Überwachung kritischer Infrastruktur aus dem All – Monitoring von Schienenstrecken als Pilotprojekt. Eine Pressemitteilung der OHB SE Bremen.
Quelle: OHB SE 30. März 2023.
Bremen, 30. März 2023. Das von einem europäischen Konsortium unter der Koordination der OHB Digital Connect GmbH, einem Tochterunternehmen des Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB SE, vorgeschlagene Projekt „Instantaneous Infrastructure Monitoring by Earth Observation“ (IIMEO) wurde von der Europäischen Kommission zur Umsetzung ausgewählt. Das Projekt wird von der Europäischen Union im Programm Horizont Europa als Innovation Action mit 2,8 Millionen Euro gefördert und hat das Ziel, Schlüsseltechnologien für das globale Monitoring kritischer Infrastruktur aus dem Weltall in nahezu Echtzeit zu entwickeln und zu demonstrieren. Als Pilotanwendung fungiert dabei die Überwachung von Schienenstrecken. Das Projekt läuft bis zum 30. November 2025.
„Energieversorgung, Kommunikation, Verkehr – die globalisierte Gesellschaft ist in hohem Maße abhängig von funktionierenden Infrastrukturen. Typische Beispiele sind Straßen und Schienenstrecken, aber auch Wasserleitungen, Datenkabel und Stromtrassen“, erklärt OHB-Projektkoordinator Daro Krummrich. „Wie kritisch diese Infrastrukturen für das tägliche Leben sind, zeigt sich vor allem, wenn es zu Störungen kommt. Diese können zum Beispiel durch Naturkatastrophen, Extremwetterereignisse oder gezielte Manipulation verursacht werden. Um die Funktionsfähigkeit kritischer Systeme nach einem Schadensfall zeitnah wiederherstellen zu können, ist ein schneller Überblick über die Gesamtsituation wichtig. Bei IIMEO geht es deshalb darum, wie Funktionsausfälle an Infrastrukturen unabhängig von lokalen Wetterbedingungen und Lichtverhältnissen, vollautomatisiert, auf großer Fläche und nahezu in Echtzeit detektiert werden können.“
Entwicklung von Satelliten und Algorithmen
Konkret soll im Rahmen des Projektes ein Satellitensystem ganz im Sinne von New Space entwickelt werden: Da zum Infrastrukturmonitoring eine globale Abdeckung und Wiederbesuchszeiten von unter einer Stunde erforderlich sind, gehen die Projektpartner davon aus, dass eine geeignete Konstellation im niedrigen Erdorbit (500 bis 900 Kilometer Höhe) aus mindestens 24 Kleinsatelliten besteht. Als Nutzlast sollen bildgebende Radarinstrumente (Synthetic Aperture Radar, SAR) zum Einsatz kommen, die durch Sensoren für den Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts (Visible Light, VIS) ergänzt werden. Dadurch können auch bei Nacht und starker Bewölkung hochauflösende Bilder generiert werden.
Ebenfalls im Fokus des Projektes und im Einklang mit den Ansätzen von New Space steht die Entwicklung von Algorithmen. Da bei einer kontinuierlichen globalen Überwachung von Infrastruktur mit SAR- und VIS-Sensoren gigantische Datenmengen produziert werden, ist es notwendig, dass diese bereits an Bord der Satelliten prozessiert werden. Dadurch soll vermieden werden, dass der Daten-Downlink eine Engstelle des Systems darstellt. Davide Di Domizio, für IIMEO verantwortlicher Research Programme Administrator bei der European Health and Digital Executive Agency (HaDEA), erklärt: „Im Jahr 2022 wurde im Arbeitsprogramm von Horizont Europa das ehrgeizige Ziel festgelegt, die Leistungsfähigkeit der Schlüsseltechnologien für künftige Erdbeobachtungssysteme bis 2028 zu demonstrieren. Mit der Entwicklung des geplanten On-Board-Datenprozessors ist IIMEO gut positioniert, um einen wichtigen Beitrag zu dieser Mission zu leisten.“
Demonstration zunächst vom Flugzeug aus
Nach Abschluss der Entwicklungsphase sollen alle relevanten Schlüsseltechnologien zunächst zu einem flugzeuggetragenen Technologiedemonstrator zusammengeführt werden. Ziel der für das Jahr 2025 geplanten Flugkampagne ist, den End-to-End-Prototyp-Downstream-Service einschließlich der Datenverarbeitung an Bord zu demonstrieren. Als Beispielanwendung soll dabei die automatisierte Erkennung von Hindernissen auf Schienenstrecken dienen. Als Kooperationspartner und Pilotnutzer konnte dafür die nationale Gesellschaft für die Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur in Serbien gewonnen werden. „Ein satellitengestütztes automatisches Überwachungssystem ermöglicht es, hochwertige Informationen über den Zustand der Infrastruktur in Echtzeit zu sammeln, ohne dass der reguläre Verkehr unterbrochen werden muss und ohne dass Personal vor Ort benötigt wird“, betont Dipl.-Ing. Slobodan Rosić, Risikomanager für die serbische Eisenbahninfrastruktur.
Noch einen Schritt weiter geht dann die nächste, derzeit für die Jahre 2026 und 2027 geplante Demonstrationsmission: Mit dieser soll gezeigt werden, dass sich das im Zuge von IIMEO entwickelte System auch für die globale Überwachung von Schienenstrecken aus dem Weltraum eignet.
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