Auf der Suche nach lebensfreundlichen Exoplaneten bündeln Forscher*innen aus Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den USA ihre Kräfte in einem wegweisenden Forschungsprojekt. Eine Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.
Quelle: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung 26. Oktober 2023.
26. Oktober 2023 – Eines der größten Hindernisse bei der Suche nach Exoplaneten, die der Erde ähneln, sind ihre Sterne. Helligkeit und Wellenlängen des Sternenlichts schwanken mitunter stark. Das macht es selbst modernsten Teleskopen schwer, darin Hinweise auf erdähnliche Planeten und ihre lebensfreundlichen Atmosphären zu entdecken. Das gemeinsame Forschungsprojekt REVEAL des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS), der University of St Andrews (Vereinigtes Königreich), des Massachusetts Institute of Technology (USA) und des Space Telescope Science Institute (USA) bringt nun führende Expert*innen für Exoplaneten und für stellare Aktivität zusammen, um dieses Problem zu überwinden. Ziel ist es zu entwirren, welche Spuren im Sternlicht auf einen lebensfreundlichen Exoplaneten deuten und welche Ausdruck des Sterns selbst sind. Der Europäische Forschungsrat (Englisch: European Research Council, ERC) fördert das Projekt in den nächsten sechs Jahren mit einem Synergy Grant. Auf lange Sicht kann REVEAL dazu beitragen, eine der ältesten Fragen der Menschheit zu beantworten: Sind wir allein im Universum?
Die Exoplaneten, die viele Forschende am meisten interessieren, sind am schwersten zu finden. Gesteinsplaneten außerhalb unseres Sonnensystems, die der Erde gleichen und zudem möglicherweise lebensfreundliche Umweltbedingungen aufweisen, sind im Vergleich zu den meisten bekannten Exoplaneten von eher bescheidener Größe – und somit deutlich schwerer aufzuspüren. Zwar ist es in den vergangenen Jahrzehnten modernen Teleskopen auf der Erde und im Weltraum zunehmend gelungen, auch kleinere Planeten zu entdecken. Doch seit einigen Jahren stockt diese Entwicklung. Erdzwillinge, die um sonnenähnliche Sterne kreisen, bleiben auch mit dem neusten Stand der Technik schwer zu fassen. Und nach Hinweisen auf Gase, die auf Leben hindeuten, in den Atmosphären der planetaren Winzlinge zu suchen, ist selbst mit dem im vergangenen Jahr in Betrieb genommenen James-Webb-Teleskop der NASA kaum möglich.
Der Hauptgrund für diese Schwierigkeiten liegt in der Natur der Sterne selbst. Wie auch die Sonne leuchten sie nicht immer gleich: Dunkle Flecken und helle Bereiche überziehen ihre Oberfläche mal mehr, mal weniger zahlreich; und auch das Muster, das aufsteigendes heißes Plasma aus dem Innern eines Sterns an seiner Oberfläche erzeugt, ist ständig in Bewegung. „Die Variabilität vieler sonnenähnlicher Sterne ist deutlich stärker als die der Sonne“, erklärt Dr. Alexander Shapiro vom MPS, einer der drei wissenschaftlichen Leiter von REVEAL. „Besonders im Fall kleiner, erdähnlicher Planeten überdeckt die stellare Aktivität die Spuren, die der Planet und seine Atmosphäre im Sternenlicht hinterlassen“, fügt er hinzu.
Um das Problem zu lösen, so der Ansatz von REVEAL, muss zunächst das Verhalten der Sterne genau verstanden werden. In einem ersten Schritt planen die Forscher*innen deshalb, die stellare Aktivität für eine große Vielfalt von Sternen zu modellieren und am Computer zu simulieren. In einem zweiten Schritt berechnen sie, wie sich diese Aktivität auf das Licht auswirkt, das Teleskope von diesen Sternen einfangen. Nur auf diese Weise ist es möglich, echte Messdaten zu verstehen und zu trennen, welche Spuren darin von Exoplaneten und ihren Atmosphären stammen und welche auf den Stern selbst zurückzuführen sind.
Um diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern, bringt REVEAL führende Expert*innen sowohl aus dem Bereich der stellaren Aktivität als auch aus der Exoplanetenforschung zusammen. Während sich die Forschergruppe um Prof. Dr. Andrew Collier Cameron von der University of St Andrews mit dem Aufspüren und Charakterisieren von Exoplaneten mit Hilfe erdgebundener Spektrometer beschäftigt, sucht die Gruppe um Prof. Dr. Sara Seager vom Massachusetts Institut of Technology in den USA nach Hinweisen auf lebensfreundliche Atmosphären in Messdaten des James-Webb-Teleskops der NASA. Für die stellaren Simulationen mit Hilfe komplexer magnetohydrodynamischer Modelle ist die Arbeitsgruppe von Dr. Alexander Shapiro am MPS verantwortlich. Zusätzliche Erfahrung mit der Beobachtung stellarer Aktivität bringt die Partnergruppe um Dr. Jeff Valenti vom Space Telescope Science Institute in den USA ein.
„Nur durch die gemeinsame Expertise von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen der stellaren Physik und der Exoplanetenphysik können wir dem Ziel näherkommen, endlich eine der aufregendsten Suchen der modernen Astronomie abzuschließen – der Suche nach bewohnbaren Welten außerhalb unseres Sonnensystems“, so Dr. Alexander Shapiro.
Der ERC unterstützt das Projekt REVEAL (Revealing Signatures of Habitable Worlds Hidden by Stellar Activity) in den nächsten sechs Jahren mit fast 9,5 Millionen Euro im Rahmen eines ERC Synergy Grants. Die ERC Synergy Grants sind besonders ambitionierten Forschungsprojekten vorbehalten, die so umfangreich sind und so vielfältiges Fachwissen erfordern, dass sie nicht von einer einzelnen Forschungsgruppe bearbeitet werden können. Von insgesamt 395 Bewerbungen wurden in der aktuellen Förderrunde nur 37 Projekte zur Förderung ausgewählt.
Das MPS erhält bereits zum zweiten Mal einen ERC Synergy Grant. 2018 förderte der ERC auf diese Weise das Projekt WHOLESUN, das dem Ursprung der magnetischen Aktivität der Sonne nachgeht. Auch für Dr. Alexander Shapiro vom MPS ist dies bereits das zweite Mal, dass er mit einem Grant des ERC ausgezeichnet wird. Im Jahr 2017 erhielt er einen ERC Starting Grant, um Helligkeitsschwankungen der Sonne und von Sternen zu untersuchen.
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