Neue ESA-Deep Space Antenne eingeweiht

Mit einem Festakt wurde heute die zweite Deep Space-Antenne der ESA in Spanien eingeweiht.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: ESA.

Die neue ESA-Bodenstation Cebreros in Spanien.
(Foto: ESA)

Bereits seit mehreren Wochen befindet sich die neue 35 Meter-Antenne im Testbetrieb und hat dabei erfolgreich Kontakt mit den ESA-Raumsonden Rosetta und SMART-1 aufgenommen. Am heutigen Mittwoch wird die neue Bodenstation im Rahmen eines Festakts mit Anwesenheit des ESA-Wissenschaftsdirektors David Southwood nun offiziell an die europäische Raumfahrtagentur übergeben – vier Wochen vor dem Start des ersten regulären „Kunden“, der ESA-Sonde Venus Express. Der Funkkontakt mit dem Venus-Orbiter wird vorwiegend über die neue Station 90 Kilometer westlich von Madrid abgewickelt werden.

Bis vor drei Jahren verfügte die europäische Raumfahrtbehörde über keine einzige „Deep Space“-Bodenstation – wenn einmal eine europäische Raumsonde über das Erde-Mond-System hinausflog (wie beispielsweise 1986 die Kometensonde Giotto) war man auf die Unterstützung des amerikanischen Deep Space Network mit seinen gleichmäßig über den Planeten verteilten drei Bodenstationen angewiesen. Doch spätestens mit Verabschiedung des langfristigen ESA-Forschungsprogramms Cosmic Visions 2020 war klar, dass Europa eine eigene Infrastruktur benötigen würde, um mit interplanetaren Raumsonden Kontakt zu halten – immerhin sah dieses ehrgeizige Programm Flüge zu allen terrestrischen Planeten unseres Sonnensystems und andere interplanetare Missionen vor. Als Konsequenz aus dem so entstandenen Bedarf wurde ein Jahr vor dem Start der europäischen Raumsonde Mars Express im Sommer 2002 die erste 35 Meter-Antenne der ESA in Betrieb genommen. Sie ist in New Norcia an der Westküste Australiens angesiedelt und fast ein Zwilling der neuen ESA-Antenne in Cebreros.

Die neue Bodenstation wurde auf dem Gelände der stillgelegten NASA-Station DSS 62 errichtet, die in den 1960er und 1970er Jahren in Betrieb und mit einer 26 Meter durchmessenden Antenne ausgestattet war. Durch die Nutzung einiger Infrastrukturbestandteile der alten NASA-Bodenstation konnte Cebreros kostengünstig und in nur zwei Jahren Bauzeit errichtet werden: die Baukosten beliefen sich auf rund 30 Millionen Euro. Gegenüber New Norcia wurde die neue Bodenstationen noch weiter verbessert: Die Positioniergenauigkeit der riesigen Parabolantenne ist höher, und in Cebreros können auch Funksignale im so genannten „Ka-Band“ (31,8 bis 32,3 GHz) empfangen werden – diese gegenüber dem bisher überwiegend verwendeten „X-Band“ höhere Funkfrequenz erlaubt die Übertragung größerer Datenmengen pro Zeiteinheit, allerdings ist der Funkverkehr in diesem Frequenzbereich auch deutlich empfindlicher gegenüber Störungen durch Wolken, Nebel oder Regen.

Außer den beiden 35 Meter-Antennen in New Norcia und Cebreros verfügt das ESTRACK-Netzwerk der ESA noch über eine 15 Meter-Antenne in Perth (Australien), deren Sende- und Empfangsanlagen so aufgerüstet worden sind, dass sie ebenfalls für die Kommunikation mit interplanetaren Raumsonden genutzt werden kann. Um jedoch in kritischen Missionsphasen permanent Kontakt zu einer interplanetaren Raumsonde zu halten sind mindestens drei im Abstand von rund 120 Längengraden um den Planeten verteilte Bodenstationen erforderlich – der ESA fehlt also noch eine dritte Deep Space-Station auf dem amerikanischen Kontinent, um dieses Ziel zu erreichen (derzeit unterstützt die NASA bei solchen kritischen Missionsabschnitten wie beispielsweise dem Einschwenken einer Raumsonde in eine Umlaufbahn die ESA mit ihren Bodenstationen).

Auf Anfrage von Raumfahrer.net erklärte zu dieser Frage Valeriano Claros, leitender Manager der neuen ESA-Bodenstation Cebreros, dass eine Entscheidung über den Bau einer dritten Deep Space-Bodenstation noch nicht gefallen sei: „ESA erwägt den Bau einer dritten Station, wie sie für ein komplettes Deep Space-Netzwerk erforderlich ist, […] das aus drei 120 Längengrade voneinander getrennten […] Bodenstationen besteht. Eine dritte Station wird vorwiegend für das Aurora-Programm [der ESA] benötigt, und da dieses Programm noch nicht endgültig genehmigt ist (was eventuell auf dem ESA-Rat auf Ministerebene im Dezember geschieht) existiert noch kein Termin für ihre Errichtung.“ Falls es dazu kommen sollte wären mögliche Standorte auf dem amerikanischen Kontinent nach Auskunft von Valeriano Claros Chile oder Kanada, wenngleich eine Entscheidung noch nicht gefallen ist.

Vom knapp 800 Meter hoch gelegenen Standort Cebreros aus soll in den kommenden Jahren der Kontakt zu Raumsonden wie Herschel/Planck, Lisa-Pathfinder, Gaia oder der Merkursonde BepiColombo gehalten werden. Wie die übrigen ESTRACK-Bodenstationen der ESA auch wird die neue Station im Routinebetrieb vollautomatisch von ESOC, dem europäischen Raumkontrollzentrum der ESA in Darmstadt aus gesteuert werden.

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