Suche nach Weltraummüll in Erdumlaufbahn kann beginnen. Eine Presseaussendung des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF).
Quelle: ÖWF.
14. Januar 2022 – Heute brachte das Raumfahrtunternehmen Virgin Orbit ADLER-1, den ersten privat entwickelten Satelliten aus Österreich, in die Erdumlaufbahn. ADLER-1 wird mit zwei Instrumenten im Erdorbit Weltraummüll-Teilchen aufspüren, die der Raumfahrt und Astronaut*innen gefährlich werden können. Der Kleinsatellit ist ein aktuelles Beispiel für den sogenannten „Fast Space“-Sektor der Raumfahrt, denn von der Blaupause bis zum erfolgreichen Start sind lediglich 15 Monate vergangen. Verwirklicht wurde das Projekt von drei Organisationen mit österreichischen Wurzeln: Die Findus Venture GmbH von Christian Federspiel finanziert das Projekt. Das Silicon-Valley-Unternehmen Spire Global stellte einen seiner Kleinsatelliten zur Verfügung, baute das Weltraum-Radar-Gerät und organisierte auch den Start. Das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) entwickelte den hochsensiblen Impakt-Sensor und leitet die wissenschaftliche Koordination. ADLER-1 wird nach Erreichen seiner endgültigen Umlaufbahn ein erstes Lebenszeichen senden und innerhalb weniger Wochen mit der Datenübertragung beginnen.
Warum Weltraummüll-Teilchen gefährlich sind
Gernot Grömer, Direktor des Österreichischen Weltraum Forums: „Weltraummüll ist eine ernsthafte Herausforderung für die Raumfahrt, auf die wir so schnell wie möglich eine Antwort brauchen. Aktuellen Schätzungen zufolge umkreisen bis zu 170 Millionen Objekte die Erde, die größer als 1 mm sind. Bereits kleinste Teilchen mit nur wenigen Millimetern Durchmesser können die Einschlagskraft einer Pistolenkugel entwickeln. Es geht z.B. um den Schutz von Wettersatelliten und Kommunikationssatelliten, und einen möglichst ungehinderten Zugang in den Weltraum für zukünftige Generationen. ADLER-1 ist als erster privat finanzierter Satellit aus Österreich ein rot-weiß-roter Beitrag zum Umweltschutz jenseits der Erdatmosphäre.“
Christian Federspiel, CEO der Findus Venture GmbH, ergänzt: „Ziel ist autonome Satelliten zu entwickeln, die selbstständig im Sinne ihrer Mission anderen Satelliten und Weltraummüll ausweichen. Aktuell wird hauptsächlich mit Computersimulationen gearbeitet und die Verteilung, Anzahl und Größe der Weltraummüll-Teilchen großteils nur geschätzt. ADLER-1 und seine Nachfolger sollen einen Blick vor Ort ermöglichen. Gemeinsam mit Spire Global konnten wir innerhalb nur eines Jahres dieses innovative Projekt verwirklichen. Diese Mission ist ein globaler Vorreiter für weitere Fast Space-Projekte.“
Über ADLER-1
Der Kleinsatellit ADLER-1 (Austrian Debris Detection Low Earth (Orbit) Reconnoiter) misst 30x10x10 cm und wiegt sechs Kilogramm. Er ist ein Technologie-Demonstrator für zwei neuartige Weltraummüll-Detektoren. Die beiden Instrumente, ein Radargerät und ein Impaktsensor, sollen Kleinst-Weltraummüll in der Erdumlaufbahn in einer Höhe von ca. 500 km, dem sogenannten Low Earth Orbit aufspüren. Bereits bestehende Computer-Modelle der Europäischen Weltraumagentur ESA, die aktuell für die Bestimmung von Verteilung, Anzahl und Größe von Weltraummüll Auskunft geben, sollen mit den gewonnenen Daten ergänzt und korrigiert werden.
Gestartet wurde ADLER-1 mit der Firma Virgin Orbit: Dabei setzte eine umgebaute Boeing 747 in einer Höhe von 11 km eine Trägerrakete aus, welche ADLER-1 in eine 500 km-hohe Umlaufbahn verbrachte.
Die Geräte zur Entdeckung von Weltraummüll
ADLER-1 kombiniert zwei komplementäre Mikrotrümmer-Erkennungssysteme:
Die radarbasierte Detektion von Trümmerpartikeln stammt von Spire Global. Teilchen, die in der Nähe des Satelliten vorbeifliegen, werden erkannt und ihre Relativgeschwindigkeit wird gemessen.
Das ÖWF baute eine entfaltbare piezoelektrische Platte, sozusagen ein „Weltraum-Mikrofon“, um die Aufprallenergie der Teilchen zu bestimmen.
ADLER-1 in der Nussschale:
● Kleinsatellit mit den Maßen 30x10x10 cm und einem Gewicht von 6 kg
● ADLER-1 ist ein Vorzeigebeispiel für „Fast Space“ und wird zeigen, das innovative Detektionstechnologie schnell und flexibel auf der Plattform eines Kleinsatelliten umgesetzt werden kann. „Von der Blaupause in den Orbit in einem Jahr.“
● ADLER-1 wird vor-Ort-Daten zur Verteilung und Anzahl von Weltraummüll-Teilchen sammeln und so bestehende Computersimulationen ergänzen und gegebenenfalls auch korrigieren.
● ADLER-1 testet zwei neuartige Verfahren, um Weltraummüll-Teilchen direkt im Erdorbit aufzuspüren: einen radarbasierten Detektor und ein Weltraum-Mikrofon.
Über das Österreichische Weltraum Forum
Das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) gehört im Bereich der Analogforschung weltweit zu den führenden Organisationen, die an der Vorbereitung astronautischer Erforschung anderer Planeten mitarbeiten. Expert*innen verschiedenster Disziplinen bilden innerhalb des ÖWFs die Basis für diese Arbeit. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen, Industrie und Unternehmen unterschiedlicher Branchen wird hier Forschung auf höchstem Niveau betrieben. Dabei nutzt das ÖWF seine ausgezeichneten Kontakte zu Meinungsbildner*innen, Politik und Medien, um österreichische Spitzenforschung und Technologie international voranzutreiben und bekanntzumachen. Das Österreichische Weltraum Forum ist zudem einer der wichtigsten Bildungsträger in Österreich, wenn es um Raumfahrt und darum geht, junge Menschen für Wissenschaft und Technik zu begeistern sowie ihnen einen Zugang zu dieser Branche zu ermöglichen. Neben der Betreuung von universitären Arbeiten bietet das ÖWF auch immer wieder Studierenden und Schüler*innen die Möglichkeit, im Rahmen von Praktika ihr Wissen zu erweitern. www.oewf.org
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