Die in Florida erscheinende Zeitung Orlando Sentinel hat Einblick in NASA-Unterlagen nehmen können, die eine Übersicht über die Pläne der Raumfahrtbehörde für bemannte Mond- und Marsmissionen geben.
Ein Beitrag von Gero Schmidt. Quelle: Orlando Sentinel. Vertont von Dominik Mayer.
Es handelt sich bei diesen Dokumenten um interne Berichte, die die Ergebnisse der so genannten Exploration Systems Architecture Study (ESAS) darlegen. Die ESAS wurde im April von Michael Griffin initiiert, nur wenige Tage nachdem er seinen Posten als neuer NASA-Chef angetreten hatte. Mit dieser Studie soll der langfristige Kurs der NASA vorgezeichnet werden. Ursprünglich sollten die Ergebnisse bereits im Juli vorliegen und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Es ist aber zu Verzögerungen gekommen; angeblich werden immer noch Änderungen vorgenommen und eine Veröffentlichung der endgültigen Version wird nun nicht vor September erwartet. Deshalb könnte es auch noch kleinere Modifikationen der Pläne, die der Orlando Sentinel einsehen durfte, geben. Der grundlegende Plan steht aber fest und soll hier vorgestellt werden.
Der Missionsplan der NASA
Eine auf Basis des Space Shuttles entwickelte Schwerlastträgerrakete bringt die Mondlandefähre und die für den Einschuss auf eine translunare Flugbahn benötigte Raketenstufe (Earth Departure Stage – EDS) in einen Erdorbit. Die vierköpfige Besatzung fliegt separat mit dem Crew Exploration Vehicle (CEV), einem kleinen Crewtransporter, in die Umlaufbahn und dockt an die Mondfähre an. Das CEV wird an der Spitze eines einzelnen Shuttle-Feststoffboosters mit leistungsfähiger neuer Oberstufe starten; auch dies ein auf dem Space Shuttle basierendes Trägersystem.
Das aus Raketenstufe, Mondlander und CEV bestehende Gespann wird nun, durch Zündung der Raketenstufe, auf eine Bahn zum Mond geschossen. Die ausgebrannte Stufe wird danach abgestoßen. Im Mondorbit trennt sich der Lander vom CEV und die vier Astronauten landen damit auf dem Mond. Nach einem einwöchigen Aufenthalt auf der Oberfläche startet die Crew mit der Oberstufe der Mondfähre zurück in die Umlaufbahn, steigt dort in das CEV um, stößt die Aufstiegsstufe des Landers ab und beginnt den Rückflug zur Erde.
Das CEV besteht aus einem Servicemodul und einer Crewkapsel, der Aufbau ist also dem Apollo-Raumschiff ähnlich. Vor der Landung auf der Erde wird das Servicemodul abgetrennt. Die Crewkapsel landet an Fallschirmen im Westen der USA, im Notfall ist auch eine Wasserung möglich.
Nach derzeitigen Planungen sollen pro Jahr mindestens zwei solcher Missionen durchgeführt werden, die erste Landung soll 2018 stattfinden.
Apollo 2.0?
Jedem Raumfahrt-Interessierten, der sich etwas mit dem Apollo-Programm beschäftigt hat, werden die Ähnlichkeiten des neuen Plans mit den Mondflügen vor über dreißig Jahren ins Auge fallen. Die NASA setzt erneut auf ein Rendezvous im Mondorbit, erneut wird der Mondlander aus einer Aufstiegs- und einer Abstiegsstufe bestehen, erneut wird es ein Orbitalmodul geben, das sich aus einer Crewkapsel und einem Servicemodul zusammensetzt, und erneut wird die Ausrüstung nicht wiederverwendbar sein.
Ein neues Element in der Missionsarchitektur ist der Zusammenbau des Mondraumschiffs (bestehend aus EDS, Mondlander und CEV) im Erdorbit: Bei Apollo wurde alles mit einem einzigen Start der mächtigen Saturn V in den Weltraum gebracht.
Anders als bei Apollo jedoch ist das erklärte Ziel des neuen Plans der Aufbau einer Mondbasis, wahrscheinlich am Südpol des Mondes, weil dort Wassereis vermutet wird. Dieses könnte nutzbar gemacht werden, beispielsweise um daraus Treibstoff (Wasserstoff und Sauerstoff) zu gewinnen.
Fernziel Mars
Auch für bemannte Marsmissionen hat man bei der NASA schon Pläne geschmiedet. Derzeit sieht es so aus, als wolle man sich an dem von Robert Zubrin entwickelten Mars Direct – Missionsplan orientieren.
Für jede Marsmission bräuchte es vier oder fünf Starts des Schwerlastträgers. Die Crew würde erst zum Mars aufbrechen, wenn ein Großteil der Ausrüstung wie Wohnmodul, Rückkehr-Vehikel und Energieversorgung bereits vor Ort ist. Der Hin-und Rückfug würde jeweils sechs Monate dauern, der Aufenthalt auf dem Mars etwa 500 Tage. Man würde sich die Ressourcen des Mars, insbesondere seine Atmosphäre, zunutze machen, um daraus Treibstoff zu gewinnen.
Da konkrete Arbeiten für ein solches Unterfangen aber erst 2020, nach der Rückkehr zum Mond, beginnen sollen, ist natürlich schwer abzusehen, inwieweit die Planungen von heute dann noch relevant sein werden.