NASA-Rover Perseverance lauscht in dünner MarsAtmosphäre.

— So klingt der Mars — Der Mars hat eine sehr dünne Atmosphäre, deren Dichte an der Oberfläche nur etwa einem Prozent im Vergleich zur Erde entspricht. Ob es dort in der kargen Landschaft etwas zu hören gibt und ob man in dieser dünnen Atmosphäre überhaupt Klänge aufnehmen kann, war bis vor kurzem unklar. Eine Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Quelle: DLR.

Mars-Ro­ver “Per­se­ver­an­ce” und Hub­schrau­ber­droh­ne “In­ge­nu­i­ty” Credit: NASA/JPL-Caltec

1. April 2022. NASA’s Mars-Rover Perseverance brachte mit der Landung am 18. Februar 2021 zum ersten Mal zwei funktionierende Mikrofone auf den Roten Planeten. Nun ist im Wissenschaftsmagazin Nature eine neue Studie erschienen. Sie zeigt anhand von Ton-Aufnahmen des Rovers, dass die Schallgeschwindigkeit auf dem Mars langsamer ist als auf der Erde. Meist herrscht dort eine tiefe Stille, nur unterbrochen vom Brummen und Klicken der Instrumente des Rovers im leichten Marswind, dem Surren der Rotoren des Marshubschraubers oder dem Knall des Plasmas, das der SuperCam-Laser bei der Marsboden-Analyse erzeugt. An der Untersuchung des Plasmaknalls ist auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt.

„Mit der Schlierentechnik konnten wir die Schallwellen der erzeugten Plasmen im Labor unter Mars-analogen Bedingungen sichtbar machen, die bei der laser-induzierten Plasmaspektroskopie (LIBS, von engl. laser-induced breakdown spectroscopy) erzeugt werden. Uns interessiert dabei besonders, wie das akustische Signal zusammen mit dem Mikroplasma entsteht“, berichtet Dr. Susanne Schröder vom Berliner DLR-Institut für Optische Sensorsysteme. Der Laser von SuperCam, der kleine Mengen von Gestein über Entfernungen von mehreren Metern verdampft, um ihre Zusammensetzung zu untersuchen, lässt kleine Plasmen entstehen. Diese erzeugen ein hohes Geräusch über zwei Kilohertz. „Die LIBS-Messungen werden in verschiedenen Entfernungen vom Rover durchgeführt, sodass der vom Plasma erzeugte Knall eine gute Quelle zur Untersuchung der Schallgeschwindigkeit ist. Dabei zeigte sich: Für den Schall auf dem Roten Planeten existieren zwei unterschiedliche Schallgeschwindigkeiten für Frequenzen unter 240 Hz und für Frequenzen über 240 Hz. „Der Schall wird außerdem stark gedämpft, sodass nach wenigen Metern kaum noch ein Tonsignal zu vernehmen ist“, erklärt Schröder.

Nach acht Metern (fast) nur noch Stille

Auf der Erde breiten sich Geräusche normalerweise mit etwa 340 Metern pro Sekunde aus. Aber auf dem Mars bewegen sich tiefe Töne mit nur 240 Metern pro Sekunde, während sich höhere Töne etwas schneller mit 250 Metern pro Sekunde ausbreiten. Die beiden Schallgeschwindigkeiten sind eine Folge der dünnen Kohlendioxidatmosphäre auf dem Mars. Physikalisch wurde erwartet, dass eine kalte, dünne CO2-Atmosphäre die Schallgeschwindigkeit in dieser Art beeinflusst, aber nun konnten die Forschenden dieses Phänomen erstmals tatsächlich beobachten. Ein weiterer Effekt der dünnen Atmosphäre: Geräusche werden nur über eine kurze Strecke übertragen, und hohe Töne breiten sich fast gar nicht aus. Auf der Erde kann der Schall nach etwa 65 Metern abfallen, auf dem Mars dagegen schon nach acht Metern, wobei die hohen Töne in dieser Entfernung völlig verloren gehen. Nichtsdestotrotz gelang es dem Mikrofon-Team, das tiefe Surren des Mars-Helikopters Ingenuity sogar noch aus einer Entfernung von 80 Metern zu detektieren.

Die meisten Geräusche der nun vorliegenden Nature-Studie wurden mit dem Mikrofon von SuperCam aufgezeichnet, das am Kopf des Rovers angebracht ist. Die ersten Audioaufnahmen vom Mars beinhalten verschiedene natürliche sowie vom Rover selbst erzeugte Klänge: Neben Geräuschen der laserinduzierten Plasmaspektroskopie des Instruments SuperCam konnte das Mikrofon auch mechanische Geräusche von Perseverance und vom bereits erwähnten Mars-Helikopter Ingenuity aufnehmen. Seine Rotoren drehen sich mit 2.500 Umdrehungen pro Minute und erzeugen einen unverwechselbaren, tiefen Ton mit 84 Hertz. Ebenso lauschten die Forschenden dem Wind und Turbulenzen. Insgesamt wurden 4 Stunden und 40 Minuten Marsgeräusche analysiert in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 50 kHz.

Im Herbst wird es lauter

„Das ist eine neue Art der Untersuchung, die wir auf dem Mars noch nie angewandt haben“, sagt Sylvestre Maurice, Astrophysiker an der Universität von Toulouse in Frankreich und Hauptautor der Studie. Eines der auffälligsten Merkmale der Tonaufnahmen ist die Stille, die auf dem Mars zu herrschen scheint. „Irgendwann dachten wir, das Mikrofon sei kaputt, so still war es“, ergänzt Maurice. Auch das ist eine Folge der dünnen Marsatmosphäre. Da sich der Druck mit den Jahreszeiten auf dem Mars ändert, könnte der sich anbahnende Herbst auf dem Roten Planeten lauter werden.

Die Untersuchung der von den Mikrofonen des Rovers aufgezeichneten Geräusche gibt nicht nur Aufschluss über die Details der Marsatmosphäre, sondern hilft den Wissenschaftlerinnen und Ingenieuren auch, den Zustand und die Funktionsweise der zahlreichen Instrumente des Rovers zu beurteilen, so wie man beim Autofahren ein störendes Geräusch wahrnehmen könnte.

Bereits frühere Marsmissionen der NASA vor Perseverance hatten das Ziel, Geräusche auf dem Roten Planeten aufzuzeichnen, scheiterten aber. Das Mikrofon auf dem Mars Polar Lander ging beim Eintritt in die Marsatmosphäre verloren, und das Mikrofon auf der Raumsonde Phoenix hatte technische Probleme.

Originalveröffentlichung:
Sylvestre Maurice et al.: In Situ Recordings of Mars Soundscape, zur Veröffentlichung in Nature, Ausgabe vom 1. April 2022. (Beiträge des DLR-Instituts für Optische Sensorsysteme zu den im Paper vorgestellten Forschungsergebnissen sind im Rahmen der Masterarbeit „Laboratory Studies on Laser-Induced Shock Waves for LIBS Measurements on Mars“ von Fabian Seel entstanden.)

Das DLR bei der NASA-Mission Mars 2020

Das DLR ist im Wissenschaftsteam der NASA Mission Mars 2020 mehrfach vertreten. Schwerpunkte sind dabei die Analyse von Messungen mit dem Spektrometer SuperCam, die wissenschaftliche Auswertung und Prozessierung der Daten des Kamera-Experiments MASTCAM-Z sowie die Kalibrierung der Feuchtesensoren und der Datenanalyse des MEDA-Instruments.

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