Russland und Europa könnten eine Kooperation starten, um gemeinsam die nächste Generation eines wieder verwendbaren, bemannten Raumgleiters zu bauen.
Ein Beitrag von Andreas Tramposch. Quelle: IEEE Spectrum.
Russland, ermutigt durch die voraussichtliche Unterstützung der europäischen Partner, kam im Juni mit einer verbesserten Version der Raumfähre Kliper zur Luftfahrtmesse nach Le Bourget, Frankreich. Anstatt wie früher geplant eine flügellose Raumfähre zu konstruieren, bevorzugt nun die RKK (S.P. Korolev Rocket and Space Corp.) Energia die Version eines Minishuttles mit Pfeilflügeln. Diese Raumfähre besitzt die doppelte Fracht- und Crewkapazität wie die Sojus-Kapseln, die mehr als vier Jahrzehnte als Transport- und Versorgungsschiff zur MIR oder zur ISS (International Space Station) dienten. „Heute sehen wir die Version mit Flügeln als viel versprechender, weil Kliper an jedem Klasse I Flughafen mit einer Pistenlänge von 2.5 bis 3.5 Kilometer landen kann,“ sagt Alexander Safonov, stellvertretender Geschäftsführer von Energia. Die Flügel verleihen der Raumfähre die nötige Beweglichkeit um beim Wiedereintrittspunkt in die Erdatmosphäre der Raumfähre eine Manövrierfähigkeit von 1500 Kilometer zu ermöglichen.
Die Hauptaufgabe der Raumfähre Kliper wird es sein, nach der Ausmusterung der amerikanischen Space Shuttles eine effektive Versorgung zur ISS sicherzustellen. Für die ESA könnte sich diese Kooperation besonders bezüglich der Versorgungs- und Transportmöglichkeit zur ISS rentieren. Nachdem die ESA mehr als zwei Jahrzehnte in die Konstruktion eines eigenen Weltraumlabors investiert hat und dieses nun kurz vor dem Start steht, kommt der ESA die Raumfähre Kliper gerade zur rechten Zeit um zusätzlich zu Jules Verne, dem europäischen Versorgungsschiff, eine höher frequentierte Frachtzufuhr zur ISS zu realisieren. Zusätzlich könnte sich durch Kliper das Manko von Jules Verne, keine Fracht von der Station zur Erde zurückzubringen, besonders nach der Ausmusterung der Space Shuttles, als sehr nützlich erweisen. Aber auch Russland würde enorm durch diese russisch-europäische Zusammenarbeit profitieren. Aufgrund der geographischen Lage hat Russland in der gesamten Weltraumgeschichte hohe Strafen bezüglich des Nutzlastgewichtes zahlen müssen. Da die Weltraumbahnhöfe Baikonur oder Plesetsk beide sehr weit vom Äquator entfernt sind benötigten die Raketen bis jetzt eine höhere Leistung um der Erdgravitation zu entkommen als zum Beispiel die Amerikaner, die mit Cape Canaveral näher am Äquator liegen. Energia hat neben dem Plan künftig Kliper an der Spitze einer Zenit Trägerrakete von einer schwimmenden Plattform im Pazifik in Äquatornähe zu starten nun eine neue Option gewonnen. Durch eine Aufrüstung der Sojus-Rakete könnte dann Kliper auch von dem europäischen Weltraumbahnhof in Korou, Französisch Guyana starten, welcher von allen Weltraumbahnhöfen die besten Startbedingungen aufweist. Innerhalb der nächsten 30 Monate sollte die dafür notwendige Startrampe in Korou fertig gestellt sein.
Während die Kooperation zwischen Europa und Russland floriert, schaut es mit der Zusammenarbeit zwischen Russland und Amerika eher düster aus. Der Kongress verbot der NASA im Jahr 2000 aufgrund der russischen Nuklearkooperation mit dem Iran endgültig den Zukauf russischer Hardware. Das hatte wiederum zur Folge, dass der Bau des CEV (Crew Exploration Vehicle), das Astronauten zum Mond und Mars bringen soll, von der NASA ohne Zusammenarbeit mit Russland stattfindet.
Die neue russisch-europäische Weltraumallianz könnte sich dagegen aber als intelligente Kooperation erweisen.