Neuer Atlas des Saturnmondes Enceladus in Arbeit

Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sind gegenwärtig damit beschäftigt, einen überarbeiteten Atlas des Saturnmondes Enceladus zu erstellen. Die für diesen Atlas verwendeten Aufnahmen erlauben Aufschlüsse über die geologische Entwicklungsgeschichte und die Oberflächenbeschaffenheit dieses Mondes.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC 2012.

NASA, JPL, Space Science Institute
Dies ist der bisherige Atlas von Enceladus, welcher in dieser Version im Jahr 2010 veröffentlicht wurde. Die annähernd kugelförmige Oberfläche von Enceladus wurde dabei in einer sogenannten „einfachen zylindrischen äquidistanten Projektion“ auf einer rechteckigen Fläche abgebildet. Solche globalen Bildmosaike sind die Grundlage für die Erstellung von einzelnen Kartenblättern.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Am 1. September 1979 passierte die Sonde Pioneer 11 als erste Raumsonde den zweitgrößten Planeten unseres Sonnensystems, den Saturn, und nahm im Rahmen dieses Vorbeifluges rund 400 Bilder von diesem Planeten und seinem Ringsystem auf. Vor über 30 Jahren, am 12. November 1980 und am 25. August 1981, folgten die beiden Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2. Deren Bilder und Messdaten ermöglichten den Planetenforschern die ersten wirklich umfassenden Einblicke in den Aufbau und die Struktur des Saturn, seines komplexen Ringsystems und seiner zahlreichen Monde und revolutionierten damit das Bild der Menschheit von diesem faszinierenden Planeten im äußeren Bereich unseres Sonnensystems.
Dies trifft jedoch ohne Zweifel in einem noch viel stärkeren Maß auf die Mission der Raumsonde Cassini zu, welche sich seit dem 30. Juni 2004 in einer Umlaufbahn um den Saturn befindet. Eines der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde, das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, liefert seitdem regelmäßig hochaufgelöste Bilder von der Atmosphäre, dem Ringsystem und den vielfältigen Monden des Saturn.

Eines der wissenschaftlichen Ziele des von Dr. Carolyn Porco von der University of Colorado in Boulder im US-Bundesstaat Colorado geleiteten ISS-Kameraprojektes besteht darin, die einzelnen, teilweise sehr hoch aufgelösten Oberflächenaufnahmen der größeren Saturnmonde zusammenzufügen und so globale Oberflächenkarten dieser Monde zu erstellen. Entsprechende Karten der Monde Phoebe, Mimas, Enceladus, Tethys, Dione, Iapetus und Rhea wurden im Verlauf der letzten Jahre veröffentlicht und sind zum Beispiel auf der Internetseite des Cassini Imaging Central Laboratory for Operations (CICLOPS) abrufbar.

NASA, JPL, Space Science Institute
Dies ist eines von insgesamt 15 Kartenblättern, welche die Oberfläche von Enceladus in einem nominalen Maßstab von 1:500.000 abdecken. Es handelt sich hierbei um die Version aus dem Jahr 2010. Bei dem neu erstellten Atlas wird speziell die hier gezeigte Salih-Region deutlich höher aufgelöst wiedergegeben.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Allerdings ist die Erforschung eines Saturnmondes nach seiner erfolgreichen „Erst-Kartierung“ keineswegs abgeschlossen. Im Verlauf der Cassini-Mission werden die einzelnen Monde permanent mit den Instrumenten untersucht und dabei auch bei sich bietenden Gelegenheiten aus verschiedenen Distanzen und unter unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen mit der ISS-Kamera abgebildet. Sobald dabei Aufnahmen angefertigt werden, welche die zuvor gewonnenen Bilder an Qualität übertreffen, werden diese neuen Aufnahmen genutzt, um das bisher vorliegende Kartenmaterial zu überarbeiten und so zu verbessern.
Die erste Version eines globalen Kartenwerkes des Saturnmondes Enceladus wurde bereits im Jahr 2006 veröffentlicht. Eine zweite, verbesserte Version folgte im Jahr 2010. In den folgenden Jahren hat sich Cassini dem Mond allerdings mehrfach so weit genähert, dass die bei diesen Gelegenheiten angefertigten Bilder qualitativ hochwertig genug waren, um bei der Erstellung neuer Oberflächenkarten berücksichtigt zu werden.

Unter Einbeziehung der bei diesen Gelegenheiten gewonnenen Aufnahmen konnte ein Team um Dr. Thomas Roatsch vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof mittlerweile einen überarbeiteten Atlas von Enceladus erstellen. Hierfür wurden insgesamt 684 von der ISS-Kamera angefertigte hochaufgelöste Bilder mit Auflösungen von jeweils weniger als einem Kilometer pro Pixel verwendet.

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Die am Enceladus-Äquator gelegene Salih-Region als reine Mosaikaufnahme.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Um diese Aufnahmen, welche aus unterschiedlichen Entfernungen mit abweichenden Auflösungen und unter verschiedenen Beleuchtungsverhältnissen angefertigt wurden, zu einem auch wissenschaftlich aussagekräftigen Werk zusammenfügen zu können, mussten die einzelnen Fotos zuerst aufwendig bearbeitet werden. Nach radiometrischen Kalibrierungen und geometrischen Korrekturen wurden die Bilder zu einer Mercator-Projektion zusammengesetzt, aus welcher sich einzelne Kartenblätter erstellen lassen.

In den 15 Kartenblättern des neuen Atlanten, welcher in Kürze veröffentlicht werden soll, wird die Oberfläche von Enceladus in einem Maßstab von 1:500.000 wiedergegeben. Im Vergleich zu der Vorgängerversion vom 13. Mai 2010 können besonders in den Einzelkarten Se-3 (Kasim-Region) und Se-6 (Salih-Region) Oberflächendetails deutlich besser aufgelöst dargestellt werden.

Das unten sichtbare Einzelblatt aus dem Jahr 2010 zeigt die Kasim-Region auf der nördlichen Hemisphäre von Enceladus. Die restlichen Kartenblätter (Version 2010) stehen der interessierten Öffentlichkeit auf den Internetseiten von CICLOPS oder vom Photojournal des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in hohen Auflösungen zum Download zur Verfügung. Die in dem Atlas verwendete Nomenklatur für die Bezeichnung von Oberflächenstrukturen wurde vom CICLOPS-Team vorgeschlagen und anschließend von der für die Namensvergabe von Oberflächenstrukturen auf extraterrestrischen Objekten zuständigen Internationalen Astronomischen Union (IAU) übernommen.

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Das Kartenblatt Se-3 zeigt die Kasim-Region auf der nördlichen Hemisphäre von Enceladus. Auch diese Karte entstammt noch dem im Jahr 2010 veröffentlichten Atlas. In der neuen Version werden speziell die hier noch in der Bildmitte bestehenden Datenlücken aufgefüllt.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute)

Der am 28. August 1789 von dem Astronomen Wilhelm Herschel entdeckte Mond Enceladus verfügt über einen mittleren Durchmesser von 504 Kilometern. Im Durchschnitt verläuft die Bahn von Enceladus in einer Entfernung von 238.020 Kilometern zum Saturn. Für einen Umlauf um den Planeten benötigt der Mond etwa 1,37 Tage. Enceladus besteht größtenteils aus Eis, dürfte allerdings über einen Kern aus Silikatgesteinen verfügen, welcher etwa ein Drittel der Gesamtmasse des Mondes ausmacht.

Die neuen Aufnahmen und Karten werden den Planetologen dabei behilflich sein, die Oberfläche dieses Mondes noch besser zu beschreiben und dadurch Erkenntnisse über die Prozesse zu gewinnen, welche zur Bildung dieser vielfältig gestalteten Oberfläche geführt haben. Neben diversen Impaktkratern sind auf der Oberfläche von Enceladus flache, ausgedehnte Ebenen und ausgeprägte Bruchstrukturen und Verwerfungen erkennbar. Teile der südlichen Hemisphäre des Mondes weisen ein Alter von lediglich rund 100 Millionen Jahren auf. Dieses in geologischen Maßstäben geringe Alter ist ein Resultat des im Juli 2005 entdeckten Kryovulkanismus.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission für das Direktorat für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC.

Die hier kurz angerissenen Arbeiten wurden heute auf dem European Planetary Science Congress 2012, einer gegenwärtig in Madrid stattfindenden Fachtagung der Planetenforscher, vorgestellt.

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