Neuer Atlas des Mondes Dione veröffentlicht

Vor wenigen Tagen wurde ein von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt überarbeiteter Atlas des Saturnmond Dione veröffentlicht. Die für diesen Atlas verwendeten Aufnahmen erlauben Aufschlüsse über die geologische Entwicklungsgeschichte und die Oberflächenbeschaffenheit des Mondes Dione.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: EPSC-DPS 2011.

NASA, JPL, Space Science Institute, DLR
Dies ist der bisherige Atlas von Dione, welcher im Jahr 2008 publiziert wurde. Die kugelförmige Oberfläche von Dione wurde dabei in einer sogenannten „einfachen zylindrischen äquidistanten Projektion“ auf einer rechteckigen Fläche abgebildet. Solche globalen Bildmosaike sind die Grundlage für die Erstellung von einzelnen Kartenblättern.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, DLR)

Am 1. September 1979 passierte die Sonde Pioneer 11 als erste Raumsonde den Saturn und nahm dabei rund 400 Bilder von diesem Planeten und seinem Ringsystem auf. Vor über 30 Jahren, am 12. November 1980 und am 25. August 1981, folgten die beiden Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2. Deren Bilder und Messdaten ermöglichten den Wissenschaftlern die ersten wirklich umfassenden Einblicke in den Aufbau und die Struktur des Saturn, seines komplexen Ringsystems und seiner zahlreichen Monde und revolutionierten damit das Bild der Menschheit von diesem faszinierenden Planeten im äußeren Bereich unseres Sonnensystems.
Dies trifft jedoch ohne Zweifel in einem noch viel stärkeren Maß auf die Mission der Raumsonde Cassini zu, welche sich seit dem 30. Juni 2004 in einer Umlaufbahn um den Saturn befindet. Eines der 12 wissenschaftlichen Instrumente an Bord der Raumsonde, das aus einer Telekamera (NAC) und einer Weitwinkelkamera (WAC) bestehende ISS-Kameraexperiment, liefert seitdem regelmäßig hochaufgelöste Bilder von der Planetenatmosphäre, dem Ringsystem und den vielfältigen Monden des Saturn.

Das ISS-Kameraexperiment wird von Dr. Carolyn Porco von der University of Colorado in Boulder im US-Bundesstaat Colorado geleitet. Eines der wissenschaftlichen Ziele des ISS-Kameraprojektes besteht darin, die Oberflächenaufnahmen der größeren Monde zusammenzufügen und so globale Oberflächgenkarten dieser Monde zu erstellen. Entsprechende Karten der Monde Phoebe, Mimas, Enceladus, Tethys, Dione, Iapetus und Rhea wurden im Verlauf der letzten Jahre veröffentlicht und sind zum Beispiel auf der Internetseite des Cassini Imaging Central Laboratory for Operations (CICLOPS) abrufbar.

NASA, JPL, Space Science Institute, DLR
Dies ist eines von insgesamt 15 Kartenblättern, welche die Oberfläche von Dione mit einem nominalen Maßstab von 1:1.000.000 abdecken.
(Bild: NASA, JPL, Space Science Institute, DLR)

Allerdings ist die Erforschung eines Saturnmondes nach einer erfolgreichen Kartierung keineswegs abgeschlossen. Im Verlauf der Cassini-Mission werden die einzelnen Monde permanent mit den Instrumenten untersucht und dabei auch bei sich bietenden Gelegenheiten aus verschiedenen Distanzen und unter unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen mit der ISS-Kamera abgebildet. Sobald dabei Aufnahmen angefertigt werden, welche die zuvor gewonnenen Bilder an Qualität übertreffen, werden diese genutzt, um das bisher vorliegende Kartenmaterial zu überarbeiten.
Die erste Version eines globalen Kartenwerkes vom Mond Dione wurde im Jahr 2008 veröffentlicht. Für seine Erstellung wurden Aufnahmen verwendet, welche in den Jahren 2004 bis 2007 angefertigt wurden. In den Jahren 2008 bis 2010 hat sich Cassini dem Mond allerdings weitere 11 Mal so weit genähert, dass die bei diesen Gelegenheiten angefertigten Bilder qualitativ hochwertig genug waren, um bei der Erstellung neuer Oberflächenkarten berücksichtigt zu werden. Die größte Annäherung an Dione erreichte Cassini dabei am 7. April 2010. An diesem Tag näherte sich die Raumsonde dem Nordpol des Mondes im Rahmen eines gesteuerten Vorbeifluges bis auf 503 Kilometer.

Unter Einbeziehung der bei diesen Gelegenheiten gewonnenen Aufnahmen konnte ein Team um Dr. Thomas Roatsch vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin-Adlershof einen überarbeiteten Atlas von Dione erstellen. In den 15 Kartenblättern wird die Oberfläche von Dione in einem Maßstab von 1:1.000.000 wiedergegeben. Das nebenstehende Exemplar zeigt die Lagus-Region im Bereich des Äquators von Dione. Die restlichen Kartenblätter stehen der interessierten Öffentlichkeit auf den Internetseiten von CICLOPS oder vom Photojournal des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in hohen Auflösungen zum Download zur Verfügung. Die in dem Atlas verwendete Nomenklatur für die Bezeichnung von Oberflächenstrukturen wurde vom CICLOPS-Team vorgeschlagen und anschließend von der für die Namensvergabe von Oberflächenstrukturen auf extraterrestrischen Objekten zuständigen Internationalen Astronomischen Union (IAU) übernommen.

Der am 21. März 1684 von dem italienischen Astronomen Giovanni Cassini entdeckte Mond Dione verfügt über einen mittleren Durchmesser von rund 1.123 Kilometern. Im Durchschnitt verläuft die Bahn von Dione in einer Entfernung von 377.000 Kilometern zum Saturn. Für einen Umlauf um den Planeten benötigt der Mond etwa 2,7 Tage. Dione besteht größtenteils aus Eis, dürfte allerdings über einen Kern aus Silikatgesteinen verfügen, welcher etwa ein Drittel der Gesamtmasse des Mondes ausmacht.

Die neuen Aufnahmen und Karten werden den Planetologen dabei behilflich sein, die Oberfläche dieses Mondes noch besser zu beschreiben und dadurch Erkenntnisse über die Prozesse zu gewinnen, welche zur Bildung dieser vielfältig gestalteten Oberfläche geführt haben. Auf Diones Oberfläche sind sowohl stark verkraterte Regionen als auch ausgedehnte, flache Ebenen mit nur wenigen Kratern vertreten. Die verkraterten Regionen weisen zahlreiche Impaktkrater mit Durchmessern von teilweise mehr als 100 Kilometern auf. In den Ebenen erreichen die Krater dagegen nur selten Durchmesser von mehr als 30 Kilometern.

Diese unterschiedliche Kraterverteilung weist auf ein unterschiedliches Alter der Oberfläche von Dione hin. Mit den neuen Bildern kann diese Vermutung jetzt weiter überprüft werden. Die neu verfügbaren Aufnahmen können dazu genutzt werden, gezielt einzelne Krater für nähere Untersuchungen und Vermessungen auszusuchen.

Die Mission Cassini-Huygens ist ein Gemeinschaftsprojekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, der europäischen Weltraumagentur ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI. Das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien, eine Abteilung des California Institute of Technology (Caltech), leitet die Mission für das Direktorat für wissenschaftliche Missionen der NASA in Washington, DC. Die hier kurz angerissenen Arbeiten wurden heute auf dem EPSC-DPS Joint Meeting 2011, einem gerade in Nantes/Frankreich stattfindenden Wissenschaftskongress, im Rahmen mehrerer Präsentationen vorgestellt.

Raumcon-Forum:

Verwandte Seiten:

EPSC-DPS Joint Meeting 2011:

Nach oben scrollen