Neue Indizien für einen früheren Ozean auf dem Mars

Neue Radardaten der Raumsonde Mars Express könnten weitere Hinweise darauf geliefert haben, dass Teile der Marsoberfläche in der Vergangenheit von einem Ozean bedeckt wurden.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA, Imperial College London.

NASA
In der Vergangenheit, so die Annahme vieler Wissenschaftler, könnte die Oberfläche des Mars teilweise von Wasser bedeckt gewesen sein. Die nördliche Hemisphäre war dabei vielleicht sogar mit einem richtigen Ozean überzogen.
(Bild: NASA, Northern Illinois University (Wei Luo))

In der Gegenwart präsentiert sich unser äußerer Nachbarplanet, der Mars, als eine lebensfeindliche Welt, welche über eine viel zu kalte und vor allem viel zu dünne Atmosphäre verfügt, um das Vorhandensein von flüssigem Wasser auf dessen Oberfläche zu ermöglichen. Diese lebensfeindlichen Bedingungen bestanden jedoch nicht immer. Aufgrund der von den verschiedenen Orbiter-, Lander- und Rovermissionen gesammelten Daten gilt es heute als gesichert, dass der Mars in seiner Frühzeit über eine dichtere Atmosphäre verfügt haben muss, welche in Kombination mit höheren Temperaturen das Vorhandensein von flüssigem Wasser ermöglicht hat. Aber wann und für wie lange war dies der Fall?

Auf den Bildern der Orbiter erkennen wir gewaltige Ausflusstäler, Talnetzwerke und Flussdeltas, deren Entstehung sich am besten durch die direkte Einwirkung von Oberflächenwasser erklären lässt. Die Analysen der Lander und Rover haben zudem das Vorkommen verschiedener Mineralien nachgewiesen, welche sich zumindest auf der Erde nur in Verbindung mit Wasser bilden können.

Nach der Ansicht der meisten Planetenforscher muss der Mars somit einstmals über oberflächennahe Grundwasservorkommen, hydrothermale Quellen, Flüsse und Seen verfügt haben. Heftige Debatten wurden jedoch immer wieder darüber geführt, ob Teile der Oberfläche unseres Nachbarplaneten in der Vergangenheit eventuell sogar von einem regelrechten Ozean bedeckt wurden. Als „Heimat“ für einen solchen Ozean wird die nördliche Tiefebene des Mars vorgeschlagen, welche gleich zu zwei verschiedenen Zeitaltern nahezu komplett mit Wasser bedeckt gewesen sein könnte.

NASA, JPL, Malin Space Science Systems
Ein Flussdelta im Eberswalde-Krater auf dem Mars.
(Bild: NASA, JPL, Malin Space Science Systems)

Der erste Ozean soll sich demzufolge bereits vor rund vier Milliarden Jahren über der nördlichen Tiefebene ausgedehnt haben, als der Mars noch über eine dichtere und wärmere Atmosphäre verfügte. Ein plötzlich einsetzender Klimawandel, welcher mit dem Verlust des Großteils der Marsatmosphäre einherging, beendete diese erste „feuchte Phase“ in der Geschichte des Mars, welche auch am ehesten als der Zeitraum in Betracht kommt, in dem sich auf dem Mars Leben gebildet haben könnte.

Die zweite Phase einer Bedeckung mit Wasser könnte sich rund eine Milliarde Jahre später zugetragen haben. Hierbei wurden die inzwischen im Untergrund abgelagerten Wassereisvorkommen durch Wärmeenergie aufgeschmolzen, welche durch den Einschlag eines riesigen Asteroiden oder eventuell auch durch gigantische Vulkanausbrüche in der Tharsis-Region freigesetzt wurden.

Das geschmolzene Wasser trat an die Planetenoberfläche und ergoss sich mit großer Kraft in die tiefer gelegene nördliche Tiefebene. Dabei rissen die Wassermassen große Mengen an Sand und Geröll mit und formten zugleich die noch heute auf der Marsoberfläche sichtbaren Ausflusstäler. Diese gigantischen Schlammlawinen bedeckten anschließend große Teile der nördlichen Marshemisphäre. Die sedimentären Bestandteile schützten das Wasser eine gewisse Zeit vor der Sonneneinstrahlung und damit auch vor einer Sublimation, so dass sich Teile des Wassers als Eis unmittelbar unter der neu geschaffenen Oberfläche ablagern konnten.

Durch neue Messdaten erhärten sich jetzt die Hinweise darauf, dass zumindest der zweite Teil dieser These der Realität entsprechen könnte. Mit dem MARSIS-Instrument, einem im niedrigen Frequenzbereich arbeitenden Radargerät an Bord der von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebenen Raumsonde Mars Express, entdeckte ein Wissenschaftlerteam um Dr. Jérémie Mouginot vom Institut de Planétologie et d’Astrophysique in Grenoble/Frankreich und der University of California/USA im Vastitas Borealis – einem Teilbereich der nördlichen Tiefebene – diverse Ablagerungen von Sedimentgesteinen, welche als eishaltige Gesteinsschichten interpretiert werden, die sich einstmals am Grunde eines ausgedehnten Ozeans abgelagert haben.

NASA, JPL, University of Arizona, Texas A&M University, Animation: Emily Lakdawalla
Diese Animation zeigt die Sublimation von Wassereis, welches im Jahr 2008 von dem Marslander Phoenix nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche des Mars entdeckt wurde.
(Bild: NASA, JPL, University of Arizona, Texas A&M University, Animation: Emily Lakdawalla)

Die Radarwellen von MARSIS dringen tief in den Marsboden ein und enthüllen dabei auch Strukturen, welche sich in der obersten Schicht der Planetenoberfläche befinden. Die mit dem MARSIS-Instrument entdeckten Sedimentschichten stellen sich in den Radardaten als Ablagerungen mit einem geringen Reflektionsvermögen dar. Ein solch geringer Reflexionsgrad ist nach Ansicht der Wissenschaftler typisch für Sedimente mit einer niedrigen Dichte, wie sie durch eine Ablagerung in flüssigem Wasser entstehen. Diese Sedimentschichten, so die Wissenschaftler, haben sich vermutlich während der zweiten Phase vor etwa drei Milliarden Jahren gebildet.

Das Team um Dr. Jérémie Mouginot vermutet allerdings, dass diese zweite Phase höchstens eine Million Jahre andauerte. In diesem Zeitraum gefror das Wasser erneut zu Eis oder entwich in Form von Wasserdampf in die Marsatmosphäre. Dies, so Dr. Mouginot, ist vermutlich ein zu kurzer Zeitraum, als dass sich Leben gebildet haben könnte. Astrobiologen, welche auf dem Mars nach Anzeichen für Leben suchen, müssten somit noch weiter in die Vergangenheit des „Roten Planeten“ vorstoßen.

Tatsächlich konnte bereits der Marslander Phoenix im Jahr 2008 das Vorkommen von Wassereis nachweisen, welches sich in der Tiefebene Vastitas Borealis unmittelbar unterhalb der Oberfläche befindet und bei dem es sich eventuell um die Überreste eines Ozeans handeln könnte (Raumfahrer.net berichtete).

Aktuelle Analysen der Phoenix-Daten deuten allerdings darauf hin, dass die untersuchte Region aller Wahrscheinlichkeit nach seit mindestens 600 Millionen Jahren nicht mehr mit flüssigem Wasser in Kontakt gekommen ist. Außerdem, so die Beurteilung des Teams um Dr. W. T. Pike vom Imperial College London, erfolgte der Kontakt mit Wasser nur über einen Zeitraum von vermutlich wenigen Tausend Jahren.
„Für unsere auf den Daten der Mars Express-Mission beruhenden wissenschaftlichen Studien bezüglich der Wasservorkommen auf dem Mars griffen wir bisher ausschließlich auf Bilder und Spektralanalysen der Oberfläche sowie auf Atmosphärendaten zurück, welche wir mit der Raumsonde gewinnen konnten. Dank des Radarinstrumentes verfügen wir jetzt auch über Daten, welche aus dem Untergrund des Mars stammen“, so Olivier Witasse, der Mars Express-Projektwissenschaftler der ESA.
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