MetOp endlich im Orbit

Seit nunmehr 28 Jahren senden die wohlbekannten europäischen Meteosat-Wettersatelliten ihre Daten aus einer geostationären Umlaufbahn. Ab sofort erhalten sie Unterstützung von MetOp, dem ersten Exemplar einer ganz neuen Baureihe von Wettersatelliten.

Ein Beitrag von Ingo Froeschmann. Quelle: ESA.

Die Sojus-2 mit dem Wettersatelliten MetOp A an Bord beim Start in Baikonur. (Bild: Starsem)

Die neue Generation von Wettersatelliten soll die Atmosphäre aus einer niedrigen, polaren Umlaufbahn von nahem unter die Lupe nehmen und die weltweiten Wettervorhersagen und unser Verständnis vom Klimawandel verbessern.

MetOp-A wurde als erster von insgesamt drei Satelliten im Rahmen eines Gemeinschaftsprogramms der ESA und der Europäischen Organisation für die Nutzung von meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) entwickelt und an Bord eines russischen Sojus-2/Fregat-Trägers, der von dem europäisch-russischen Unternehmen Starsem betrieben wird, erfolgreich von Baikonur in Kasachstan aus gestartet.

Der zum ersten Mal eingesetzte Sojus-2-Träger startete mit seinem 4093 kg schweren Satelliten an Bord um 18.28 Uhr MESZ (16.28 Uhr GMT). Zum Einsatz kam hierbei auch eine neue Nutzlastverkleidung, die mit ihren 4,1 m Durchmesser in Form und Größe an die der Ariane-4 erinnert. Die Sojus-2, der jüngste Spross der bereits seit fast 50 Jahren bestehenden Semjorka-Trägerfamilie, soll ab 2008 von Französisch-Guayana aus gestartet werden.

Sojus-2-Start mit MetOp A. (Bild: Starsem)

Etwa 69 Minuten nach dem Start brachte die Fregat-Oberstufe den ersten MetOp-Satelliten 837 km hoch über den Kerguelen-Inseln im südlichen Indischen Ozean in seine kreisförmige Umlaufbahn. Auf dieser mit 98,7° leicht retrograden Bahn wird MetOp-A den Globus von Pol zu Pol umrunden und den Äquator dabei immer um dieselbe Ortszeit (9.30 Uhr) passieren. Von diesen so genannten „sonnensynchronen“ Umlaufbahnen aus kann praktisch jeder Punkt der Erdoberfläche bei ähnlichen Sonneneinstrahlungsbedingungen täglich überflogen werden.

Die Steuerung des Satelliten, dessen Solarpaneele mittlerweile entfaltet wurden, übernimmt vorerst das Europäische Raumflugkontrollzentrum der ESA (ESOC) in Darmstadt. In den nächsten Tagen stehen erste technische Kontrollen der Systeme und das Ausfahren der Antennen auf dem Programm. Die Übergabe an EUMETSAT, die die endgültige Einsatzerprobung und den Routinebetrieb des Satelliten übernehmen wird, ist für den 22. Oktober geplant.

MetOp-A ist Teil des Weltraumsegments des polaren EUMETSAT-Systems (EPS), dessen Umwelt- und atmosphärische Daten die vom Meteosat-System vom geostationären Orbit aus durchgeführten hemisphärischen Untersuchungen ergänzen sollen. Der Betrieb des EPS ist außerdem auf das polare Umweltsatellitensystem POES der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) abgestimmt: Während die NOAA-Satelliten die „Nachmittagsschicht“ fliegen werden (d. h. sie überqueren den Äquator nachmittags Ortszeit), sollen Europas MetOp-Satelliten den „Vormittagsdienst“ übernehmen.

Die bislang umfassendste Durchmusterung der Atmosphäre
Zur Durchführung seiner anspruchsvollen Aufgaben führt MetOp-A ein umfangreiches Nutzlastpaket zur Fernerkundung mit sich, das sowohl neue Instrumente aus Europa als auch altgediente Instrumente aus den USA umfasst, die denen der NOAA-Satelliten ähneln.

Das von der französischen Raumfahrtagentur CNES bereitgestellte Infrarot-Interferometer zur Untersuchung der Atmosphäre (IASI) wird mit seinen Messungen in mehr als 8000 Kanälen Temperatur- und Wasserdampfprofile mit bisher nicht erreichter Genauigkeit liefern, um so nummerische Wettervorhersagemodelle mit Daten zu versorgen. Vervollständigt werden diese Analysen durch die US-Instrumente und die Mikrowellen-Feuchtigkeitssonde MHS, ein Fünfkanal-Radiometer, das für EUMETSAT entwickelt wurde, jedoch auch auf Satelliten der NOAA zum Einsatz kommen soll.

MetOp-A wird auf den Start vorbereitet. (Bild: Starsem)

Bei dem gemeinsam von der ESA und EUMETSAT entwickelten Spektrometer GOME-2 handelt es sich um die neue, verbesserte Generation des bereits auf dem Satelliten ERS-2 verwendeten abtastenden Spektrometers. Es wurde zur Überwachung der Ozon- und Spurengaskonzentration in der Erdatmosphäre entworfen.

Ein ebenfalls in erheblichem Maße auf dem ERS-Programm basierendes ESA/EUMETSAT-Instrument ist das fortschrittliche Scatterometer (ASCAT). Dieses verbesserte C-Band-Radargerät soll Geschwindigkeit und Richtung der Winde an der Oberfläche der Ozeane messen, um nummerische Wettervorhersagemodelle mit Daten zu füttern und darüber hinaus nützliche Informationen über Eis, Schnee und Bodenfeuchtigkeit zu liefern.

Ein von der ESA und EUMETSAT neu entwickeltes Instrument ist der GNSS-Empfänger für die Sondierung der Atmosphäre (GRAS), der aus der Okkultierung von Satellitennavigationssignalen atmosphärische Temperatur- und Feuchtigkeitsprofile ableiten wird.

Zu den von der NOAA bereitgestellten Instrumenten gehören ein fortschrittliches, sehr hoch auflösendes Radiometer der dritten Generation (AVHRR-3) zur umfassenden Abbildung der Wolkendecke und der Ozean- und Landoberflächen, zwei fortschrittliche Mikrowellensonden mit 15 Kanälen (AMSU-A) zum Abtasten atmosphärischer Temperaturprofile und eine hoch auflösende Infrarotsonde der vierten Generation (HIRS), ein 20-Kanal-Pendant der Infrarotsonde IASI, das die Validierung der von dem europäischen Instrument gesammelten Daten unterstützen und später als Reserveinstrument dienen wird.

Darüber hinaus führt MetOp-A das vom CNES gelieferte fortschrittliche Datensammelsystem Argos zur Anpeilung von und Kommunikation mit festen oder mobilen automatischen Stationen, zwei von der kanadischen Raumfahrtagentur bzw. vom CNES bereitgestellte Such- und Rettungsgeräte zur Unterstützung des internationalen COSPAS-SARSAT-Netzes durch das Auffangen und die Weiterleitung von Notsignalen und ein von den USA geliefertes Gerät für die Überwachung der Weltraumumgebung (SEM-2), ein Spektrometer zur Beobachtung des Stroms geladener Teilchen im Weltraum, mit.

Erheblich verbesserte Wettervorhersagen
MetOp, der 1992 genehmigt wurde, ist wie Meteosat ein Wettersatellit. Der Beitrag der ESA zur Durchführung des Vorhabens erfolgt über die Erdüberwachungskomponente ihres Programms „Lebender Planet“. Die ESA ist für die Entwicklung und Beschaffung des Satelliten zuständig und hat aus diesem Grund einen großen Teil der Fertigung des ersten Flugmodells finanziert. EUMETSAT ist für das Betriebssystem verantwortlich und finanziert die Entwicklung des Bodensegments, die weiteren Satelliten, die Träger und den Betrieb.

MetOp-A über der Erde – künstlerische Darstellung. (Bild: ESA / AOES Medialab)

Bei einem Industriekonsortium unter der Leitung von EADS Astrium wurden drei Flugmodelle in Auftrag gegeben. Die in Toulouse integrierten Satelliten beruhen auf einer vom ESA-Satelliten Envisat und den französischen SPOT-5-Satelliten abgeleiteten Plattform und umfassen fortschrittliches Gerät zur Gewährleistung eines flexiblen Betriebs mit mehr als 36-stündiger Autonomie und einer Datenspeicherkapazität von 24 GBit.

Die MetOp-Satelliten werden die Erde 14 Mal pro Tag umkreisen und die erfassten Daten an die EPS-Kontroll- und Datenerfassungsbodenstation (CDA) in Svalbard im Norden Norwegens senden. Dank ihrer Position in 78° nördlicher Breite wird die CDA bei jedem MetOp-Überflug der Arktis für den Satelliten „sichtbar“ sein. Anschließend werden die MetOp-Daten an die EUMETSAT-Einrichtungen in Darmstadt zur Verarbeitung und Verteilung weitergeleitet. Zusätzlich werden bestimmte Daten des polaren Systems in Echtzeit an regionale meteorologische Organisationen gesandt, sobald sich der Satellit in Reichweite der entsprechenden Empfangsstationen befindet.

Mit seiner fortschrittlichen Nutzlast und Sendekapazität wird MetOp in der Lage sein, die Entstehung örtlicher meteorologischer Ereignisse wie etwa schwerer Gewitter, die vom geostationären Orbit aus nicht beobachtet werden können, frühzeitig zu erkennen. Damit wird der Satellit weitaus zeitigere Wetterwarnungen als heute ermöglichen.

„Ich gratuliere unseren Freuden und Partnern bei EUMETSAT, der NOAA, dem CNES, Starsem, der europäischen Raumfahrtindustrie und der internationalen Meteorologie zu diesem erfolgreichen Start“, erklärte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. „Wie die beiden Meteosat-Generationen ist dieses Programm mehr als nur eine Erfolgsstory der internationalen Zusammenarbeit: Es veranschaulicht auf ideale Art und Weise die unschätzbaren Vorteile, die die Raumfahrt allen Bürgern bringen kann.“

„Die von MetOp-A und seinen Nachfolgern erwarteten Daten werden unseren Kenntnissen über die Atmosphäre und das Klima der Erde eine neue Dimension verleihen. Sie werden nicht nur die Genauigkeit der Wettervorhersagen in Europa und weltweit um ein Vielfaches erhöhen, sondern auch die Wissenschaft in die Lage versetzen, komplexere Modelle des Klimas unseres Planeten zu entwickeln, um den laufenden Klimawandel besser zu verstehen und die internationale Umweltpolitik entsprechend zu beeinflussen.“

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