünf Millimeter tiefe Löcher in Gesteine bohren kann. Außerdem ist das RAT mit einer Art Bürste ausgestattet, mit der Staubablagerungen und Verwitterungskrusten von Gesteinsoberflächen „weggebürstet“ werden können. Nach einem Einsatz dieser Bürste haben die anderen Instrumente die Möglichkeit, nicht erodiertes und nicht durch Staub verunreinigtes Material zu untersuchen.
Die Arbeiten bei Kangaroo Paw wurden am 24. Oktober beendet und Opportunity bewegte sich an diesem Tag um weitere 12,5 Meter in die südöstliche Richtung. Auch bei „Waratah“ und „Baobab“, so die inoffiziellen Bezeichnungen der beiden jetzt erreichten Formationen, wurden ausführliche Analysen durchgeführt. Nach der vorläufigen Auswertung der dabei gewonnenen Daten kamen die beteiligten Wissenschaftler zu dem Schluss, dass es sich hierbei anscheinend um Impaktbrekzien handelt, deren Entstehung in einem direkten Zusammenhang mit der Entstehung des Endeavour-Kraters steht.
Die Fahrt wurde am 29. Oktober fortgesetzt, wobei sich der Rover um weitere 29 Meter in die südliche Richtung bewegte. Nach zwei weiteren Fahrten über zehn beziehungsweise acht Meter wurde am 31. Oktober ein kleines Dünenfeld namens „Yellow Bellied Glider“ erreicht. Diese Formation wurde vom erreichten Standort aus bis zum 4. November untersucht. Am nächsten Tag umrundete der Rover Yellow Bellied Glider im Rahmen einer Fahrt über rund 17 Meter und setzte die Analysen dieser Formation daraufhin auf deren anderen Seite fort. Nach der Anfertigung weiterer Fotoaufnahmen verließ Opportunity diese Region von Solander Point am 7. November endgültig. Die entsprechende Fahrt führte über weitere rund 47 Meter in die südliche Richtung.
Noch weiter nach Süden
Auch in den kommenden Wochen, so die aktuellen Planungen, wird Opportunity seine Fahrten in die südliche Richtung fortsetzen und dabei nacheinander verschiedene Formationen aus offen zutage liegenden Gesteinen ansteuern und untersuchen. Dabei soll sich der Rover einer Region nähern, in der eines der sechs Instrumente des ebenfalls von der NASA betriebenen Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO), das CRISM-Spektrometer, eindeutige Hinweise auf Ablagerungen von Schichtsilikate und Tonminerale entdecken konnte. Diese Minerale bilden sich auf der Erde ausschließlich unter der Einwirkung von Wasser, welches über einen nahezu neutralen pH-Wert verfügt. Die entsprechende Region soll von Opportunity während der kommenden Monate eingehend analysiert werden.
Trotz des demnächst beginnenden Winters auf der Südhemisphäre auf dem Mars und dem damit verbundenen Absinken der zur Verfügung stehenden Energiemenge gehen die beteiligten Mitarbeiter davon aus, dass Opportunity im Gegensatz zum letzten Marswinter diesmal in der Lage sein wird, auch in den kommenden Monaten seine Fahrt fortzusetzen und dabei Ziel für Ziel anzusteuern und zu untersuchen. Die Bestrebungen der JPL-Mitarbeiter gehen dahin, dass Opportunity während der kommenden Wintermonate permanent mehr als 0,250 kWh Energie pro Tag generiert.
Aber selbst mit einer täglichen Energieausbeute von lediglich etwa 220 Wattstunden könnte der Rover noch wissenschaftliche Arbeiten verrichten und sich dabei ein bis zwei mal pro Woche von Ort zu Ort weiterbewegen. Erst ab einen Wert von weniger als 200 Wattstunden pro Tag würde der Rover in einen energiesparenden „Survival Mode“ versetzt werden, in dem sämtliche nicht unbedingt notwendigen Aktivitäten Schritt für Schritt auf das absolute Minimum reduziert werden.
Wetter und Energiesituation
Neben dem nach wie vor immer noch als gut zu bezeichnenden technischen Zustand des Rovers, welcher mit einer Einsatzzeit von mittlerweile fast zehn Jahren auf der Marsoberfläche seine ursprünglich angestrebte Missionszeit von drei Monaten mehr als deutlich überschritten hat, muss dabei jedoch auch immer ein Blick auf die aktuelle Energiesituation geworfen werden. Während der letzten Monate waren auf dem Mars mehrfach verschiedene Staubstürme aktiv, welche sich allerdings nicht direkt über das Meridiani Planum, dem Operationsgebiet von Opportunity hinweg bewegten.
Im Rahmen dieser Events wurden auch immer wieder größere Mengen an Staub in die Marsatmosphäre befördert, welcher sich dort zunächst verteilte und anschließend wieder auf der Planetenoberfläche ablagerte. Dabei blieb es auch nicht aus, dass ein Teil dieses Staubes auch die Solarpaneele des Rovers bedeckte.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 05.11.2013: 0,311 kWh/Tag , Tau-Wert 0,536 , Lichtdurchlässigkeit 49,10 Prozent
- 30.10.2013: 0,299 kWh/Tag , Tau-Wert 0,510 , Lichtdurchlässigkeit 48,80 Prozent
- 23.10.2013: 0,320 kWh/Tag , Tau-Wert 0,596 , Lichtdurchlässigkeit 51,40 Prozent
- 16.10.2013: 0,334 kWh/Tag , Tau-Wert 0,685 , Lichtdurchlässigkeit 52,70 Prozent
- 09.10.2013: 0,328 kWh/Tag , Tau-Wert 0,649 , Lichtdurchlässigkeit 50,80 Prozent
- 01.10.2013: 0,323 kWh/Tag , Tau-Wert 0,633 , Lichtdurchlässigkeit 49,40 Prozent
- 24.09.2013: 0,322 kWh/Tag , Tau-Wert 0,620 , Lichtdurchlässigkeit 50,50 Prozent
Im Zeitraum zwischen dem 28. Oktober und dem 3. November bewegten sich mehrere Stürme im Randbereich der nördlichen Polarkappe und dehnten sich dabei von der den Pol umgebenden Tiefebene Vastitas Borealis bis in den nördlichen Bereich des Acidalia Planitia und des Tempe Terra aus. Auf der südlichen Marshemisphäre wurden dagegen lokale Sturmgebiete über den Regionen Terra Sirenum, Terra Cimmeria, Aonia Terra und Solis Planum beobachtet. Eine weitere Sturmfront bewegte sich vom Noachis Terra ausgehend in die östliche Richtung und überquerte dabei zuerst das Hellas-Impaktbecken und anschließend das Promethei Terra.
Aus Wassereiskristallen bestehende Wolken wurden im gleichen Zeitraum im Randbereich der nördlichen Polarkappe, über den Hängen der größeren Marsvulkane sowie über dem Tempe Terra, dem Terra Sirenum und dem Arabia Terra registriert. Bis zum 8. November verbesserte sich der Tau-Wert der Marsatmosphäre über dem Meridiani Planum auf einen Wert von 0,490.
Nach seiner Fahrt am 5. November 2013, dem Sol 3478 seiner Mission, hatte der Rover Opportunity eine Strecke von 38.527,70 Metern auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt. Durch die am 7. November, dem Sol 3480, erfolgte Fahrt erhöhte sich der „Kilometerstand“ um weitere 47 Meter. Eine weitere Fahrt erfolgte am gestrigen Sol 3482. Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3483 seiner Mission, hat Opportunity185.853 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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