Für die Astrophysiker ist es ein sehr großes Problem, zu verstehen, wie sich Galaxien und größere Strukturen im Universum gebildet haben.
Autor: Sven Flock
Ausgangspunkt der Überlegungen ist die so genannte Hintergrundstrahlung. Sie ist ein Überbleibsel, ein Echo des Urknalls und macht ein Bild davon, wie es etwa 300000 Jahre nach dem Urknall im Universum „aussah“. Diese Grenze nennt man auch Rekombination. Zu diesem Zeitpunkt ist es erstmals Strah-lung gelungen, nicht von Atomkernen und Elektronen gestreut zu werden. Darunter soll man folgendes verstehen: Das Universum kühlt sich im Laufe seiner Zeit ständig ab, die Temperatur fällt. Es war also früher viel heißer als heute. Höhere Energien bedeuten, dass sowohl die kinetische Energie der E-lementarteilchen als auch die Energie der Photonen größer war. Damit sich Atome bilden, müssen sich Elektronen mit Atomkernen, die aus der Nukleo-synthese (Artikel von letzter Woche) entstanden sind, verbinden. Da aber die Photonen sehr energiereich sind, „stoßen“ diese die Elektronen aus ihrer Scha-le und das Photon wird gestreut. Dies passiert solange, bis die Energie im U-niversum so weit abgefallen ist, bis sie niedriger als die so genannte Ionisie-rungsenergie der Atome ist, und genau dies war etwa 300000 Jahre nach dem Urknall der Fall. Mit anderen Worten. Vor dieser Rekombination war die Strahlung nicht in der Lage, ungestört größere Distanzen zurückzulegen. Nach der Unterschreitung der kritischen Temperatur, konnte die Strahlung unge-stört Materie durchdringen. Diese Strahlung nennt man Mikrowellenstrahlung oder auch Hintergrundstrahlung. Diese ist vollkommen isotrop und homogen im Raum verteilt, d.h. egal wo man hinschaut oder sich befindet, das Spekt-rum der Strahlung ist ununterscheidbar. Dies bedeutet also, dass 300000 Jahre nach dem Urknall sämtliche Materie im Universum ebenfalls homogen verteilt sein musste. Wäre dies nicht der Fall, würde man heutzutage große Schwan-kungen in der Hintergrundstrahlung registrieren.
Aber wie konnten sich dann Galaxien, Galaxienhaufen und sogar Superhaufen bilden, wenn die Materie vollkommen homogen und isotrop verteilt ist? Denn zwischen diesen großen Strukturen ist fast „nichts“, ein paar Zwerggalaxien und Nebel bzw. Gas. Man nennt diese Regionen der Leere auch „Voids“ (engl.: Leere, Nichts). Die Möglichkeit, dass sich die Materie nach der Rekom-bination zufällig inhomogen verteilt hat, ist auszuschließen, denn man muss sich immer vor Augen halten, dass das Universum währenddessen expan-diert. Damit sich aber Materieklumpen bilden können, muss die Materiedichte relativ groß sein, aber zum damaligen Zeitpunkt der Expansion wäre dies unmöglich gewesen.
Die dunkle Materie sorgt hier für eine elegante Lösung des Problems. Wie be-reits bekannt ist, tritt diese sonderbare Form der Materie nicht mit Strahlung jeglicher Art in Verbindung, die bleibt vollkommen unberührt. Man spiele also noch mal das Urknallszenario durch: Zu Beginn existierte also Strahlung und Materie, sowohl normale Materie, mit der man vertraut ist, als auch dunkle Materie. Bereits kurze Zeit nach dem Urknall könnten sich Haufen von dunkler Materie zusammengefunden haben, um später die Keime für die Galaxien zu bilden. Das Bemerkenswerte an dieser Sache ist, dass dies nicht den Beo-bachtungen widerspricht. Dunkle Materie interagiert nicht mit der Strahlung, es geht daher keinerlei Information über deren Inhomogenität mit ein.
Nach der Rekombination entkoppelte sich die Strahlung vollkommen von der Materie und erlaubt dieser, sich zu den Klumpen dunkler Materie zu bewe-gen. Diese sehr massive dunkle Materie ist in der Lage, trotz der Expansion des Universums, Strukturen zu bilden.
Da wir nur die leuchtende Materie wahrnehmen, haben wir sozusagen eine verzerrte Sichtweise vom Universum. Man vermutet heutzutage, dass dunkle Materie viel gleichmäßiger verteilt ist als leuchtende.
Eine Analogie soll dies begreiflich machen: Beobachtet man Inselgruppen im Meer, die über größere Distanzen verteilt sind, so bekommt an leicht den Eindruck, dass diese Aufteilungen zur Haufenbildung tendieren. Würde man aber das Wasser entfernen, so offenbart sich dem Beobachter eine hügelige Landschaft, die keinerlei Ähnlichkeit mit Gruppierungen aufweist – die groß-räumigen Strukturen sind verschwunden.
Und genau so stellt man sich auch die Verteilung im Universum vor: Man weiß, dass es Haufen von leuchtender Materie gibt, und diese sind von dunkler Materie umgeben.
Der hügelige Meeresboden, der einen homogenen Eindruck vermittelt, steht für die gleichmäßige Verteilung der dunklen Materie. Schneidet man ab einer gewissen Höhe dieses Bild der Vorstellung ab, so sind nur noch Gruppierungen und Leerräume zu erkennen – Galaxien- und Superhaufen…