Die NASA Pressekonferenzen bezüglich des Columbia Absturzes!
Autor: Lutz Growalt.
2. NASA Press Briefing, 02.02.03, 22:45 MEZ (15:45 CT)
Quelle: NASA TV
Bob Cabana:
Einleitung
„Zunächst möchte ich Ihnen allen im Namen der Familien der Astronauten für die Anteilnahme danken, die uns aus allen Regionen des Landes erreicht – es bedeutet uns wirklich sehr viel. Außerdem möchte ich die Verteter der Medien bitten, die Privatsphäre der Familien in dieser schwierigen Zeit zu respektieren. Ich weiß daß alle, wenn die Zeit gekommen ist, bereit sein werden, mit Ihnen zu sprechen. Die letzten Tage waren unglaublich schwierig. Gestern war wahrscheinlich der härteste Tag meines Lebens. Ich mußte mich mit den Familien und den engsten Freunden zusammensetzten und Ihnen erklären, daß ihre Ehemänner und -frauen, ihre Mütter und Väter nicht mehr nach Hause kommen werden. Wenn Sie zu so etwas noch nie gezwungen waren, dann wünsche ich Ihnen, daß Sie diese Erfahrung nie machen müssen. Ich möchte außerdem sagen, daß die Unterstützung, die den Familien in Florida gewährt wurde, herausragend war und ich könnte nicht stolzer auf unser Team dort unten sein als ich bin. Im Hinblick darauf lief alles sehr gut. Auf die Überführung der Familien hierher nach Houston, wo sie auf ein breiteres Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen können, lief sehr gut.
Wir im Astronautenbüro arbeiten sehr eng mit den Familien zusammen, das Büro ist unsere Familie. Wir haben jeder Familie einen Astronauten zur Betreuung zugewiesen, um ihnen Beistand zu leisten und ihnen das zu gegen, was sie brauchen.
Wir durchleben im Moment eine schwierige Zeit und Ron [Dittemore] hat ihnen eine Menge Details über das an die Hand gegeben, was passiert ist. (…)
Lage auf der ISS
Ich möchte Sie aber auch daran erinnern, daß wir noch eine Besatzung im All haben. Wir haben eine Raumstation im Orbit und die verdient unsere Aufmerksamkeit gleichermaßen um die Sicherheit und Produktivität ihrer Mission sicherzustellen. Ich hatte heute morgen ein langes Gespräch mit zwei der Astronauten und ich möchte darauf hinweisen, daß wir die Besatzung der ISS voll über die Vorgänge informieren. Sie trauern dort oben genauso und sie fühlen sich ein wenig isoliert. Ich habe ihnen versichert, daß wir ihnen nichts verschweigen. Was wir hier auf der Erde wissen, erfahren sie auch im Orbit. Ich habe mit ihnen die Informationen geteilt, die Ron ihnen eben präsentierte und ich teilte noch etwas anderes mit ihnen. Sie wollen an diesem Prozeß [der Aufklärung] teilnehmen – und es ist schwerer für sie dort oben im Orbit.
Alles was ich Ihnen sagen kann ist, daß sie von einem gewaltigen Geist erfüllt sind, sie sind stolz zu sein, wo sie sind und sie sind stolz, ein Teil des Weltraumprogramms zu sein. Wir erinnerten uns gemeinsam an Geschichten über die Crew [der Columbia]. Ich sprach über schönere Erinnerungen, über die Videokonferenz die ich mit ihnen hatte und wie glücklich sie waren, dort zu sein und wieviel es ihnen bedeutete, an dieser Mission teilzunehmen. Und das sind die Erinnerungen, die ich immer in Ehren halten werde. (…)
Überreste der Astronauten Ich bin mir ebefalls sicher, daß Sie alle die Berichte über die sterblichen Überreste im Trümmerfeld gehört haben. Ich möchte, daß sie wissen, daß die Bundesbehörden und auch die lokalen Dienststellen dort draußen ausgesprochen professionelle Arbeit leisten. Wir haben zusätzlich Astronauten dorthin entsandt und daß wir die Überreste mit höchstem Respekt und der Vorsicht behandeln, die sie verdienen. Aus Respekt vor den Angehörigen werde ich in diesem Punkt auf weitere Details verzichten. Ich möchte, daß sie wissen, daß wir unsere Kameraden der Besatzung ehren und daß wir auf sie aufpassen.
Es ist eine harte Zeit, aber ich möchte, daß sie wissen, daß wir durchkommen werden, wir stehen geschlossen, wir sind eine Familie und wir unterstützen einander – und dies wird vorübergehen. Wir werden weiter fliegen und wir fliegen auch im Moment und wir werden weiterhin große Dinge tun. Danke.“
Fragen, Auswahl
Frage: Gibt es Hinweise auf eine Erklärung für das von Columbia gezeigte Verhalten mit Ausnahme verlorener Hitzeschildkacheln?
Antwort: [Dittemore, weicht aus] Ein wenig merkwürdig ist, daß der Orbiter das tut, was er tun sollte. Er reagiert auf Kommandos, behält seine Fluglage bei. Eine kleine Zunahme des Luftwiderstands, das Kontrollsystem reagiert, alles in keiner Weise alarmierend. Wenn man es mit all den anderen Umständen zusammennimmt über die wir gesprochen haben, so glauben wir, daß dies ein Teil des Puzzles ist. Aber selbst die Verstellung der Elevons über die ich sprach und der Umstand, daß das Flugkontrollsystem einen etwas größeren Stellwinkel der Elevons anordnete um dem zu begegnen, was wie eine Zunahme des Luftwiderstands auf der linken Seite aussieht, dann liegt doch alles immer noch in den Möglichkeiten des Flugkontrollsystems. Es ist insofern neu, als daß wir es bei bisherigen Flügen in diesem Ausmaß noch nie beobachtet haben, aber es übersteigt die Eingriffsmöglichkeiten der Flugautomatik nicht. … Für sich genommen, war es nicht ausgesprochen ungewöhnlich. [Eine Nachfrage des gleichen Reporters wird nicht zugelassen]
Frage: Sie haben uns einfühlsam in die Regionen des Fahrwerksschachts geführt, aber – im Bewußtsein möglicher Spekulationen, die Sie natürlich verhindern wollen – und weil wir schon im Fahrwerkkschacht sind: Gibt es Anzeichen, die auf möglicherweise geöffnete Fahrwerksklappen oder Wartungsschächte hinweisen würden – und schließen sie einen Zusammenhang mit dem Aufprall von Isolationsmaterial während des Starts aus?
Antwort: [Dittemore] Wir sind uns sehr wohl bewußt, daß der Bereich um das Fahrwerk zu den sensiblen Bereichen im Hinblick auf Erwärmung ist. Wir haben diese Sektion in der Vergangenheit intensiv untersucht und der Verlust einer Hitzeschutzkachel, so nehmen wir an, kann keine Ursache für den Verlust eines Orbiters sein. Wir nehmen an, daß wir eine Kachel in verschiedenen Abschnitten verlieren können ohne daß dies zum Verlust des Orbiters führt. Es könnte zu einer Beschädigung führen, aber nicht zum Totalverlust.
Wenn wir uns dem Fahrwerkschacht zuwenden … was dort für uns interessant ist, wie es schon gestern anklang, hatten wir Hinweise auf die Hinterkante [der linken Tragfläche], linker innerer und äußerer Elevon. Wenn wir dem Verlauf der Verkabelung folgen, wie dieser Strang im Rumpf und dann in der Tragfläche verlegt ist, so gibt es einen gemeinsamen Punkt [der Kabelstränge], der in direkter Nachbarschaft des Fahrwerksschachts liegt – das ist für uns von Interesse. Das ist alles, was wir zur Zeit wissen. (…) Ich möchte nicht mit Spekulationen über das hinausgehen, was ich Ihnen bereits sagte. Ich denke das Gleiche wie sie, aber ich kann nicht über das hinausgehen, was wir zur Zeit sicher wissen. Und mich möchte mich nicht der Gefahr aussetzen, daß ich Schlußfolgerungen ziehe, denn wenn ich das tue, könnte ich Dinge übersehen, die von Bedeutung sind. … Der Fahrwerksschacht könnte Bedeutung zukommen, wir sehen uns diesen Bereich genauer an, wird werden OV-103 [Endeavour] in Florida untersuchen. Wir werden uns die Kabelstränge in der Tragfläche genauer ansehen um zu verstehen, wie OV-102 [Columbia] aussah, ob es vielleicht „Wärmenester“ geben könnte, aber das ist die Detektivarbeit. Deswegen sagte ich, daß wir Fortschritte Zoll für Zoll machen.“
Frage: Haben Sie Informationen über die Größe und das Gewicht das Materials, das vom Shuttle beim Start möglicherweise wegbrach?
Antwort: [Dittemore] Sie sprechen über den Aufstieg? — Ja. – Wir haben keine Stücke, die vom Shuttle, dem Orbiter während der Startphase wegbrachen. Die einzige Sache, von der wir wissen und die wir untersuchen ist was ich schon ansprach und das ist das Stück der Schaumisolierung, das vom externen Tank wegflog.
Frage: Gab es für die Besatzung an Bord eine Möglichkeit, die Schräglage durch den zusätzlichen Luftwiderstand manuell zu korrigieren?
Antwort: [Dittemore] Zu diesem Zeitpunkt während des Wiedereintritts beobachtet die Crew das [automatische] Flugkontrollsystem. Sie werden nicht alarmiert. Sie können zwar die Verstellung der Elevons auf ihren Anzeigen sehen. Sie werden mit Sicherheit gesehen haben, daß das Kontrollsystem den Orbiter ein wenig nach rechts bewegte und daß die Kontrollflächen entsprechend reagierten. Nur kleine Bewegungen, nur geringe Ausschläge. Und die Crew kann das sehen, sie werden vielleicht auch drüber gesprochen haben aber es gäbe mit Sicherheit keinen Anlaß für einen Alarm. …
1. NASA Technical Briefing, 01.02.03, gegen 22:00 MEZ (Auszüge)
Teilnehmer, NASA:
Ron Dittemore (Shuttle Project Manager)
Milton Heflin (Senior Flight Director)
Quelle: NASA TV
Übersetzung: Lutz Growalt
Dittermore:
„Die ersten Hinweise auf ein mögliche Problem tauchten Minuten vor 08:00 Central Time [15:00 MEZ] auf. Das erste Anzeichen war ein Verlust von Sensoren, Temperatursensoren im hydraulischen System der linken Tragfläche sowie der innere und äußere Temperatursensor der Quer-/Höhenruder. Sekunden und Minuten später schlossen sich einige andere Probleme an, darunter der Verlust des Sensors für die Luftdruckanzeige des linken Hauptfahrwerks. Dann Hinweise auf übermäßige Erhitzung der Struktur.
Heflin (der während seines Vortrags sichtlich mit den Tränen kämpft)
„Gegen 07:53 a.m. CT [14:53 MEZ] sahen wir … Hinweise auf eine Temperaturmessung unterhalb des Meßbereichs im inneren und äußeren Hydrauliksystem der linken Tragfläche. Damit meine ich einen vollständigen Verlust der Anzeige, er gab keinerlei Hinweise, ob der Meßbereich über- oder unterschritten wurde, wir verloren die Anzeige schlichtweg. Etwa drei Minuten später, gegen 07:56 CT [14:56 MEZ] sahen wir eine Temperaturzunahme im Schacht für die Reifen des linken Hauptfahrwerkbeins, die ganze Temperatur dort nahm zu. Ich muß dabei darauf hinweisen, daß das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt einwandfrei funktionierte.
Wir hatten keinerlei Hinweise auf Schwierigkeiten. Gegen 07:58 CT [14:58 MEZ], einige Minuten später, hatten wir sogenannte „Bond-line“-Temperaturen, das sind Temperaturmesser, die in die Struktur des Fahrzeugs eingelassen sind und sie finden sich überall am Orbiter. Drei dieser Sensoren, wiederum auf der linken Seite, im Bereich der linken Fläche, fielen ebenfalls unter den Meßbereich. Wiederum gab es keine Hinweise, ob der Meßbereich über- oder unterschritten wurde, sie fielen einfach aus und wir verloren die Messungen ….
Gegen 07:59 CT [14.59 MEZ] fielen Temperatur- und Druckanzeige des inneren und äußeren Reifen des linken Hauptfahrwerks unter die Meßskala auf Null. Zu dieser Zeit waren insgesamt acht Meßwerte ausgefallen. Einer dieser Ausfälle wurde vom Bordcomputer registriert. Der Computer generierte eine Fehlermeldung, die die Crew auf ihren Anzeigen ablesen konnte.
Und sie … also wir gehen davon aus, daß sie diese Anzeige zur Kenntnis nahmen …. das Fahrzeug zeigte einwandfreie Leistung, keine Probleme in diesem Moment … und … wenn solche Dinge passieren, wenn die Crew eine Fehlermeldung erhält, dann nimmt man das normalerweise zur Kenntnis, sagt Bescheid, daß man es gesehen hat und dann tun wir, was vielleicht zu tun sein könnte. Soweit ich weiß, war dies die letzte Meldung an die Crew. Ich kann nicht … ich habe eine Reihe von Leuten gefragt, weil ich es selbst nicht gehört habe und ich mir nicht sicher bin, was zu dieser Zeit gesagt wurde, doch, so nehmen wir an, die Crew bestätigte, daß sie die Fehlermeldung gesehen hatte.
Dann verloren wir alle Telemetriedaten … es war wohl gegen … acht Uhr Central Time [15:00 MEZ], die Höhe betrug 207.135 Fuß [63.134,7 m] und sie flogen mit Mach 18,3. Das Kontrollteam zu dieser Zeit … nochmal, wir verloren die Daten und dies war die Zeit in der wir anfingen zu erkennen, daß …, daß wir einen schlechten Tag haben werden [Pause, wischt sich über die Augen]. Das ist alles, was mir vorliegt.“
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