Mit Hilfe einer Aufnahme, welche am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile erstellt wurde, konnten Astronomen jetzt im Rahmen des Araucaria-Projektes die Entfernung der Spiralgalaxie NGC 247 zu unserer Milchstraße neu bestimmen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO. Vertont von Peter Rittinger.
Bei NGC 247 handelt es sich um eine Spiralgalaxie im Sternbild Walfisch (Cetus), welche am 20. Oktober 1784 von dem deutsch-britischen Astronomen Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt wurde. Mit einer scheinbaren Helligkeit von 8,9 mag und einer Winkelausdehnung von 21,4 x 6,9 Bogenminuten kann sie bereits mit kleineren Amateurteleskopen erfolgreich beobachtet und fotografisch abgebildet werden. NGC 247 ist ein Mitglied der Sculptor-Galaxiengruppe, einer Ansammlung von Galaxien rund um die Sculptor-Galaxie NGC 253 im Sternbild Bildhauer (Sculptor).
Obwohl die Sculptor-Galaxiengruppe der nächste Nachbar der Lokalen Gruppe ist, zu der auch unsere heimische Milchstraße gehört, ist es schwierig, die exakte Entfernung von NGC 247 zu ermitteln. Bei der Bestimmung der Abstände von Galaxien zu unserer Milchstraße verwenden Astronomen einen ganz bestimmten Typ veränderlicher Sterne als Indikator für die Entfernungsmessung. Bei den Cepheiden, so die Bezeichnung dieser Sterne, handelt es sich um relativ leuchtkräftige Objekte, deren Helligkeit sich in periodischen Zeitabständen verändert.
Mittels der Zeitperiode, welche ein solcher Cepheidenstern benötigt, um seine jeweils maximale und minimale Helligkeit zu erreichen, lässt sich durch die mathematischen Relation der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung seine absolute Helligkeit ermitteln. Durch den Vergleich des dabei errechneten Wertes mit der gemessenen „scheinbaren Helligkeit“ ergibt sich die Entfernung des Sterns – und damit auch der jeweiligen Galaxie – zum Standort des Beobachters.
Diese Methode der Entfernungsbestimmung ist allerdings nicht zu 100 Prozent zuverlässig. Astrophysiker gehen zum Beispiel davon aus, dass die individuelle chemische Zusammensetzung der Cepheidensterne einen direkten Einfluss auf die Beziehung zwischen Periode und Leuchtkraft hat. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ergibt sich, sobald das von den Cepheidensternen ausgehende Licht auf dem Weg zur Erde Konzentrationen von interstellarem Staub durchqueren muss und dabei teilweise von dem Staub absorbiert wird. Wenn dieser Fall eintritt, so erscheint der Stern für den irdischen Beobachter lichtschwächer und bei der Entfernungsbestimmung ergibt sich ein größerer Wert als tatsächlich gegeben.
Dieses Problem tritt unter anderem besonders im Fall der Spiralgalaxie NGC 247 auf, da diese Galaxie aus der irdischen Perspektive betrachtet stark gekippt ist und wir deshalb fast genau auf deren Kante blicken. In einer solchen Orientierung befindet sich besonders viel Material aus der staubreichen Scheibe der Galaxie zwischen den irdische Teleskopen und den zu beobachtenden Cepheiden.
Ein internationales Team, bestehend aus chilenischen, US-amerikanischen und europäischen Astronomen, untersucht derzeit im Rahmen des Araucaria-Projektes gezielt diese und andere Faktoren, die derartige kosmischen Entfernungsmessungen beeinflussen. Für ihr Projekt verwenden die Astronomen unter anderem Aufnahmen, welche mit dem 2,2-Meter-Teleskop der europäischen Südsternwarte (ESO) am La Silla-Observatorium in Chile erstellt werden.
Im Rahmen des Projektes geriet auch die Galaxie NGC 247 in den Fokus der Wissenschaftler. Dabei wurde eine Vielzahl von Aufnahmen dieser Galaxie miteinander kombiniert, welche zuvor mit verschiedenen Farbfiltern über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg aufgenommen wurden. Zusätzlich wurden Aufnahmen verwendet, welche nur das charakteristische Licht von leuchtendem Wasserstoffgas zeigen. Die Belichtungszeiten mit den vier verschiedenen Filtern betrugen insgesamt jeweils 20, 19, 25 und 35 Stunden.
Zusätzlich zu der Spiralgalaxie selbst zeigt das so gewonnene Bild zahlreiche Hintergrundgalaxien, welche deutlich weiter entfernt sind als NGC 247. Im oben rechten Bildabschnitt sind so zum Beispiel drei auffällige Spiralgalaxien erkennbar, die in einer Reihe anordnet sind. Kleine verwaschene Flecken stellen weitere Galaxien dar, welche sich in noch größeren Entfernungen befinden.
Einige dieser Galaxien befinden sich aus unserer Sicht direkt hinter NGC 247 und durchleuchten die Scheibe der Galaxie. In den ineinander geschlungenen Spiralarmen von NGC 247 sind dagegen unzählige Einzelsterne und eine größere Anzahl an rötlich leuchtenden Wasserstoffwolken erkennbar. Bei diesen Wolken handelt es sich um Sternentstehungsgebiete, in denen gerade neue Sterne „geboren“ werden.
Bei der Auswertung ihrer Daten kamen die an dem Araucaria-Projekt beteiligten Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Galaxie NGC 247 mehr als eine Million Lichtjahre näher an der Milchstraße liegt als bisher angenommen. Somit ist deren Entfernung zu unserem Sonnensystem auf „nur noch“ knapp 11 Millionen Lichtjahre gesunken.
Raumcon-Forum:
Internetseite des Araucaria-Projektes:
- Araucaria Project (engl.)