Aus Wissenschaft und nicht ganz vorurteilsfreier Skepsis entstehen Verschwörungstheorien. Der Glaube an den so genannten Moonhoax – die gefälschte Mondlandung – ist verbreitet wie nie zuvor.
Ein Beitrag von Felix Korsch.
Vor fast 35 Jahren fand im Rahmen des US-amerikanischen Apollo-Programms die erste bemannte Mondlandung statt – ein Triumph der Wissenschaft über alle Skeptiker, gleichzeitig die Entscheidung des Wettlaufs im All zu Gunsten der USA und der Beweis für die Überlegenheit des technischen Standes im Westen gegenüber dem Osten. Jener „one small step“ wurde zur Sternstunde der Raumfahrt im 20. Jahrhundert, die wenige Jahre zuvor nur unter großen Mühen kleine Kapseln samt eingezwängtem Raumfahrer für kurze Zeit in einen Erdorbit zu bringen vermochte und es den beiden Supermächten ermöglicht hätte, sich gegenseitig und den Rest des Erdballes durch Nuklearsprengköpfe auszulöschen.
Die Mondlandung war das Ergebnis nicht nur eines wissenschaftlichen, sondern auch eines politischen und nicht zuletzt auch militärischen Wettbewerbs im Zuge des Kalten Krieges. Der Triumph von Apollo 11 wurde zum Sinnbild der Macht der „Stars and Stripes“ nicht nur auf der Erde, sondern nunmehr auch im All – nachdem man den Sputnik-Schock schmerzlich überwunden hatte und es zur historischen Tatsache wurde, dass der erste Mensch im All auf seinem Helm vier rote Buchstaben, CCCP, trug. Die Mondlandung war in dieser Hinsicht also auch ein Prestigeunternehmen, dazu geeignet, die eigene Dominanz im All endgültig zu sichern. Ein Traum ging seinerzeit in Erfüllung – die Utopie von Menschen auf einem fremden Himmelskörper. Unter enormen Kraftanstrengungen Natur wurde diese im Sommer 1969 Wirklichkeit.
Wo immer nun in transatlantischen Regionen Unglaubliches und Überwältigendes – nicht nur in positiver Hinsicht – geschieht, finden sich Zweifler, die – teils aus gesundem Misstrauen der Obrigkeit gegenüber, teils aus reiner technischer und wissenschaftlicher Unkenntnis, teils aber auch aus plumpem Antiamerikanismus – dann zu Forschern und Entdeckern werden, wenn sie auf diesem oder jenem Zeitzeugnis eine Ungereimtheit zu entdecken meinen. Dann wird aus Weltereignissen schnell eine Verschwörung von Regierung und Geheimdiensten. Welche Züge dies annehmen kann, wissen wir nicht erst seit dem 11. September 2001. Auf den Bestseller-Listen des Buchkonsums finden sich denn auch gleich eine ganze Hand voll Machwerke, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, eine US-Konspiration in einem widerlichen Massaker zu suchen und nachzuweisen.
Gleiches trifft auch auf das Kennedy-Attentat zu – und welches geradezu spektakuläre Ereignis der US-Geschichte wäre nicht besser geeignet, es in Frage zu stellen, als die Mondlandung? Spätestens, wenn die Medien mit Blick auf den Kalender feststellen, dass die Raumfahrtwelt ein großartiges Jubiläum zu begehen hat, werden abendfüllende Sendungen dem Publikum präsentieren, was es sehen will: eine Enthüllung, eine Sensation. Keine belegbare zwar, schon gar keine sachlich und objektiv recherchierte, aber eine, die sich – gewürzt mit etwas Effekthascherei und einfachen Lösungen für schwierige Sachverhalte – dem deutschen Publikum (und nicht nur dem) prima verkaufen lässt.
Das erstaunlicherweise überzeugendste Argument der Skeptiker ist der sowieso obligatorische Satz, sie verwetteten ihr Leben darauf, dass all dies nur eine Fälschung, eine Täuschung, eine Verschwörung, ein Komplott, eine riesige Lüge (Unzutreffendes bitte streichen) sein kann. Wie viele selbsternannte Aufklärer haben im Anbetracht der Tatsachen dann ihr Leben bereits verwirkt? Das soll nicht etwa bedeuten, dass es nicht legitim ist, auch allgemein angenommene Darstellungen anzuzweifeln und mit Hilfe des gesunden Menschenverstandes selbst nachzuforschen.
Was allen gängigen Verschwörungstheorien gleich und gemein ist – übrigens landeten die USA und die Sowjets bereits 1962 gemeinsam auf dem Mars, während der Kalte Krieg nur ein ablenkendes Possenspiel war („Third Alternative“-Theorie) – ist das Bestreben, nicht etwa die eigene Theorie durch Fakten belegen zu können, sondern den Zuschauern ein einfaches Weltbild zu präsentieren, das gegenüber den „offiziellen Darstellungen“ – auch eine beliebte Phrase der Verschwörungstheoretiker – durch mangelnde Sachkenntnis als stimmig und für jedermann begreifbar scheint. Erst recht gilt dies, wenn hierbei die stereotypen Ressentiments des Publikums sanft stimuliert werden.
Vielen Theorien zum 11. September ist zum Beispiel zu eigen, dass eine angebliche Absprache zwischen dem CIA und dem Mossad vorliege, die darauf hinziele, ein Attentat vorzutäuschen, um damit dieses oder jenes rechtfertigen oder „hinter den tränenden Augen der Weltöffentlichkeit“ initiieren zu können. Solche Theorien werden dann schnell zur Party einfacher Weltbilder und verkürzter Kritik, wenn nämlich gezeigt werden soll, dass hier lediglich das „Ostküstenkapital“ die Fäden in der Hand halte und überhaupt das Double Bush-Sharon – um dies alles mit der jüdischen Weltverschwörung zu dekorieren – an allem Schuld sei. Die Realität ist demnach ein durch und durch inszeniertes Bühnenstück. Diese Ansicht erlaubt es den Kritikern, grundsätzlich alles in Frage zu stellen – vor allem die wissenschaftlichen Tatsachen, die einem so unbeugsam im Wege stehen. Mit noch so kruden politischen Postulaten lässt sich allgemein einfacher um sich schlagen, als mit wissenschaftlich belegten Fakten.
An ein ähnliches Bühnenstück glaubt offenbar ein nicht unerheblicher Bestandteil der Deutschen, wenn es um die Mondlandung geht. Es ist natürlich klar, dass hier wieder die Geheimdienste die Hände im Spiel hatten, um den USA politische Vorteile und Prestige zu verschaffen. Ohne an dieser Stelle Pauschalurteile fällen zu wollen: der Großteil des medial verwöhnten Publikums kann sich natürlich vorstellen, wie eine Theatervorstellung von statten geht und wie man Bilder auf den heimischen Bildschirm projiziert. Kaum einer weiß aber, wie Raumfahrt „funktioniert“, geschweige denn kann sich vorstellen, wie Männer da oben auf dem Mond rumtanzen können. Diese Dimension entzieht sich dem Vorstellungsvermögen vieler.
Die Vorstellung, die Mondlandung habe in einer Halle in Area 51 stattgefunden, liegt da näher, als das Begreifen jener technischen Meisterleistungen, die hinter der wirklichen Raumfahrt stehen – erst recht, wenn man hier wiederum meinen könnte, die „Weltmacht USA“ enttarnt zu haben. Einige Menschen machen sich genau dies zur Lebensaufgabe (oder kommen „auf den Hund“, weil sich damit gutes Geld verdienen lässt). Ein wiederkehrender Name im deutschen Raum – auffälligerweise konzentriert sich die nicht-amerikanische Szene der Verschwörungstheoretiker in vielen Fällen auf die Bundesrepublik – ist zum Beispiel Gernot L. Geise.
Er präsentiert seine Ansichten – auch „Forschungsergebnisse“ genannt – auf einer eigenen Website. Natürlich widmet er sich nicht nur der Raumfahrt, auch wenn der Apollo-Hoax sein Steckenpferd ist, nein, er weiß zum Beispiel auch, dass auf dem Jupitermond Europa Pyramiden stehen, dass Urmenschen und Saurier gleichzeitig existierten, dass ein paar hundert Jahre unserer Zeitrechnung nie stattfanden, dass Riesen existier(t)en, das Römische Reich identisch mit dem Deutschen Kaiserreich war und im Mittelalter ein hochkomplexes Nachrichtensystem in Form von Kristallkugeln existierte. Oh, und wussten Sie, dass Herr Geise sich als Berater der NASA beworben hat? Er weiß nämlich, warum die Columbia-Crew sterben musste: weil sie nicht mal eben Zickzack zur ISS geflogen ist.
Der alte Mann mit Zottelhaaren und Brille weiß aber immerhin im Voraus gegen seine Kritiker weit auszuholen. Natürlich beweint er sich nicht selbst, nein; seine Kollegen, zum Beispiel 9/11-Theoretiker von Bülow, nimmt er in Schutz. Es handle sich um eine moderne Hexenjagd, unterstützt durch „Spielzeuge, genannt Händys, um über die überall installierten Sendeantennen u.a. ihre Gehirnfrequenzen beeinflussen zu können“ (Fehler im Original) oder aber auch „Fluorisierung der Zahncremes, wodurch als Langzeitwirkung Hirnerweichung hervorgerufen wird“. Soviel zum deutschen Opferkomplex.
Geise beschreibt seine Situation mit den Orwell’schen Zuständen („1984“): man dürfe keine Kritik äußern, die Medien machten sich zum Handlanger des lügenproduzierenden Staates („der Staat“ = „die USA“) und es werde einem letztlich sogar das Denken verboten. Wenn man sich eventuell doch ganz tollkühn in jenem Denken versuchen würde, kämen aber ganz sicher keine derartig laschen Argumentationsketten heraus – nicht im Zusammenhang mit 9/11 und auch nicht mit dem Apollo-Projekt. Aber ja: „Unliebsame Eigendenker werden heute verteufelt, wie es im Mittelalter üblich war.“ Seltsam, dass die Literatur zum Thema Verschwörungstheorien, die zu allem kritisch ist, außer sich selbst, trotzdem weit oben auf den Bestsellerlisten rangiert und laut Spiegel immerhin der überwiegende Teil der Deutschen die dort zusammengeschusterten Szenarien bejaht.
Vielleicht ist Herr Geise auch einfach nur etwas neidisch auf den Erfolg seiner Kollegen. Seine Handvoll Anti-Apollo-Traktate in Buchform laufen wahrscheinlich nicht so gut, zumal seine Mission bereits durch den Fakt beendet ist, dass die unter anderem durch ihn geäußerten Thesen längst auf fruchtbaren Boden fielen und nun zum medialen Auslatschen dienen. Seit Jahren machten sich raumfahrtinteressierte Menschen daran, allerhand Irrtümer in dieser Hinsicht auszuräumen, etwa, was den „fehlenden“ Krater unter den Apollo-Landemodulen angeht. Es ist durch eine einfache Suche im Netz sofort die Landesequenz der Mondmissionen in Erfahrung zu bringen – etwa, dass das Raumschiff nicht senkrecht von oben herabschwebt, dass das Treibwerk nicht bis zuletzt gezündet bleibt, dass dies schon gar nicht ausreicht, (Mond-) Gestein zum Schmelzen zu bringen. Und so weiter, und so fort.
Gleiches gilt für den Umstand, dass angeblich kein Staub aufgewirbelt wurde, weil – wie in vielen Bildern sichtbar – ja noch welcher daliegt. Man denke nach und stelle fest, dass aufgewirbelter Staub sich für gewöhnlich auch wieder legt. Noch solch ein Scheinargument für eine „offensichtliche Fälschung“ sind auch die angeblich in verschiedene Richtungen weisenden Schatten, Geise und anderen zu Folge zurückzuführen auf mehrere, natürlich künstliche Lichtquellen, da auf dem Mond nach „offizieller Darstellung“ nur die Sonne und nichts anderes geschienen hat. Lässt mich meine Schulphysik nicht gänzlich im Stich, dann bedeuten mehrere Lichtquellen aber auch mehrere Schatten für ein Objekt. Ein solches Bild konnte bis dato noch niemand hervorzaubern.
Aber mit der Physik ist das bekanntlich so eine Sache. Es wird etwa gefragt, warum im Schatten liegende Objekte hell erleuchtet sein können. Außer acht gelassen wird, dass sowohl der Oberflächenstaub wie auch die Raumanzüge der Raumfahrer selbst stark reflektieren und in vielen Bildern nicht der gesamte Astronaut oder die komplette Landefähre im Schatten steht. So werden dann noch viele weitere „ultimative Gegenbeweise“ vorgelegt: die Kamera etwa, die bei den extremen Temperaturen der Mondoberfläche gar nicht funktionieren könne, weil der Film schmelzen müsste. Müsste – denn wir wissen ja, dass es auf dem Mond keine Atmosphäre gibt (auch wenn da von vielen Seiten wieder etwas anderes behauptet wird) und demnach die Oberflächentemperatur ungleich einer etwaigen „Lufttemperatur“ ist. Haben sich die Astronauten etwa durch den superheißen oder eiseskalten Boden gewühlt?
Deshalb kamen die zwölf Apollo-Astronauten ja auch wohlbehalten und nicht als Brathähnchen zurück auf die Erde. Ihr Raumanzug schützte sie gegen Strahlung und extreme Temperaturen; per Bild dokumentierte Tests der NASA auf der Erde zeigten dies eindrucksvoll. Hier mag wiederum ein mangelndes technisches Verständnis vorliegen, wie denn bitteschön „ein so dünner Anzug“ solchen Umweltbedingungen standhalten kann. Auch zu diesem Thema existieren umfangreiche Texte in Büchern wie im Internet, welche auf die Beschaffenheit der Raumanzüge eingehen. Aber auch die Recherche wird so genannten Experten manchmal zu viel.
Zwar müssen auch die Apollo-Kritiker zugeben, dass die fehlenden Sterne auf den von der Mondoberfläche aus geschossenen Bildern absolut nichts aussagen – das erklärt uns gern und richtig jeder Hobbyfotograph. Dass beim Fotografieren aber auch perspektivische Effekte auftreten können – zum Beispiel, wenn es um das Thema Schatten geht – entzieht sich aber der Kenntnis einiger. Diese gelangt schon dann an ihr Ende, wenn man verlangt, keine Erdphysik eins zu eins auf die des Mondes mit verringerten Schwerkraft zu verlagern. Stichwort Mondrover: jedem Kritiker springen sofort Fahreigenschaften ins Auge, die es auf der Erde gar nicht geben kann. Erraten – wir sind auf dem Mond!
Noch ein Häppchen Skepsisbrei zum Schluss unseres Streifzuges durch Geises Geistes-Landschaft. Warum zeigt das Rückkehrmodul des Landeapparates keinen Abgasstrahl bei der Rückkehr in den Mondorbit? Warum ist das aber z.B. beim Space Shuttle sichtbar, wenn im Erdorbit die Triebwerke gezündet werden? Man ist versucht, den Bleistift zu nehmen und etwas in den Bildschirm einzuritzen. Dass in 300 Kilometern Höhe noch eine Restatmosphäre der Erde existiert, die es natürlich auf dem Mond nicht gibt, lernen manche Schüler – trotz schändlichem Bildungsabbau – heutzutage im Astronomie-Unterricht. Herr Geise weiß natürlich, dass es trotzdem eine Mondatmosphäre geben muss – sonst ist seine Theorie ja schon wieder hinfällig. Damit hätte dann ein Abgasstrahl gut sichtbar sein müssen, ergo ist alles ein großer Fake. Was sonst.
Der Rest seiner Konstrukte – geschenkt. Dass die US-Fahne nicht wirklich weht, sondern von einem Metalldraht in Form gehalten wird, der selbst aber auch nur der Schwerkraft folgt, wenn etwa der Fahnenmast schief in den Boden gerammt wird, wissen Sie, geneigter Leser, hoffentlich.
Dass nun der Mangel an Atmosphäre eine große Tiefenschärfe auf den Bildern erzeugt, die uns nicht auf den ersten Blick erahnen lässt, ob es sich bei dem Hügel im Hintergrund um selbigen oder ein hohes Gebirge oder einen Kraterrand im Abstand von vielen Kilometern handelt und wir demnach nicht bestimmen können, in welcher Entfernung sich der Betrachter befindet, leuchtet auch ein. Dann solle es vernunftbegabten Menschen auch logisch erscheinen, dass natürlich mehrere Bilder den gleichen Hintergrund haben können, wie es Herr Geise im Falle von Apollo 17 löblich entdeckt hat. Wenn nun ein Bild die Landefähre zeigt, ein anderes nicht, und beide den selben Hintergrund aufweisen, dann liegt das daran, dass die Astronauten einmal vor und einmal hinter ihrem Gefährt auf den Auslöser gedrückt haben, uns das aber relativ zum übermächtigen und relativ weit entfernten Gebirge im Hintergrund gar nicht auffällt. Sollte Herr Geise jemals die Alpen bereisen, wird er dort ganz ähnliches beobachten können (nur ohne Astronauten).
So schnell wird aus felsenfesten Erkenntnissen Marke Eigenbau bröckliger Mondstaub (der übrigens in Wirklichkeit aus der Antarktis stammt, und nicht von unserem Trabanten). Angebliche Beweise in Form von Mondfotos sind winzig kleine JPEG-Bilder, deren fehlgedeutete Artefakte das Ergebnis einer Komprimierung und nicht einer Fälschung der Mondlandung ist. Auf den NASA-Servern liegen die Originale, die übrigens zum Teil gar nicht die Unregelmäßigkeiten aufweisen, die uns hier als „Beweise“ präsentiert werden. Ein Schelm, wer böses dabei denkt – dabei hat Herr Geise eigenen Angaben zu Folge tausende Bilder selbst systematisch untersucht.
Immerhin sind solche „Beweise“ noch aussagekräftig genug, um in Form von Zeitungsartikeln und TV-Dokumentationen – insofern man von Dokumentationen sprechen kann – Gehör und eine Möglichkeit der Verbreitung zu finden. Absolutes Negativbeispiel an dieser Stelle ist die „Akte Apollo“ von Willy Brunner und Gerhard Wisnewski. Bei letzterem handelt es sich übrigens um einen Berufs-„Skeptiker“, der uns gleichzeitig in einem Buch zum 11. September erklärt, dass sich unter den Opfern des Anschlages erstaunlich wenige Juden befanden (was nicht stimmt, auch wenn das manche Ressentiments wieder gründlich befriedigt) und es weiterhin darauf hinauslaufen lässt, seine persönliche Abrechnung mit Amerika – warum auch immer – wider jegliche Fakten zu publizieren.
Seinen „investigativen“ Journalismus überträgt er auch in so genannte Dokumentation, natürlich mit dem „üblichen Verdächtigen“, Herrn Geise. Zu berichten gibt es denn auch nicht viel mehr, als bereits anderweitig sensationsträchtig und effektlüstern publiziert wurde. Andere Machwerke ziehen nach, etwa eine Fox-Produktion, die auch schon einige Male im deutschen TV zu sehen war. Dort erging vorsorglich folgende Warnung im Vorspann: „The following program deals with a controversial subject. The theories expressed are not the only possible explanation. Viewers are invited to make a judgement based on all available information.“
Würde denn nun tatsächlich all available information gegeneinander gehalten, wäre nichts an all dem auszusetzen. Ein gern vorgezeigtes Filmchen zeigt eine Roverfahrt auf dem Mond, welches, abgespielt bei doppelter Geschwindigkeit, der Aufnahme irdischer Bedingungen nahe kommt. Eine simple Fälschung? Nein. Analysen zum Beispiel des Verhaltens aufgewirbelten Staubs durch die Räder des Mondautos oder aber auch das berühmte Hammer- und Federexperiment von Dave Scott während der Mission Apollo 15 beweisen die Stimmigkeit der physikalischen Vorgänge, die nicht auf der Erde nachgestellt werden können, in jeder Hinsicht. Zum Nachrechnen sind sich einige scheinbar zu schade oder ihr Taschenrechner wurde vom CIA (damit hatten Sie, geneigter Leser, sicher gerechnet) gestohlen.
Insgesamt ist es eindeutig, dass die vielfach präsentierten „Beweise“ keine sind, dass die Argumentation von Leuten wie Gernot Geise physikalisch und logisch an vielen Punkten falsch sind (zum Beispiel zeichnete er in einige Bilder Hilfslinien ein, um zu zeigen, dass die Schatten nicht parallel sind; was nicht parallel ist, sind aber seine Hilfslinien, mit denen man allerhand Unsinn projizieren und suggerieren kann) und unterm Strich kein einziger handfester Beweis – noch nicht einmal ein Indiz – dafür existiert, dass die NASA die Mondlandung gefälscht hat. Umgekehrt lässt es die Geis’sche Argumentationskette zum Beispiel zu, jeden durchgeführten Raumflug in Frage zu stellen und mit verdrehten physikalischen Maßstäben als Fälschung bloßzustellen.
Vielleicht ist dieses pseudo-skeptische Verhalten auch viel allgemeiner als ein Capricorn-Effekt zu bezeichnen. Im US-Film „Capricorn One“ (im Deutschen „Unternehmen Capricorn“) fälscht die NASA tatsächlich eine Mission, in diesem Falle einen Marsflug. Interessanterweise in einer Halle in der Wüste Nevadas mit einem Modellraumschiff und all dem, was die Skeptiker seit jeher hinter dem real existierenden Apollo-Projekt vermuten. Die end- und arglosen Zweifler rennen damit einem Vorbild hinterher, das wiederum selbst ein Hollywood-Produkt ist und auf seine ganz eigene Weise demonstriert, was dahinterstehen könnte. Der Film wird damit im Grunde zu einer grotesken Karikatur der Moonhoax-Anhängerschaft.
Den Mond nunmehr kurzerhand in eine irdische (respektive amerikanische) Wüste zu verlagern, ist ein kleiner Schritt für einen Menschen und seinen Verstand. Wissenschaft und Technik begreifbar zu machen, stellt sich dagegen nur allzu oft als reichlich diffizil heraus. Der nächste Gang ist nicht der zur Fachbibliothek, sondern zum Spinnrad im eigenen Kopf. Ich denke, wir werden es auch beim fünfunddreißigsten Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung noch mit Verschwörungstheoretikern zu tun haben. Hoffentlich werden deren Argumente dabei nicht noch realitätsferner, denn diese Tendenz ist scheinbar direkt proportional zur Popularität von Verschwörungstheorien. „Skeptisch“ gebliebene Leserinnen und Leser seien getröstet: der Autor ist natürlich selbst Teil dieser Verschwörung.
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