Neues Teleskop-Projekt beginnt mit Exoplaneten-Suche

Die auf die Suche nach Exoplaneten ausgerichteten Teleskope des Next-Generation Transit Survey haben ihr „erstes Licht“ gesehen. Mit den zwölf Teleskopen dieser Anlage wollen die Astronomen Planeten aufspüren, welche über den doppelten bis hin zum achtfachen Durchmesser unseres Heimatplaneten verfügen. Durch nachfolgende Beobachtungen sollen auch deren Masse und Zusammensetzung bestimmt sowie die Atmosphären untersucht werden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESO, DLR.

Auf dieser Aufnahme sind einige der 20-Zentimeter-Teleskope erkennbar, welche in Zukunft im Rahmen des NGTS-Projektes nach Exoplaneten suchen werden.
(Bild: ESO, R. West)
Auf dieser Aufnahme sind einige der 20-Zentimeter-Teleskope erkennbar, welche in Zukunft im Rahmen des NGTS-Projektes nach Exoplaneten suchen werden.
(Bild: ESO, R. West)

Als Exoplaneten werden in der Astronomie Planeten bezeichnet, welche nicht dem Planetensystem der Sonne angehören, sondern vielmehr fremde Sterne umkreisen. Mittlerweile gelang den Astronomen der Nachweis von 1.876 Exoplaneten. Der Großteil dieser Planeten – 1.179 an der Zahl – wurde mittels der „Transitmethode“ entdeckt. Sobald ein Exoplanet – von der Erde aus betrachtet – direkt vor seinem Mutterstern vorbeizieht, nimmt die Helligkeit des beobachteten Sterns um einen winzigen Bruchteil ab, da der vorbeiziehende Planet einen Teil des von seinem Zentralgestirn ausgehenden Lichts abschirmt. Durch die wiederholten Beobachtungen dieser periodisch auftretenden Helligkeitsveränderungen kann der Durchmesser und die Dauer der Umlaufzeit des verursachenden Planeten bestimmt werden.

Das „Next-Generation Transit Survey“-Projekt

Bei ihrer Suche nach weiteren ‚Transitplaneten‘ können die Astronomen jetzt auf ein neues Teleskop-Projekt zurückgreifen, welches erst kürzlich seine Arbeit aufgenommen hat.

Das „Next-Generation Transit Survey“ (kurz „NGTS“, auf Deutsch in etwa „Transitsuchprogramm der nächsten Generation“) – so der Name dieses Projektes – setzt sich aus zwölf mit hochempfindlichen Kameras ausgestatteten Einzelteleskopen zusammen, welche über Spiegeldurchmesser von jeweils 20 Zentimetern verfügen. Die neue Anlage wurde von einem Konsortium – bestehend aus der University of Warwick, der Queen’s University of Belfast, der University of Leicester, der University of Cambridge (alle aus Großbritannien), der Universität Genf (Schweiz) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – errichtet und befindet sich in der unmittelbaren Nähe des in der nordchilenischen Atacama-Wüste von der Europäischen Südsternwarte (ESO) betriebenen Paranal-Observatoriums. Deshalb kann das NGTS sowohl von den vor Ort gegebenen hervorragenden Beobachtungsbedingungen als auch von der Infrastruktur und der technischer Unterstützung seitens der bereits zuvor vorhandenen Einrichtungen profitieren.

Diese langzeitbelichtete Nacht-Aufnahme zeigt die Teleskope des NGTS während der Testphase. Der hell leuchtende Mond erscheint in der Mitte des Bildes. Außerdem sind am Horizont die Kuppeln der Teleskope von VISTA (rechts) und VLT (links) zu erkennen.
(Bild: ESO, G. Lambert)
Diese langzeitbelichtete Nacht-Aufnahme zeigt die Teleskope des NGTS während der Testphase. Der hell leuchtende Mond erscheint in der Mitte des Bildes. Außerdem sind am Horizont die Kuppeln der Teleskope von VISTA (rechts) und VLT (links) zu erkennen.
(Bild: ESO, G. Lambert)

„Wir waren auf der Suche nach einem Standort mit vielen klaren Nächten und trockener Luft bei guter Durchsicht, damit unsere Messungen möglichst oft besonders präzise ausfallen. Der Paranal war dabei mit großem Abstand unsere erste Wahl“, so Don Pollacco von der University of Warwick, einer der Leiter des NGTS-Projekts.

Hochpräzise Helligkeitsmessungen

Das für großflächige Himmelsdurchmusterungen des südlichen Sternhimmels ausgelegte NGTS ist so konzipiert, dass es auf seiner vollkommen automatisierten Suche nach Transits von Exoplaneten kontinuierlich das Licht von mehreren 100.000 vergleichsweise hellen Sternen aufzeichnen wird. Dabei sollen die Teleskope bei den zu beobachtenden Sternen auftretende Helligkeitsschwankungen von lediglich 0,1 Prozent registrieren können.

„Bisher konnten bodengebundene Beobachtungsprogramme solche winzigen Transitsignale nicht mit dieser Genauigkeit nachweisen“, so Prof. Heike Rauer, die Leiterin der Abteilung „Extrasolare Planeten und Atmosphären“ am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof. „Mit den neuen Teleskopen wird dies nun erstmals möglich sein.“

Die Realisierung einer so hohen Präzision bei Helligkeitsmessungen über ein großes Gesichtsfeld hinweg stellt für die Astronomen eine aus technischer Sicht äußerst anspruchsvolle Aufgabe dar. Die für das NGTS notwendigen Schlüsseltechnologien konnten in der Vergangenheit allerdings bereits erfolgreich mit einem kleineren Prototypen demonstriert werden, welcher in den Jahren 2009 und 2010 auf der Kanareninsel La Palma in Betrieb war. Das NGTS baut außerdem auf dem Erfolg des SuperWASP-Projeks auf, welches mit einer vergleichbaren Beobachtungstechnik auf den Nachweis von großen Gasplaneten spezialisiert ist.

Diese Zeichnung zeigt den schematischen Aufbau der kompletten NGTS-Anlage.
(Bild: ESO, R. West)
Diese Zeichnung zeigt den schematischen Aufbau der kompletten NGTS-Anlage.
(Bild: ESO, R. West)

Das Ziel des Suchprogramms

Die Teleskope des NGTS sollen dagegen insbesondere Exoplaneten entdecken, welche über den doppelten bis hin zum achtfachen Durchmesser unseres Heimatplaneten verfügen und die trotzdem einen so großen Helligkeitsunterschied verursachen, dass es möglich wird, auch deren Masse möglichst genau zu bestimmen. Aus diesen Werten ergibt sich die Dichte der Planeten, woraus sich wiederum Hinweise auf deren Zusammensetzung ableiten lassen.

Durch spektroskopische Untersuchungen wäre es dann bei einigen dieser Planeten eventuell auch möglich, deren Atmosphären näher zu untersuchen: Während ein Transitplanet vor seinem Mutterstern vorbeiläuft, durchleuchtet das Sternlicht quasi die Atmosphäre am Rand der Planetenscheibe, welche dann ihrerseits minimale, aber doch nachweisbare Spuren im Sternlicht hinterlässt. Bislang sind den Astronomen nur sehr wenige Planeten bekannt, bei denen derartige Messungen möglich sind. Mit dem NGTS – so die Erwartungen der Wissenschaftler – sollte sich deren Zahl in den kommenden Jahren deutlich erhöhen.

Für diese detaillierten ‚Nachfolgeuntersuchungen‘ bei den noch zu entdeckenden Exoplaneten sollen dann aber nicht die verhältnismäßig kleinen NGTS-Teleskope, sondern vielmehr größere und entsprechend leistungsfähigere Teleskope – darunter auch das ebenfalls am Paranal-Observatorium befindliche Very Large Telescope (kurz „VLT“) der ESO – genutzt werden.

Eine weitere über mehrere Minuten hinweg belichtete Aufnahme, welche ebenfalls einige der NGTS-Teleskope zeigt. Im Bildhintergrund ist hier zudem das eindrucksvolle 'Band der Milchstraße' erkennbar.
(Bild: ESO, R. Wesson)
Eine weitere über mehrere Minuten hinweg belichtete Aufnahme, welche ebenfalls einige der NGTS-Teleskope zeigt. Im Bildhintergrund ist hier zudem das eindrucksvolle ‚Band der Milchstraße‘ erkennbar.
(Bild: ESO, R. Wesson)

Peter Wheatley, ein weiterer NGTS-Projekteiter von der University of Warwick, äußert sich zu diesem Projekt folgendermaßen: „Wir freuen uns sehr, dass wir nun mit unserer Suche nach kleinen Planeten um sonnennahe Sterne beginnen können. Die NGTS-Entdeckungen und die Nachfolgebeobachtungen mit bodengebundenen und weltraumbasierten Teleskopen werden wichtige Schritte auf dem Weg zur Untersuchung der Atmosphären und der Zusammensetzung extrasolarer Planeten von der Größe der Erde sein.“

Voller Betrieb noch im Jahr 2015

Die ersten der zwölf Teleskope des NTGS haben erst kürzlich ihr „first light“ gesehen und den wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Die vollständige Anlage soll noch im Laufe des Jahres 2015 in Betrieb genommen werden. Die für das NGTS-Projekt erforderliche automatisierte Analyse-Software wurde – in Zusammenarbeit mit den anderen NGTS-Partnern – vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt. Die Exoplanetenforscher aus Berlin-Adlershof verfügen auf dem Gebiet der hochpräzisen astronomischen Photometrie bereits über eine langjährige Erfahrung. Mit dem unter anderem ebenfalls auf die Suche nach Exoplaneten ausgelegten Weltraumteleskop COROT, an dessen Entwicklung und Betrieb das DLR ebenfalls beteiligt war, gelang in den Jahren 2007 bis 2012 die Entdeckung von immerhin 28 Exoplaneten.

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