Der eigentlich agile kommerzielle Erdbeobachter WorldView 4 hat offenbar ein massives Problem mit seinen Stellkreiseln. Der Fehler wird noch untersucht, Maxar, der Betreiber des Satelliten rechnet aber damit, den Satelliten nicht mehr sinnvoll einsetzen zu können.
Ein Beitrag von Axel Nantes; Quelle: DigitalGlobe, Lockheed Martin, Maxar.
WorldView 4, gebaut von Lockheed Martin, kreist erst seit dem 11. November 2016 um die Erde. Beim Entwurf des auf dem Bus LM-900 basierenden und mit Stellkreiseln (control moment gyros, CMGs) von Honeywell ausgerüsteten Raumfahrzeugs war eine Auslegungsbetriebsdauer von sieben Jahren zu Grunde gelegt worden.
Die GeoEye Inc. hatte den Satelliten im Jahr 2010 als GeoEye 2 bei Lockheed Martin bestellt. Nach dem Zusammenschluss der GeoEye Inc. mit DigitalGlobe im Jahre 2013 wurde das Raumfahrzeug zunächst eingelagert, bevor es schließlich Ende 2016 für DigitalGlobe in den Weltraum transportiert wurde. Der Technologiekonzern Maxar, in dem DigitalGlobe zwischenzeitlich aufging, meldete am 7. Januar 2019 nach nur rund zwei Jahren Einsatz, wegen des Verlustes der Stabilisierungsmöglichkeit um eine seiner Achsen könne man Worldview 4 nicht mehr zur Erdbeobachtung einzusetzen.
Maxar berichtete außerdem, es sei bereits versucht worden, das Problem an Bord von WorldView 4 zu lösen. Die entsprechenden Versuche hätten bislang jedoch keinen Erfolg gezeitigt. Man denke, dass man den Satelliten wahrscheinlich nicht mehr in Betrieb nehmen könnte und erwarte nicht, dass er noch einmal im Stande sein wird, brauchbares Bildmaterial zu liefern. Zentrale Eigenschaft des Satelliten war, unter Zuhilfenahme seiner CMGs mit ihren schwenkbaren Rotationsachsen zügige Änderungen seiner Ausrichtung beim Wechsel von Beobachtungszielen am Boden ausführen zu können.
Der in einen Sicherheitsmodus mit einem Zustand eingeschränkter Aktivität und definiertem Kommunikationsverhalten versetzte Satellit ist nach Angaben von Maxar unter regelmäßiger Beobachtung. WorldView 4 hatte eine Startmasse von rund 2.087 Kilogramm. Sein Durchmesser liegt bei rund 2,5 Metern, seine Bauhöhe beträgt rund 5,3 Meter. Seine fünf Solarzellenausleger haben Abmessungen von jeweils 1,17 auf 2,01 Meter und geben dem Satelliten eine Spannweite von etwa 7,9 Metern.
Ob es gelingt, ein Deorbiting des Satelliten durchzuführen, wie es die Planungen für eine reguläre Außerbetriebsetzung vorsahen, bleibt abzuwarten. Der Treibstoff für die kleinen Lagekorrektur- und Bahnanpassungstriebwerke an Bord – zwölf jeweils einen Newton starke Einstofftriebwerke des Typs MR-106L von Aerojet Rocketdyne, in denen Hydrazin katalytisch zersetzt wird – war für zehn Jahre Beobachtungsbetrieb bemessen worden. Über genug Treibstoff sollte der Satellit also verfügen.
Der Gründer und technische Leiter des Satellitennutzers DigitalGlobe, Dr. Walter Scott, schrieb in einem Firmenblog zum regulären Betriebsende von WorldView 4, dass Satellitencontroller den Satelliten außer Betrieb nehmen würden, wenn der Satellit das Ende seiner Lebensdauer erreiche und der Treibstoff zur Neige gehe. Der restliche Treibstoff werde dann verwendet, um die Flugbahn bis zu einem Punkt abzusenken, an dem der Satellit wieder in die Erdatmosphäre eintrete und dabei zerstört werde.
Versichert ist WorldView 4 mit 183 Millionen US-Dollar. Maxar teilte mit, man werde entsprechend der Regularien der abgeschlossenen Police die gesamte Versicherungssumme für den Verlust beanspruchen. Den Buchwert des Satelliten und für seinen Betrieb erforderlichen Inventars beziffert Maxar auf 155 Millionen US-Dollar. Für das Finanzjahr 2018 nennt Maxar Einnahmen von rund 85 Millionen US-Dollar, die man durch den Einsatz des Satelliten realisieren konnte.
WorldView 4 alias GeoEye 2 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 41.848 und als COSPAR-Objekt 2016-067A. Derzeit bewegt er sich auf einer 97,9 Grad gegen den Erdäquator geneigten Bahn in Höhen zwischen 615 und 626 Kilometern um die Erde und braucht dabei für einen Umlauf rund 97 Minuten.
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