Neuer Starttermin für Shenzhou 5

Der erste Chinese startet nun doch nicht am 10. Oktober ins All, sondern erst in der Woche darauf. Unterdessen verhängte das Militär eine Nachrichten-Sperre.

Ein Beitrag von Felix Korsch. Quelle: SpaceDaily.com, Phoenix TV, CCTV, Xinhua.

Eines der wenigen aktuellen Bilder von Shenzhou 5 , hier bei Montagearbeiten in der Werkshalle.
(Bild: Xinhua)

Die Spekulationen um den ersten bemannten chinesischen Raumflug reißen nicht ab. So vermeldete die staatliche Hong Konger Tageszeitung Wen Wei Po bereits vor knapp einer Woche, dass sich der vermutliche Starttermin „zwischen dem 11. und 17. Oktober“ bewege, wogegen der allgemein angenommene 10. Oktober „nur Spekulation und inkorrekt“ sei. Hierbei bezog man sich erneut auf anonym gebliebene Quellen. Basierend auf dem jetzigen Fortschritt der Vorbereitungen in Jiuquan, dem Startort des chinesischen Raumschiffes, und dem zu erwartenden Wetter richte man sich angeblich auf die Woche nach dem 10. Oktober ein, welcher damit als eigentlicher Starttag wegfällt. Doch auch das neue einwöchige Startfenster ist mit Vorsicht zu genießen, auch wenn bisher alle vorbereitenden Arbeiten problemfrei verliefen. So betonte Lin Wenjie, einer der Konstrukteure des Kontrollsystems der Trägerrakete Chang Zheng-2F (CZ-2F, deutsch „Langer Marsch“) bereits am 17. September gegenüber Wenzhou Evening News, dass die Integration des Raumschiffes an der Spitze der Rakete des Typs Langer Marsch abgeschlossen sei. Beide Bestandteile erreichten Ende August das Kosmodrom im Norden des Landes.

Zero-G-Training eines Taikonauten beim Parabelflug.
(Bild: CCTV)

Um einen sicheren Flugverlauf zu garantieren, wurden Rakete und Raumschiff einem umfangreichen, dreistufigen Testverfahren unterworfen. In Stufe eins wurden die wichtigsten elektrischen Subsysteme, namentlich das Kontroll-, Steuerungs-, Telemetrie-, Bahnverfolgungs- und Kommandosystem (engl. „TT&C“), auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft. In der zweiten Stufe wurde das Zusammenwirken verschiedener Teilsysteme untersucht, während im Rahmen der letzten Stufe der Gesamtverbund CZ-2F/Shenzhou genauer überprüft wurde. Mit einem Näherkommen des Starttages wurden auch die Sicherheitsvorkehrungen im JSCL (Jiuquan Satellite Launch Center) erhöht. Nun sichern eigene Armeeeinheiten das Gelände, welches etwa halb so groß wie der russische Weltraumbahnhof Baikonur ist. Weiterhin wurde durch die Chinesische Volksarmee eine totale Nachrichtensperre über die weiteren Vorbereitungen verhängt, da wesentliche Teile des bemannten Weltraumprogramms auch militärische Zwecke tangieren. Diese Entwicklung korrespondiert mit der sowieso mageren Nachrichtenlage sowie dem Fehlen aktuellen Bildmaterials.

Zwei Chinesen – Wu Jie und Li Qinglong – in russischen Skaphandern. Werden sie die ersten Chinesen im All?
(Bild: Phoenix TV)

Auch ansonsten liegt weiterhin vieles im Dunkeln. Während klar zu sein scheint, dass die Mission nicht sehr lange – die Rede ist von einem Tag – dauern wird und nur ein Minimum an Experimenten mitgeführt werden soll, laut dem Wissenschaftsmagazin Jiang Xingcun repräsentiert durch ein Kilogramm verschiedener Samen, sollen eventuell doch zwei Yunhangyuans, so die offizielle Bezeichnung chinesischer Raumfahrer, an der historischen Mission teilnehmen – zumindest, wenn man der Hong Konger Zeitung Commercial Daily glaubt. Hier widersprechen sich jedoch selbst die verschiedenen Peking-nahen staatlichen Publikationen. Die Annahme des Fluges gleich zweier Taikonauten stützt Phoenix TV, eine chinesische Fernsehstation, welche vergangene Woche ein Foto zweier chinesischer Raumfahrer in einem russischen Skaphander präsentierte, welche ihr Abschlusszertifikat für ihr Training im Sternenstädtchen bei Moskau erhielten. Hier trainierten bekanntlich 1996/97 zwei Chinesen, namentlich Wu Jie und Li Qinglong, für einen Flug ins All. Phoenix TV zu Folge sollen eben diese beiden Raumfahrer die Besatzung von Shenzhou 5 darstellen. Der Schönheitfehler dieser Story: laut Phoenix TV fand die entsprechende Zeremonie am 16. Dezember 1997 (man weiß sogar von einer Uhrzeit, nämlich 18:27 Uhr) statt. Wu Jie und Li Qinglong schlossen ihr Training jedoch bereits am 1. Dezember 1997 ab.

Phoenix TV zitiert weiterhin eine – natürlich – anonyme russische Quelle, wonach der Flug von Shenzhou 5 maximal 24 Stunden andauern werde. Legt man die Bahndaten der vergangenen Missionen zu Grunde, so wären 21 Stunden und 10 Minuten eine exaktere Angabe. Natürlich nur rein rechnerisch, und Überraschungen ist man von chinesischer Seite mittlerweile gewöhnt. Allen Anzeichen zu Folge wurde jedenfalls noch keine Wahl eines speziellen Taikonauten getroffen. Bis zum Starttag soll ein zweistufiges Auswahlverfahren durchlaufen werden, wobei erst am Starttag selbst gemäß der augenblicklichen Kondition eine – oder zwei? – Person/en ausgewählt werden soll/en. Das 14-köpfige chinesische Raumfahrerkorps erreichte übrigens gegen Ende der vergangenen Woche Jiuquan, um dort die letzten Tage vor der Mission zu verbringen und sich mit der Technik vertraut machen zu können.
Der Beobachter sei bei aller Konfusion an dieser Stelle getröstet: es sind nur noch wenige Tage, bis alle Geheimnisse durch den Start der ersten bemannten chinesischen Mission gelüftet werden. Bei künftigen Shenzhou-Starts sollen dann auch ausländische Journalisten anwesend sein dürfen.

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