Neues von Genesis-1

Die private Raumfahrtfirma Bigelow Aerospace gab vor einigen Tagen bekannt, dass die erste aufblasbare Station der Welt jetzt in einer weitgehend stabilen Fluglage ist. Der bisherige Erfolg gibt Hoffnung für die Pläne der Zukunft.

Ein Beitrag von Axel Orth. Quelle: Bigelow Aerospace.

Bigelow Aerospace
Über den Wolken: Ein Bild der Außenkamera mit der aufgeblasenen Außenhülle, den Sonnenpaneelen und der Erde im Hintergrund.
(Bild: Bigelow Aerospace)

Nach der Behebung einiger Fehler konnte das Lagekontrollsystem der Station endlich in Betrieb genommen werden und hat seitdem die erhebliche Taumelbewegung der Station drastisch reduziert: Anfänglich rotierte Genesis 1 in sechs Minuten einmal um sich selbst, jetzt nur noch einmal pro Orbit, wobei eine solche Erdumkreisung etwa 100 Minuten dauert. Die endgültige Fluglage soll in wenigen Tagen erreicht sein; die Station ist dann so ausgerichtet, dass immer die selbe Seite zur Erde weist, was auch die Kommunikation mit der Bodenstation erheblich verbessern soll.

Wem solche „Fortschritte“ bereits derart selbstverständlich erscheinen, dass Organisationen wie NASA und ESA darüber schon gar nicht mehr berichten würden, dem sei in Erinnerung gerufen, dass Genesis 1 das erste echte Weltraumprojekt einer privaten Raumfahrtfirma ist und darüber hinaus ein Technologieträger ersten Ranges: Genesis 1 ist nicht wie bisherige Raumstationen aus starren, schweren Segmenten aufgebaut, sondern besteht aus einem leichten Stützgerüst, um das herum eine flexible Hülle einfach aufgeblasen wird. Die NASA hatte die Technologie der aufblasbaren Raumstation schon in den 1980er-Jahren entwickelt, aber aus Kostengründen nicht weiter verfolgt. Robert T. Bigelow lizenzierte die Technik von der NASA, um seine Weltraumtourismus-Pläne darauf aufzubauen. Der Prototyp Genesis 1 ist nun der erste Schritt dahin.

Bigelow Aerospace
Die Dnepr kommt aus ihrem Loch: Nach Art von Interkontinentalraketen startete die ehemalige SS-18 mit Genesis-1 an der Spitze aus einem getarnten Raketensilo, dessen geöffneten Deckel man in dieser Fotomontage unten am Boden gut erkennen kann.
(Bild: Bigelow Aerospace)

Und das Projekt verlief bisher erstaunlich erfolgreich: Sowohl der Start mit einer russischen Dnepr-Rakete (eine umgebaute SS-18 aus der Zeit des Kalten Krieges, die aus einem Raketensilo startet) verlief am 12. Juli einwandfrei, und dann auch das Aufblasen der Hülle. Insgesamt fünf Jahre wird die Station sich schätzungsweise im Orbit halten, den harten Bedingungen des Weltraums ausgesetzt, und Telemetriedaten und Bilder zur Erde übertragen, um Erfahrungen für zukünftige Projekte zu sammeln.

Bigelow Aerospace
Die aufblasbare Hülle von innen: Die Wände mit Logos tapeziert, von links kommt eine Spielkarte in’s Bild.
(Bild: Bigelow Aerospace)

Insbesondere die Bilder sind für Bigelow noch aus einem anderen Grund sehr wichtig: Der reinen Erprobungsstation Genesis 1 soll noch eine zweite Station Genesis 2 folgen, die schon erste kommerzielle Ziele verfolgt: Jeder, der will, kann für kleine persönliche Gegenstände oder Fotos einen Platz an Bord von Genesis 2 buchen. Gesetzt den Fall, deren Start mit einer Dnepr verläuft wieder fehlerfrei, werden Webcams an Bord der neuen Station permanent Bilder der unter Schwerelosigkeit frei umhertreibenden Gegenstände zur Erde übertragen, die im Internet veröffentlicht werden. Bigelow garantiert jedem Kunden, dass innerhalb von 90 Tagen sein gebuchter Gegenstand mindestens einmal deutlich erkennbar zu sehen sein wird – wenn nicht, kann der Kunde sein Geld zurück fordern.

Bigelow Aerospace
In dieser Box haben Bigelow-Mitarbeiter ausgewählte Gegenstände deponiert.
(Bild: Bigelow Aerospace)

In der Hülle von Genesis 1 fliegen schon jetzt etliche Gegenstände und Fotos herum, die aber von Bigelow-Mitarbeitern beigesteuert wurden – und die Bilder dieser Gegenstände, die teilweise auf der Bigelow-Homepage veröffentlicht werden, sollen quasi als Appetitanreger für die Buchung von Flügen an Bord der Schwesterstation dienen. Nach dem Motto: „Das könnte Ihr altes Matchbox-Auto sein…“

Der Start von Genesis 2 hat sich schon mehrfach nach hinten verschoben: Ursprünglich für September geplant, dann auf Dezember verschoben, gab Bigelow jetzt bekannt, dass der Start wegen der Weihnachtsfeiertage erst im Januar 2007 erfolgen soll. Die Firma gab ferner bekannt, dass es nach Genesis 2 keine weitere Gelegenheit geben wird, eigene Gegenstände in den Weltraum fliegen zu lassen. Als Buchungsschluss wurde der 31. Oktober 2006 festgelegt. Nach dem erfolgreichen Start von Genesis 2 will Robert Bigelow seine weiteren Pläne bekannt geben.

Bigelow Aerospace
Die linke Hälfte dieser Box enthält mexikanische Springbohnen. Die rechte Hälfte enthält ein magnetisches Experiment: Unzählige frei fliegende Stahlkugeln werden in regelmäßigen Abständen von einem Magneten angezogen und fügen sich jedesmal in anderer Form zusammen
(Bild: Bigelow Aerospace)

Diese Ankündigung könnte spannend werden. Denn das Fernziel von Bigelow ist ein „Hotel Orbit“ von gleicher Machart, aber der dreifachen Größe der Genesis-Stationen. Weltraumtouristen sollen Flüge zu diesem Hotel buchen und einen oder mehrere Tage in der Gesellschaft von Gleichgesinnten verbringen können – und das bestimmt nicht zu den exorbitanten Preisen, die in den letzten Jahren einige betuchte Personen gezahlt haben und noch zahlen, um mal ein paar Tage an Bord der MIR oder ISS zu verbringen. Das Transportmittel zu diesem Hotel steht noch nicht fest – vielleicht das geplante, orbitalflugfähige SpaceShipThree der ebenfalls privaten Raumfahrtfirma Scaled Composites?

Verwandte Artikel:

Der Start von Genesis 1

Nach oben scrollen