Möglicher Exoplanet in Bulge der Milchstraße entdeckt

Ein internationales Astronomenteam hat mit Hilfe des so genannten gravitativen Microlensing möglicherweise den ersten Exoplaneten um einen Stern entdeckt, der nicht in einem der Spiralarme unserer Galaxis seine Bahnen zieht, sondern in dem galaktischen Bulge – der Verdickung im Zentrum der Milchstraße.

Ein Beitrag von Timo Lange. Quelle: arXiv:0908.0529.

Die mögliche Entdeckung hat wichtige Implikationen für die Verteilung von Planeten in unserer Galaxie. Das Weltraumteleskop Hubble könnten helfen, die Beobachtung zu bestätigen.
Der vermutete Planet befindet sich in einer Entfernung von mindestens 20.000 Lichtjahren und gehört damit zu den am weitesten entfernten bekannten Planetenkandidaten. Er erhielt seinen klangvollen Namen MOA-2008-BLG-310-L b nach dem Microlensing-Ereignis, durch das seine Existenz bekannt wurde. Es handelt es sich erst um den neunten Planeten, der auf diese Weise entdeckt werden konnte.

Am 6. Juli 2009 wurde das Microlensing-Ereignis durch die japanisch-neuseeländische Microlensing Oberservation in Astrophysics-Kollaboration (MOA) aufgefangen, woraufhin diese zwei Tage später, 12 Stunden vor dem Höhepunkt des Ereignisses, einen Alarm auslöste. Daraufhin begann das internationale Microlensing Follow Up-Netzwerk (μFUN) drei Stunden später intensive Beobachtungen. Insgesamt waren sechs Observatorien an den Folgebeobachtungen beteiligt, wobei es aber nur der μFUN-Station in Bronberg, Südafrika, aufgrund der günstigen Beobachtungsposition gelang, den Höhepunkt des Ereignisses aufzuzeichnen.

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Position des neuen Exoplaneten relativ zur Sonne.
(Bild: NASA, Planetenposition: Raumfahrer.net)

Ein Microlensing-Ereignis entsteht, wenn ein Stern vor einer sehr weit entfernten Lichtquelle entlangläuft, genau in dem Moment, in dem beide Objekte von der Erde aus auf einer Linie liegen. Dabei wird das Licht durch die Schwerkraft des näher gelegenen Sterns oder Sonnensystems ungefähr wie bei einer optischen Linse abgelenkt. Durch den Linseneffekt wird das Licht der Hintergrundquelle deutlich verstärkt. Da die Vordergrundmasse vor der Lichtquelle im Hintergrund entlangläuft, lässt sich der zeitliche Verlauf der Lichtverstärkung in einer Lichtkurve darstellen. Durch eine Analyse dieser Lichtkurve ist es möglich, darauf zu schließen, ob die Linse aus einem oder mehreren Massepunkten besteht. Ist nur eine Linsenmasse erkennbar, handelt es sich um einen Stern ohne Planeten. Sind zwei Massen erkennbar, lässt sich aus den Daten sogar das Verhältnis dieser beiden Massen bestimmen. Kennt man aufgrund einiger wohlbegründeter Vermutungen über die Eigenschaften des Sterns bestimmte Maßzahlen, lässt sich dessen Masse abschätzen. Zusammen mit der Information über das Massenverhältnis ist es so möglich, zwischen einem Binärsystem und der Anwesenheit eines Planeten zu unterscheiden.

Im Fall von MOA-2008-BLG-310-L b stimmt eine Masse von rund 75 Erdmassen am besten mit den zugrunde gelegten Modellen und der Lichtkurve überein. Unter Berücksichtung weiterer Annahmen beträgt der Abstand zum Stern 1,25 Astronomische Einheiten (1 AE = 150 Millionen Kilometer), was ihn direkt auf der Schneegrenze des dortigen Sonnensystems platzieren würde.

Bestätigung durch Hubble?
Aufgrund der meist großen Entfernung bei Planeten, die durch Mircolensing entdeckt werden, ist eine erdbasierte Folgebeobachtung zur Bestätigung der Daten nicht möglich. Mircolensing-Planeten bleiben daher für die absehbare Zukunft eher unsichere Planetenkandidaten. Auch weitere interessante Daten, wie der Durchmesser des Planeten oder die Exzentrizität seiner Orbitalbahn lassen sich nicht bestimmen. Zumindest eine Bestätigung der vorliegenden Daten könnte aber in diesem Fall durch den Einsatz des kürzlich aufgerüsteten Hubble-Weltraumteleskops erfolgen.

Bereits zum Einsatz kam das mit einer neuartigen adaptiven Optik ausgestattete Instrument NaCo des europäischen Very Large Telescope (VLT). Mit NaCo konnte eine weitere durch die Linse beinflusste Lichtquelle ausgemacht werden, welche scheinbar nur 130 Millibogensekunden neben der Hintergrundquelle liegt. Dieses Licht stammt wahrscheinlich von dem Linsensystem selbst, möglicherweise aber auch von einem Begleiter der Hintergrundquelle oder von einem anderen, zufälligen, nicht-assoziierten Stern. Nur wenn das zusätzliche Licht nicht von einer weiteren Quelle stammt, stimmen jedoch die von den Wissenschaftlern angegebenen Daten über den Stern und den Planeten. Hubble wäre in der Lage zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu unterscheiden und könnte auf diese Weise die Daten bestätigen. Allerdings müsste ein Hubble-Einsatz sehr schnell erfolgen, da die Hintergrundquelle mit einer relativen Geschwindigkeit von 5 Millibogensekunden pro Jahr weiterwandert und somit bald kein Microlensing mehr stattfinden wird.

Sollte sich die Existenz von MOA-2008-BLG-310 L b bestätigen, wäre dies ein starker Hinweis darauf, dass auch in der Zentralregion unserer Galaxie Planeten nicht selten vorkommen.

Raumcon:

Quelle (pdf):

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