Der Carinanebel im infraroten Licht

Astronomen konnten mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO das bislang detailreichste Infrarotbild des Carinanebels aufnehmen. Auf der heute veröffentlichten Aufnahme präsentieren sich neben einer atemberaubenden Landschaft aus Gas, Staub und jungen Sternen zahlreiche nie zuvor gesehene Details.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, Wikipedia.

ESO,  IAU, Sky & Telescope
Das Sternbild Schiffskiel. Eine Beobachtung ist ausschließlich von der südlichen Hemisphäre aus möglich.
(Bild: ESO, IAU, Sky & Telescope)

Bei dem Carinanebel, auch bekannt unter der Bezeichnung Eta-Carinae-Nebel, handelt es sich um einen sogenannten Emissionsnebel, welcher sich in einer Entfernung von etwa 7.500 Lichtjahren zu unserem Sonnensystem im Sternbild Schiffskiel (lateinischer Name “Carina”) befindet und über eine Ausdehnung von etwa 150 Lichtjahren verfügt. Aufgrund der Vielzahl der dort befindlichen massereichen Sterne zählt der Carinanebel zu den hellsten Nebeln, welche am Nachthimmel zu beobachten sind. Seine scheinbare Helligkeit beträgt +3,00 Magnitude, der scheinbare Durchmesser liegt bei 120 Bogenminuten. Der Nebel ist somit eine der ausgedehntesten H-II-Regionen in unserer Galaxie. Bei diesen Regionen handelt es sich um “Geburtsstätten” neuer Sterne.

Innerhalb des Carinanebels befinden sich einige der hellsten und massereichsten Sterne, welche den Astronomen bekannt sind. Einer von ihnen ist Eta Carinae – ein veränderlicher und hoch instabiler Stern, welcher über die 100- bis 120-fache Masse unserer Sonne verfügt. Auffällig ist er besonders aufgrund seiner Ausbrüche und der daraus resultierenden, teilweise gewaltigen Helligkeitsveränderungen. Im Jahr 1843 erreichte er bei einem dieser Ausbrüche eine Helligkeit von -0,8 mag, was ihn nach dem Stern Sirius , dem “Hundsstern” im Sternbild Canis Major (zu deutsch “Großer Hund”), für einige Zeit zum zweithellsten Stern am nächtlichen Firmament werden ließ.

Die hohe Fusionsrate im Inneren von Eta Carinae hat zur Folge, dass der dort zur Verfügung stehende Kernbrennstoff in verhältnismäßig kurzer Zeit, nämlich innerhalb von wenigen Millionen Jahren, verbraucht sein wird. Sobald dies geschieht wird der Stern seine Existenz in Form einer Supernova beenden.

ESO, Thomas Preibisch
Dieses Bildmosaik des Carinanebels wurde aus mehreren Hundert Einzelaufnahmen des VLT zusammengesetzt.
(Bild: ESO, Thomas Preibisch)

Der Carinanebel präsentiert sich dem irdischen Beobachter bereits im sichtbaren Licht als ein wahrlich spektakulärer Anblick, aber viele seiner Geheimnisse bleiben in diesem Wellenlängenbereich hinter den dichten Staubwolken verborgen, welche den Nebel durchziehen und umgeben. Um diesen verhüllenden Staubschleier zu durchdringen hat sich ein von dem Astronomen Prof. Dr. Thomas Preibisch von der Universitätssternwarte der Ludwig-Maximilians-Universität in München geleitetes Beobachtungsteam die Leistungsfähigkeit des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) und der daran montierten Infrarotkamera HAWK-I zu Nutze gemacht.

In staubreichen Himmelsregionen wird das von dort ausgehende kurzwellige blaue Licht stärker absorbiert und gestreut als das langwelligere rote. Der gleiche Effekt verursacht auf der Erde das Farbenspiel der leuchtend roten Auf- und Untergänge der Sonne, welche speziell dann zu beobachten sind, sobald sich viel Staub in der irdischen Atmosphäre befindet. In besonders staubreichen Regionen am nächtlichen Himmel ist dieser Absorptionseffekt so stark ausgeprägt, dass von den dortigen Objekten keinerlei sichtbares Licht die Erde erreicht. Astronomen umgehen dieses Problem, indem sie ihre Beobachtungen im infraroten Wellenlängenbereich durchführen, wobei dann spezielle Infrarotkameras eingesetzt werden.

Bei dem “High Acuity Widefield K-band Imager”, so die vollständige Bezeichnung für die Kamera HAWK-I, handelt es sich um ein Instrument, welches den unter Astronomen existierenden Bedarf nach Bildern mit einem verhältnismäßig großem Gesichtsfeld bei einer gleichzeitigen hohen räumlichen Auflösung im Nahinfrarotbereich von 0,85 bis 2,5 Mikrometern abdeckt. HAWK-I wurde am 1. August 2007 in Betrieb genommen und liefert seit 2008 wissenschaftliche Daten.

ESO, Thomas Preibisch
Zwei Aufnahmen des Carinanebels. Im infraroten Licht (oberes Bild) sind Details erkennbar, welche im sichtbaren Wellenlängenbereich verborgen bleiben.
(Bild: ESO, Thomas Preibisch)

Das heute von der ESO veröffentlichte Bild entstand durch eine Kombination mehrerer Hundert Einzelaufnahmen. Das von den Wissenschaftlern präsentierte Endergebnis ist das detaillierteste Infrarotmosaik des Carinanebels, welches jemals erstellt wurde, und mit Sicherheit eine der spektakulärsten Aufnahmen, die je mit dem VLT angefertigt wurden.

Auf dem Bild sind nicht nur die massereichen und entsprechend leuchtkräftigen, hellen Sterne zu erkennen, sondern auch Hunderttausende schwächerer Sterne, welche auf vorherigen Aufnahmen dieser Region des Himmels unsichtbar geblieben waren. Somit erfüllt die Aufnahme neben den ästhetischen Gesichtspunkten auch die eigentliche wissenschaftliche Zielsetzung, denn eines der Hauptziele der Astronomen war die Suche nach Sternen in dieser Region, welche wesentlich masseärmer und somit auch lichtschwächer als die Sonne in unserem Sonnensystem sind.

Die Aufnahme verfügt zudem auch über eine genügend große Auflösung, um darauf unter anderem auch junge Braune Zwerge nachweisen zu können. Bei den Braunen Zwergen handelt es sich um eine spezielle Klasse von astronomischen Objekten. Sie verfügen über zu wenig Masse, als dass in ihrem Inneren ein Wasserstoffbrennen einsetzen könnte. Es handelt sich also nicht um “echte Sterne”. Andererseits verfügen sie mit einer Masse von mindestens 13 Jupitermassen wiederum über zu viel Materie, als dass sie als Planeten charakterisiert werden können.

Der bereits anfangs erwähnte Stern Eta Carinae ist auf der Aufnahme in der linken unteren Bildecke zu erkennen. Er ist von Gaswolken umgeben, welche von der starken von dem Stern ausgehenden UV-Strahlung zum Leuchten angeregt werden. Über das gesamte Bild verteilt sind zudem zahlreiche kompakt ausfallende Konzentrationen verschiedener dunkler Materialien zu sehen, welche auch im nahen infraroten Wellenbereich des Lichts undurchsichtig bleiben. In Inneren dieser auch als Globulen bezeichneten “Staubkokons” bilden sich neue Sterne.

Während der letzten paar Millionen Jahre sind in der Region des Carinanebels unzählige neue Sterne entstanden, welche sich dabei sowohl als Einzelsterne als auch in Form von Sternhaufen gebildet haben. Der helle Sternhaufen nahe der Bildmitte, welcher ebenfalls bereits im sichtbaren Licht gut zu erkennen ist, trägt die Bezeichnung Trumpler 14. Im infraroten Lichtbereich werden allerdings auch dort noch viele weitere Sterne sichtbar.

In der linken Bildhälfte erkennt man außerdem eine kleine Ansammlung gelblich erscheinender Sterne. Diese Sternenformation konnte auf den neuen VLT-Daten erstmalig ausgemacht werden, da diese Sterne im sichtbaren Licht nicht beobachtbar sind. Sie stellen somit ein weiteres hervorragendes Beispiel für all die vielen neuen Objekte dar, welche diese eindrucksvolle Panorama des Carinanebels erstmalig enthüllen konnte.

Verschiedene höhere Auflösungen (bis zu 218 MB) des heute veröffentlichten Bildes finden Sie auf der entsprechenden Internetseite der Europäischen Südsternwarte.

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