Neue Erkenntnisse der Phoenix-Mission auf dem Mars

Während der Phoenix-Mission im Jahr 2008 gesammelte Daten deuten darauf hin, dass auf dem Mars eine Interaktion zwischen der Planetenoberfläche und flüssigem Wasser stattgefunden haben muss, welche anscheinend, in geologischen Zeiträumen betrachtet, bis in die jüngere Gegenwart angehalten hat. Außerdem deuten die Daten darauf hin, dass der Mars noch bis vor wenigen Millionen Jahre einen aktiven Vulkanismus aufwies.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, Science. Vertont von Peter Rittinger.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Texas A&M University
Eine Aufnahme von Phoenix zeigt die Umgebung seines Landegebietes.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Texas A&M University)

Der von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marslander Phoenix war im Mai 2008 in der Nordpolarregion des Mars gelandet und hat anschließend über einen Zeitraum von 5 Monaten mit verschiedenen Instrumenten Daten gesammelt, deren Auswertung immer noch andauert. Die jetzt am vergangenen Freitag in der Fachzeitschrift „Science“ publizierten Forschungsergebnisse beruhen auf einer im Rahmen dieser überaus erfolgreichen Mission durchgeführten Untersuchung des in der Marsatmosphäre enthaltenen Kohlenstoffdioxids, welches mit einem Anteil von etwa 95,3 Prozent deren Hauptbestandteil ausmacht. In dem Artikel werden die gemessenen Isotopenverhältnisse und die sich daraus ergebenden möglichen Zusammenhänge von Kohlenstoffdioxid, Wasser und Vulkanismus beschrieben.

„Das in der Marsatmosphäre enthaltene Kohlenstoffdioxid stellt für uns so etwas wie einen chemischen Spion dar“, erläutert Paul Niles, Mitarbeiter am Johnson Space Center der NASA in Houston/USA und Hauptautor der in „Science“ veröffentlichten Studie, die Messungen. „Es kommt mit allen Bereichen der Marsoberfläche in Berührung und kann uns daher auch etwas über die Vergangenheit der Oberfläche und das Vorhandensein von Wasser verraten.“

Kombiniert mit anderen Daten kann daraus ein Modell über die Geschichte von Wasser, Vulkanismus und der Entwicklung der Atmosphäre sowie der verschiedenen Klimazyklen auf dem Mars erstellt werden. Zu diesem Zweck hat Phoenix die Isotopenverhältnisse der im Kohlenstoffdioxid enthaltenen Elemente Kohlenstoff und Sauerstoff bestimmt. Bei Isotopen handelt es sich um die verschiedenen Varianten eines Elementes, welche ein unterschiedliches Atomgewicht aufweisen. „Isotope liefern eine chemische Signatur, welche uns verrät, wo genau etwas hergekommen ist und welche Prozesse dabei abliefen“, so Paul Niles weiter.

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Texas A&M University
Das TEGA-Instrument auf dem Deck des Marslanders Phoenix.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Texas A&M University)

Die entsprechenden Messungen wurden mit dem Evolved Gas Analyser (EGA), einem speziellen Massenspektrometer, welches ein Bestandteil des TEGA-Experiments an Bord des Marslanders war, durchgeführt. Die dabei gewonnenen chemischen Signaturen deuten darauf hin, dass flüssiges Wasser auf dem Mars in der Vergangenheit in erster Linie anscheinend bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt existierte und dass das Auftreten von Hydrothermalquellen wie etwa im Yellowstone-Nationalpark in Nordamerika in der Vergangenheit des Mars nur relativ selten eine Rolle spielte.

Zudem deuten die Messergebnisse darauf hin, dass der Mars bis in die Gegenwart hinein aktiver gewesen sein muss als bisher angenommen und, im geologisch betrachteten Maßstab, bis in die jüngste Vergangenheit der Kohlenstoffdioxidanteil in der Marsatmosphäre aufgefrischt wurde. Dieses Kohlenstoffdioxid muss wiederum mit auf der Planetenoberfläche befindlichen Wasser reagiert haben.

Wegen der auf dem Mars herrschenden geringen Anziehungskraft, sie beträgt lediglich etwa 35 Prozent der Anziehungskraft der Erde, und dem Fehlen eines globalen Magnetfeldes entweicht das in der Marsatmosphäre enthaltene Kohlenstoffdioxid mit der Zeit ins Weltall. Dieser Atmosphärenverlust sollte laut verschiedener Computersimulationen eher Verbindungen mit dem leichteren Isotop Kohlenstoff-12 als solche mit dem schwereren Kohlenstoff-13 betreffen.

Wäre in der Vergangenheit kein Nachschub an weiterem Kohlenstoffdioxid erfolgt, so hätte der Evolved Gas Analyser ein anderes Verhältnis von Kohlenstoff-12 zu Kohlenstoff-13 mit einem deutlich höheren Anteil an Kohlenstoff-13 detektieren müssen als dies bei den Phoenix-Messungen der Fall war. Unterstützt wird diese Annahme durch die Analyse von mehreren auf der Erde aufgefundenen Marsmeteoriten. In Gaseinschlüssen innerhalb dieser mehrere hundert Millionen bis einige Milliarden Jahre alten Meteoriten konnte ein erhöhter Anteil des Kohlenstoff-13-Isotops nachgewiesen werden.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Diese Grafik beschreibt die zeitliche Verteilung der fünf vulkanischen Aktivitätsphasen auf dem Mars.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Das jetzt nachgewiesene und nicht den Erwartungen entsprechende Verhältnis von Kohlenstoff-12 zu Kohlenstoff-13, so die Interpretation des Wissenschaftlerteams um Paul Niles, deutet darauf hin, dass es auf dem Mars noch in geologisch jüngerer Vergangenheit einen aktiven Vulkanismus gegeben haben muss. Im Verlauf eines vulkanischen Entgasungsprozesses wurde dabei weiteres Kohlenstoffdioxid aus dem Inneren des Planeten in die Atmosphäre befördert und der Anteil an Kohlenstoff-12 aufgefüllt.

Auffällig war hierbei jedoch, dass die ebenfalls im Kohlenstoffdioxid vorhandenen Isotope Sauerstoff-16 und Sauerstoff-18 keine vulkanischen Signaturen aufwiesen. Diese fehlenden Signaturen lassen sich nach Ansicht der Wissenschaftler am besten damit erklären, dass das Kohlenstoffdioxid nach seiner Freisetzung mit auf der Planetenoberfläche vorhandenem Wasser reagiert haben muss, was letztlich zu einer Veränderung des Isotopenverhältnisses geführt hat.

Dies könnte ein weiteres Indiz für die Theorie sein, dass der Mars in der Gegenwart in geologischer Hinsicht keinesfalls inaktiv ist. Die letzte größere Phase vulkanischer Aktivität liegt zwar bereits 130 bis 70 Millionen Jahre zurück, allerdings haben im Jahr 2004 erfolgte Studien Hinweise darauf geliefert, dass der Marsvulkan Hecates Tholus in der Elysium-Vulkanregion noch vor fünf Millionen Jahren aktiv gewesen sein könnte. Olympus Mons, mit einer Gipfelhöhe von 26,4 Kilometern nicht nur der höchste Vulkan des Mars, sondern auch gesamten Sonnensystems, könnte sogar noch vor zwei Millionen Jahren seine bisher letzte Aktivitätsphase durchlebt haben.

Paul Niles und seine Teamkollegen vermuten daher, dass in der jüngeren Vergangenheit zumindestens noch so viel Wasser auf der Marsoberfläche vorhanden war, dass dieses das in der Atmosphäre des Planeten enthaltene Kohlenstoffdioxid merkliche beeinflusste. Die Studie liefert keine Hinweise darauf, bis zu welchem Zeitpunkt flüssiges Wasser und Vulkanismus auf dem Mars vorhanden gewesen sein könnten. Beides würde aber laut der Meinung der Wissenschaftler die bisher beste Erklärung für die nachgewiesenen Isotopenverhältnisse liefern.

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