Airbus: DMS-Update an Bord der ISS

Seit gut 20 Jahren sorgt ein fehlertolerantes Datenmanagement-System von Airbus in Bremen für die Flugsteuerung der Raumstation ISS. Nun wurde es Zeit für ein Update. Eine Pressemitteilung von Airbus Defence and Space.

Quelle: Airbus Defence and Space.

Ein russischer Kosmonaut auf der ISS mit der neuen Rechnerkomponente.
(Bild: Airbus)

Das fehlertolerante Datenmanagement-System inklusive der dazugehörigen Rechner ist seit dem Jahr 2000 das technische Herz der Internationalen Raumstation ISS und arbeitet seitdem fehlerlos. Es besteht aus zwei fehlertoleranten Rechnern und hält die Station auf Kurs, richtet die Sonnenkollektoren aus und steuert die Kommunikationsanlagen. Außerdem übernimmt es die Steuerung der Lebenserhaltungssysteme im russischen Teil. Ein Ausfall dieses Systems hätte unmittelbar schwere Auswirkungen auf den Betrieb der ISS.

Im Laufe von 20 Betriebsjahren im Orbit traten nun erste Fehlfunktionen an den Rechnern auf, die für eine Lebensdauer von 5 Jahren im Orbit konzipiert waren. In erster Linie konnten die Fehler auf die Speicherkomponenten der Rechner zurückgeführt werden, deren Speicherzellen nicht mehr funktionierten.

Eine erste Analyse, wie das Problem zu beheben sei, erbrachte einige Herausforderungen für das Airbus Team:

  • Der Austausch von Rechnerkomponenten im laufenden Betrieb auf der ISS war im ursprünglichen Design nicht vorgesehen.
  • Originalspeicher und andere Komponenten der Rechner sind nicht mehr auf dem Markt verfügbar.
  • Das neue russische ISS Modul (MLM), welches ebenfalls den Bremer fehlertoleranten Rechner verwendet, erhöht die Anzahl der zu wartentenden Rechner, gerade im Hinblick auf die Verlängerung der ISS über das Jahr 2024 hinaus.
  • Der Nachbau von originalen Rechnerkomponenten ist aufgrund des Alters der zur Verfügung stehenden Ersatzteile nicht mehr möglich.

Gemeinsam mit der ESA und dem russischen Raumfahrtunternehmen RSC-Energia schlugen die Airbus-Ingenieure vor, eine neue Controllerkarte (ALB Board = Application Layer Board) zu entwickeln, mit gleicher Form und Funktion wie die alte, aber bestehend aus moderneren und verfügbareren Komponenten.

Nun trat das nächste Problem auf: Die übliche Prozedur wäre einen neuen Rechner mit der neuen Komponente zu versehen, zur ISS zu fliegen und den alten Rechner zurück zu Erde zur bringen. Das wäre mit einem hohen Logistikaufwand und Kosten verbunden gewesen.

Damit wurden die Ingenieure mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert: Sie sollten zeigen, dass die Computer direkt im Orbit, in einer Mikrogravitationsumgebung, dem Äquivalent zur Operation am offenen Herzen auf der Erde gleichkommend, nachgerüstet werden können. Dies war keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass diese Computer nie für eine Wartung im Orbit konzipiert waren, sondern Wartungsarbeiten immer in Reinräumen auf der Erde durchgeführt wurden. Ingenieure und erfahrene russische Kosmonauten führten eine Reihe von Demonstrationen vor Ort durch, um sich davon zu überzeugen, dass die Operationen im Orbit machbar und erfolgreich sein können.

Nach Entwicklungszeit, Produktion, Qualifikation und Transport der Karte zur ISS war es dann im November 2019 soweit: In einem Wartungszyklus wurde in einem Rechner eine neue Controller Karte installiert und mit den Rechnern, die noch alte Karten haben, integriert. Seitdem läuft die gemischte Konfiguration zur Zufriedenheit aller Beteiligten von RSC-Energia, Airbus, ESA und ROSCOSMOS.

Die fehlertoleranten Rechner von Airbus.
(Bild: Airbus)

Fehlertolerante Rechner und byzantinischer Algorithmus
Das „Datamanagement System for Russia“ (DMS-R) wurde von Airbus bereits im Jahr 2000 geliefert und zur ISS gebracht. DMS-R besteht aus zwei fehlertoleranten Rechnersystemen (FTC, Fault Tolerant Computer) zur Lageregelung und Steuerung sowie aus zwei Kontrollcomputern. Dieses fehlertolerante Rechnersystem für die ISS, gebaut von Airbus und basierend auf dem sogenannten byzantinischen Algorithmus, besteht aus drei Computern, kann Fehler im System erkennen, analysieren und beheben. Bei einem Ausfall von einzelnen Computerfunktionen überträgt das System einem anderen Teil des Rechnersystems die Aufgaben.

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