Die Frachter HTV 6 und Progress-MS 03 haben die Internationale Raumstation (International Space Station, ISS) verlassen. Neue Besatzungsmitglieder bekommt die ISS frühestens Ende April 2017. Eine neue Satellitenschleuse soll es 2019 geben.
Ein Beitrag von Axel Nantes. Quelle: Energia, JAXA, NanoRacks, NASA, Raumfahrer.net, RIAN, Roskosmos, A. Zak.
Das ZUP …
… genannte russische Flugleitzentrum in Koroljow bei Moskau bestätigte am 31. Januar 2017 das feurige Ende des russischen ISS-Versorgers Progress-MS 03 (№433, russ. Прогресс МC-03) alias Progress 64P. Gegen 19:24 Uhr MEZ trat das unbemannte Raumfahrzeug wieder in dichtere Atmosphärenschichten ein und wurde dabei zerstört. Gegebenenfalls übrig gebliebene Bestandteile dürften bei 51,21 Süd und 232,11 Grad Ost in einer Region des Pazifik ohne nennenswerten Schiffsverkehr niedergegangen sein.
Der Start des von RKK Energia gebauten Versorgers war am 16. Juli 2016 um 23:41 Uhr und 45 Sekunden MESZ erfolgt. Die Startmasse des Versorgers betrug 7.281 Kilogramm. Beladen war er mit rund 2.406 Kilogramm Fracht für die ISS. Tanks enthielten 705 Kilogramm Treibstoffe für die Raumstation, 420 Kilogramm Wasser und 51 Kilogramm komprimiertes Atemgas. Die druckbeaufschlagte Frachtsektion hatte man mit 1.230 Kilogramm Trockenfracht beladen.
In der druckbeaufschlagten Frachtsektion von Progress-MS 03 hatten sich unter anderem Lebensmittel (705 Kilogramm), Behälter für Abfall, Sanitär- und Hygieneartikel, medizinische Ausrüstung, Hardware für das Energieversorgungs- und das Temperaturkontrollsystem des russischen Stationssegments sowie Werkzeuge und Experimente befunden. Am 19. Juli 2016 um 2:22 Uhr MESZ hatte der Transporter am Modul Pirs (russ. Пирс für Pier, auch DC-1 für docking compartment 1) an der ISS angelegt.
Die Trennung von der ISS geschah am 31. Januar 2017 um 15:52 Uhr MEZ. Eine Bremszündung, der sogenannte deorbit burn, folgte um 18:34 Uhr MEZ. Beim Rücksturz des Transporters zur Erde befanden sich nicht mehr benötigte Ausrüstungsgegenstände und Müll an Bord.
Progress-MS 03 wurde katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.670 bzw. als COSPAR-Objekt 2016-045A.
Die JAXA …
…, Japans Weltraumforschungsagentur (Japan Aerospace Exploration Agency), bestätigte mit Datum 6. Februar 2017 den Wiedereintritt ihres ISS-Versorgers HTV 6 alias Kounotori 6 in die Erdatmosphäre.
Am 28. Januar 2017 um 11:59 Uhr MEZ wurde das HTV 6 von seinem Kopplungsport an der ISS abgedockt und später gegen 16:45 Uhr MEZ vom Roboterarm ins All entlassen. Nach drei Bremszündungen am 5. Februar 2017 um 9:42, 11:12 und 15:42 Uhr MEZ trat das H-2 Transfer Vehicle (HTV) gegen 16:06 Uhr MEZ am 5. Februar rund 120 Kilometer über der Ostküste Neuseelands in die Erdatmosphäre ein und wurde anschließend zerstört.
Mögliche Überreste des unbemannten Transportschiffs dürften nach Angaben der JAXA am 5. Februar 2017 zwischen 16:18 und 16:42 Uhr MEZ ins Meer gestürzt sein.
Vor seiner Entsorgung misslang dem Transporter ein KITE für Kounotori Integrated Tether Experiment genannter Versuch, der der Untersuchung einer Möglichkeit zur Beseitigung von Weltraumschrott dienen sollte. Vorgesehen war, ein rund 700 Meter langes Kabel mit einem Testkörper am Ende von einer Winde an Bord des HTV 6 abzurollen. In ausgerolltem Zustand war zwischen dem HTV und dem Testkörper ein durch den Flug durch das Magnetfeld der Erde verursachter Maximalstrom von rund 10 Milliampere erwartet worden. Bewegungen des Testkörpers wollte man mit den ISS-Annäherungssensoren des HTV erfassen.
Erfolgreich war jedoch der Transport von Nachschub, Lebensmitteln und wichtigen Ersatzteilen zur Raumstation. Auf der Transportpalette des HTV-6 war eine Nutzlast von rund 1.900 Kilogramm ins All gelangt. In der druckbeaufschlagten Sektion hatten sich rund 3.900 Kilogramm Fracht befunden.
Vom HTV 6, gestartet am 9. Dezember 2016 um 14:26 Uhr und 47 Sekunden MEZ, wurden unter anderem sechs Ersatzakkumulatorensätze (Orbital Replacement Units, ORUs) angeliefert. Die mit Lithium-Ionen-Akkumulatorenzellen ausgestatteten Komponenten wurden im Rahmen mehrerer Außenbordeinsätze als Ersatz für verschlissene Nickelmetallhydrid-Akkumulatoren außen an der Station installiert. Bei kommenden HTV-Flügen sollen weitere 18 Akku-ORUs zur ISS gebracht werden, um auch in Zukunft die Speicherung von durch die großen Solarzellenausleger der Station bereitgestellter elektrischer Energie zu gewährleisten.
Das HTV 6 wurde katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.881 bzw. als COSPAR-Objekt 2016-76A.
NanoRacks und Boeing …
… wollen zusammen eine neue Schleusungseinrichtung für die ISS bauen. Nach derzeitigem Planungsstand soll das Schleusenmodul 2019 zur Raumstation transportiert und am US-amerikanischen Modul Tranquility montiert werden.
NanoRacks wurde 2009 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Houston im US-amerikanischen Bundesstaat Texas. Zusammen mit dem US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzern Boeing will NanoRacks das nach eigenen Angaben erste kommerzielle Schleusenmodul für die ISS bereitstellen.
Im Mai 2016 hatte NanoRacks zusammen mit der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtagentur (NASA) eine Vereinbarung über die Installation eines privaten Schleusenmoduls an der Raumstation unterzeichnet. Die Partnerschaft mit Boeing ging NanoRacks ein, um insbesondere den für die Kopplung an der Raumstation erforderlichen Adapter bauen und installieren zu lassen. Geplant ist die Verwendung eines passiven Adapters vom Typ Passive Common Berthing Mechanism (PCBM).
Im Hause NaoRacks soll sich eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Brock Howe dem Projektmanagement widmen und der Organisation und Überwachung der Entwurfsarbeiten für Mechanik und Avionik, von Training und Betrieb, von Sicherheitsaspekten und der Qualitätssicherung, sowie von Bau und Test von Mustern und Flugeinheit.
Das neue Schleusenmodul könnte vor allem zum Aussetzen von Klein- und Kleinstsatelliten benutzt werden, die bisher insbesondere auf eine Schleuse am japanischen Modul Kibo angewiesen sind. Darüber hinaus könnten über die Schleuse auch größere, innerhalb der ISS montierte Konstruktionen ins All transferiert werden, als mit der Schleuse der Japaner handhabbar.
Die Auslegung des Schleusenmoduls erlaubt laut NanoRacks auch einen künftigen Einsatz an einer anderen Raumstation als der ISS. NanoRacks nennt in diesem Zusammenhang eine „zukünftige kommerzielle Plattform“.
Die Mechanischen Werke Woronesch …
… (russisch: Воронежский механический завод) aus Russland sind Hersteller von Triebwerken des Typs RD-0110 (Erzeugniscode 11D55), bei deren Untersuchung nach dem gescheiterten Start von Progress-MS 04 am 1. Dezember 2016 Qualitätsprobleme festgestellt wurden.
Nach Informationen der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos sind Fehler bei der Herstellung der Triebwerke oder unerwünschte Fremdstoffe für ein Versagen einer Oxidatorpumpe in der dritten Stufe der Trägerrakete verantwortlich. Die Zerstörung der Pumpe und das resultierende Feuer könnten zu einer Beschädigung des Oxidatortanks der Stufe geführt haben. Im Rahmen der Zerstörung des Tanks wäre es dann zur nicht bestimmungsgemäßen Abtrennung des Transportschiffs gekommen.
Im weiteren Verlauf kam es möglicherweise zu zwei Kollisionen zwischen der Raketenstufe und dem Transportschiff. Wegen der zum entsprechend Zeitpunkt suborbitalen Flugbahn stürzte Progress-M 04 schließlich zurück zur Erde. Überreste haben im Süden Sibiriens den Erdboden erreicht. Die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete am 2. Dezember 2016, dass das Gebiet des Niedergangs in der Republik Tuwa westlich der Hauptstadt Kysyl identifiziert worden sei. Der Journalist Anatoly Zak berichtet von einem Tank mit rund 90 Zentimetern Durchmesser, der im Distrikt Ulug-Chemski gefunden wurde und dem Transportschiff zugeordnet werden könnte.
Starts zur ISS auf Sojus-Raketen von Baikonur werden wegen den Problemen mit den Triebwerken jetzt verschoben, teilte der russische Flugleiter Wladimir Alexejewitsch Solowjow zwischenzeitlich mit. Der ursprünglich für den 27. März 2017 geplante Start von Sojus-MS 04 mit dem Russen Fjodor Nikolajewitsch Jurtschichin und dem US-Amerikaner Jack David Fischer an Bord ist nun auf den 20. April 2017 terminiert. In diesem Zusammenhang wurde die Landung von Sojus-MS 02 mit den Russen Andrei Iwanowitsch Borissenko und Sergei Nikolajewitsch Ryschikow und dem US-Amerikaner Robert Shane Kimbrough vom 25. Februar 2017 auf den 10. April 2017 nach hinten verschoben.
Der Start des ISS-Versorgers Progress-MS 05 wurde um einen Tag vom 21. auf den 22. Februar 2017 nach hinten verlegt.
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