Am vergangenen Wochenende fand der 4. Mitteldeutsche Raumcon-Stammtisch statt, diesmal in Morgenröthe-Rautenkranz und mit Beteiligung zweier echter Raumfahrer: Sigmund Jähn und Roman Romanjenko.
Ein Beitrag von Günther Glatzel.
Der vierte Mitteldeutsche Raumcon-Stammtisch mit Rahmenprogramm fand am 16. Oktober 2010 in Morgenröthe-Rautenkranz statt. Insgesamt waren 16 angemeldete Raumconler aus allen Himmelsrichtungen und zwei Gäste dabei. Viele waren bereits am Freitag angereist und verbrachten eine mehr oder weniger kurze Nacht in der Pension Zöbischhaus in Bad Reiboldsgrün.
Am Samstag trafen wir uns dann komplett in der Frischhütte zum Mittagessen. Anschließend besuchten wir die Deutsche Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz und bekamen hier von deren Leiterin Romy Mothes eine kurze Einführung. Außer einem Film über die Anfangszeit der ISS und vielen Exponaten aus den vergangenen Jahrzehnten konnten wir auch ein vereinfachtes Trainingsmodul der Mir von innen erkunden und in einer nachgestellten Sojus-Kommandokapsel einen Kopplungssimulator testen. Naja, eigentlich testete das Simulationsprogramm Genauigkeit und Geschicklichkeit der „Piloten“ aus unseren Reihen.
Danach gingen wir in die alte Schule und trafen im ehemaligen Lehrerzimmer die Kosmonauten Sigmund Jähn (Sojus 31/Salut 6/Sojus 29) und Roman Romanjenko (Sojus-TMA 15/ISS-Expedition 20/21) sowie verschiedene weitere Personen, die eng mit der deutschen und internationalen Raumfahrt verbunden sind. Die Stars waren natürlich Sigmund und Roman, die uns viel über die sowjetisch/russische Raumfahrt, Prozeduren bei einem Sojus-Flug sowie den Aufenthalt in einer Raumstation und manches andere erzählen konnten.
Beispielsweise erfuhren wir viel über die Landeprozedur einer Sojus-Kapsel. So ist eine Landung innerhalb einer Stunde möglich. Normalerweise lässt man sich aber etwa 3 Stunden Zeit. Zum Einleiten des Landevorgangs existiert ein automatisches System. Nach dem Bremsimpuls beginnt ein scharfer Abstieg, bei dem zuerst die drei Teile des Raumschiffs pyrotechnisch voneinander getrennt und in verschiedene Richtungen gelenkt werden. Einzig die Kommandokapsel ist gegen die Hitze geschützt und übersteht den Abstieg relativ unbeschadet. Dabei hört man intensiv alle auftretenden Geräusche, von den Zündungen der Sprengbolzen über die Geräusche der laufenden Aggregate, das Pfeifen der verwirbelten Luft und Stoßwellen, die während der ersten Phase mehrfach auftreten.
Beim Ausstoß der Fallschirme gibt es einen ordentlichen Ruck und die Kapsel pendelt mehrfach heftig hin und her. In dieser Phase sind die Raumfahrer ganz fest angeschnallt, was auch für die Landung wichtig ist. Hier sorgen Bremstriebwerke und ein „Luftkissen“ unter dem Sitz dafür, dass diese für die Raumfahrer nicht zu hart erfolgt.
Auch die Modalitäten der Landung wurden thematisiert. So sind sowohl die ballistische als auch die aerodynamisch gesteuerte Landung normale Landeverfahren, wobei die ballistische, bei der sich die Landekapsel nicht auf einem Gleitpfad befindet, stärkere g-Belastungen hervorruft. Während des Fallschirmfluges wird dann das Hitzeschild abgeworfen, so dass die Landetriebwerke unmittelbar vor dem Aufsetzen ihre Wirkung entfalten können (weiche Landung). Es ist aber auch eine Landung mit Hitzeschild und ohne Einsatz der Bremstriebwerke machbar (harte Landung). Dementsprechend auch warten mehrere Bergungsteams an verschiedenen Stellen der Rückkehrbahn.
Weitere Themen waren u. a. das neue Kosmodrom Wostotschni, dessen Landezone, die Steuerung des geplanten neuen Raumschiffs während der Landung, die Beziehungen der deutschen und russischen Raumfahrer zu ihren internationalen Kollegen und Betreuern. Schwer beschreiben kann man natürlich die persönlichen Bemerkungen, welche die beiden Raumfahrer zur Beschreibung ihrer Erlebnisse verwendeten und die Spannung, die während der Ausführungen im Raum herrschten. Dies vor allem macht das bleibende Erlebnis für die anwesenden Teilnehmer aus.
Leider war die reichliche Stunde viel zu schnell vorbei. Wir danken den beiden Raumfahrern sowie den Organisatoren sowie dem Journalisten und Übersetzer Gerhard Kowalski von ganzem Herzen.
Anschließend nahmen wir im Foyer der Raumfahrtausstellung noch an einer nicht-öffentlichen Veranstaltung teil, bei der Roman etwas ausführlicher von seiner Mission im letzten Jahr berichtete. Wir danken auf diesem Wege auch dem Team der Deutschen Raumfahrtausstellung Morgenröthe-Rautenkranz, das uns diese Gelegenheit gab.
Den Abschluss bildete der eigentliche Stammtisch im Restaurant Zöbischhaus, bei dem es wieder kreuz und quer durch viele Raumfahrt- und Astronomiethemen ging und natürlich auch die Erlebnisse des Tages eine große Rolle spielten.
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