Die NASA soll im nächsten Jahrzehnt wieder Menschen zum Mond schicken, doch zuvor muss sich die Raumfahrtbehörde selbst neu erfinden.
Autor: Gero Schmidt.
Nach den von Präsident Bush im Januar angekündigten Plänen sollen bis spätestens 2020 amerikanische Astronauten erneut den Mond betreten. Diese Mondmissionen werden auch als Vorbereitung für spätere Expeditionen zum Mars und anderen Zielen im tiefen Weltraum dienen. Bis 2010 sollen die Space Shuttles außer Dienst gestellt werden: Sie werden nur noch zur Fertigstellung der ISS (Internationale Raumstation) benötigt; ein Projekt, aus dem sich die NASA bis 2016 ebenfalls zurückziehen möchte. Mit den so freiwerdenden Geldmitteln, sowie einem leicht angehobenen Gesamtbudget soll die Umsetzung der ehrgeizigen neuen Ziele finanziert werden.
Doch bevor man sich mit vollem Einsatz den anstehenden Aufgaben zuwenden kann, muss sich die NASA grundlegend wandeln. Darüber sind sich alle Experten einig: Das CIAB (Columbia Accident Investigation Board) und die Aldridge-Kommission wiesen in ihren Abschlussberichten auf Missstände in der Organisation der Raumfahrtbehörde hin und auch bei der NASA selbst hat man die Probleme inzwischen erkannt. Insbesondere die Aldridge-Kommission, die von Bush beauftragt war, Empfehlungen auszuarbeiten, wie sich die von ihm gesteckten Ziele am besten umsetzen ließen, machte eine Reihe von Vorschlägen, was zu tun sei, um die NASA wieder in eine effizient arbeitenden Organisation zu verwandeln.
Da die Aldridge-Kommission alle ihre Anhörungen öffentlich abhielt, konnten sich die Führungsleute der NASA schon früh eine Vorstellung machen, was letztlich im Abschlussbericht stehen würde und sich dementsprechend vorbereiten. So kam es, dass bereits eine Woche nach Veröffentlichung des Berichts NASA-Chef Sean O’Keefe am 24. Juni einen weitreichenden Reformplan bekannt gab, der in den Monaten zuvor ausgearbeitet worden war.
Der Plan sieht vor, die NASA wieder zentralistischer zu leiten, nachdem O’Keefes Vorgänger, Daniel Goldin, in den 90er Jahren den einzelnen NASA-Forschungszentren weitgehend freie Hand gelassen hatte. Das führte dazu, dass sich die über die ganzen USA verstreuten Zentren in ihren Aufgaben oft duplizierten bzw. miteinander konkurrierten statt koordiniert zusammenzuarbeiten. Außerdem wurden von Goldin größere Organisationen innerhalb der NASA in viele kleinere aufgebrochen. Diese Zersplitterung erschwerte eine effiziente, abgestimmte Arbeitsweise noch weiter.
Nach O’Keefes Vorstellungen sollen nun alle Aufgaben der NASA in nur vier Hauptabteilungen, die so genannten Mission Directorates eingegliedert werden. Es sind dies:
- Das Aeronautics Research Directorate, das für alle Luftfahrtprojekte zuständig sein wird. Leiter: Victor Lebacqz
- Das Science Directorate, dessen Aufgabe die wissenschaftliche Erforschung der Erde, des Mondes, des Mars und aller anderen Objekte im Weltraum sein wird; in dieser Abteilung werden das Office of Space Science und das Office of Earth Science zusammengefasst. Leiter: Al Diaz
- Das Space Operations Directorate, zuständig für die ISS, das Space Shuttle-Programm und alle aktuell laufenden Raumfahrtmissionen. Leiter: Bill Readdy
- Das Exploration Systems Directorate: Diese Abteilung wurde komplett neu geschaffen und ist mit der Planung und Entwicklung von bemannten und unbemannten Missionen, welche die von Bush gesetzten Ziele erreichen sollen, befasst. Hier wird unter anderem das Office of Biological and Physical Research eingegliedert. Leiter: Craig Steidle
Natürlich gibt es auch hier Überschneidungen der Aufgabenbereiche, beispielsweise zwischen dem Science Directorate und dem Exploration Systems Directorate, weshalb die Leiter der vier Abteilungen mit O’Keefe und dessen Stellvertreter Fred Gregory ihr Vorgehen in einem ebenfalls neu geschaffenen Strategischen Planungsrat (Strategic Planning Council) abstimmen werden.
Alle NASA-Zentren gehören einem der Mission Directorates an und alle dort beschäftigten Topmanager müssen in Zukunft direkt dem NASA-Hauptquartier in Washington Bericht erstatten (statt wie bisher dem jeweiligen Zentrumsdirektor). Auch das Budget für die jeweiligen Projekte der Forschungszentren wird in Zukunft im NASA-Hauptquartier bewilligt (oder abgelehnt) werden. Die Zentralisierung soll auch dabei helfen, verlässlichere Kostenschätzungen als bisher zu erstellen und bessere PR-Arbeit zu leisten.
Alle diese Umstrukturierungen treten in einem Monat, am 1. August, in Kraft. Es wäre möglich, dass O’Keefe in den kommenden Wochen weitere Änderungen bekanntgeben wird.
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