Merkwürdige Krater und Dünenfelder auf dem Mars

Die Berner Mars-Kamera CaSSIS an Bord der Raumsonde ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos hat neue, eindrückliche Bilder vom Mars geliefert. Diese liefern Hinweise auf Gasausbrüche in Dünenfeldern, Klimawandel und trockene Lawinen auf dem Mars. Eine Medienmitteilung der Universität Bern.

Quelle: Universität Bern.

ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO
Auftauende Dünen: Gasausbrüche beim Auftauen von Eis erzeugen die dunklen Stellen in diesem Dünenfeld am Nordpol auf dem Mars. Dünen gibt es auf dem Mars wie auf der Erde in verschiedenen charakteristischen Formen. Sie liefern Hinweise auf die vorherrschende Windrichtung und darauf, wie sich die Dünen entwickelt haben und wie Sedimente auf dem Mars transportiert werden.
(Bild: ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO)

16. September 2019 – ExoMars ist eine Weltraummission der Europäischen Weltraumorganisation ESA in Zusammenarbeit mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos. ExoMars steht für Exobiologie auf dem Mars: Erstmals seit den 1970er-Jahren wird wieder aktiv nach Leben auf dem Mars geforscht. Sogenannte Spurengase, einschließlich Methan und deren Quellen, werden vom ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) untersucht, während das ExoMars-Programm als Ganzes – der TGO in Kombination mit dem Rover «Rosalind Franklin», der nächstes Jahr starten wird – untersuchen wird, wie sich das Wasser und die geochemische Umgebung auf dem Mars im Laufe der Zeit verändert haben.

Das Colour and Stereo Surface Imaging System (CaSSIS) an Bord des TGO wurde von einem internationalen Team unter der Leitung von Nicolas Thomas vom Physikalischen Institut und dem Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern entwickelt. CaSSIS beobachtet seit April 2018 den Mars und liefert hochaufgelöste, farbige Bilder der Marsoberfläche.

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Dieser unbenannte Krater auf dem Mars ist mit Material von «faltigem» Aussehen gefüllt. Diese Textur impliziert in der Regel, dass das Material einmal hierhin geflossen ist und wahrscheinlich eine Mischung aus Gestein, Eis oder Frost und anderen Bodenablagerungen beinhaltet.
(Bild: ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO)

Heftige Gasausbrüche in Dünenfeldern
Unter den neusten Bildern von CaSSIS, die heute auch von der ESA veröffentlicht wurden, befindet sich eine Aufnahme von Dünenfeldern in der Nordpolregion des Mars. Dünen gibt es auf dem Mars wie auf der Erde in verschiedenen charakteristischen Formen. Sie liefern Hinweise auf die vorherrschende Windrichtung. «Die kontinuierliche Beobachtung der Dünen liefert Hinweise darauf, wie sich die Dünen entwickelt haben und wie Sedimente auf dem Mars transportiert werden», erklärt Nicolas Thomas.

Im Winter bedeckt eine dünne Schicht Kohlendioxid-Eis die Oberfläche der Polarregionen des Mars. Mit dem ersten Licht des Frühlings taut die Schicht auf. In den Dünenfeldern erfolgt dieses Auftauen im Frühjahr von unten nach oben, wobei das dabei entstehende Gas zwischen der Eisschicht und dem Sand der Dünen eingeschlossen wird. Nicolas Thomas sagt dazu: «Wenn das Eis bricht, erfolgt ein heftiger Gasausbruch, der auch Sand mit sich trägt. Auf dem CaSSIS-Bild, das heute veröffentlicht wird, sind dunkle Flecken und Streifen, die von den Gasausbrüchen verursacht werden, zu sehen.»

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Dieses Bild zeigt markante helle und dunkle Streifen an Hängen in der Region Locras Vallis auf dem Mars. Der genaue Zusammenhang zwischen diesen Streifen wird noch diskutiert, aber die führende Theorie legt nahe, dass sie durch trockene Lawinenprozesse gebildet werden.
(Bild: ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO)

Trockene Lawinen, Klimawandel und potenzielle Landeplätze auf dem Mars
Ebenfalls heute erscheint eine Auswahl von Bildern, die von den beeindruckenden wissenschaftlichen Fähigkeiten von CaSSIS zeugen. So zeigt eine Aufnahme von den Hängen in der Region Locras Vallis auf dem Mars markante helle und dunkle Streifen. Der genaue Zusammenhang zwischen diesen Streifen werde noch diskutiert, aber die führende Theorie lege nahe, dass sie durch trockene Lawinenprozesse gebildet werden, so Nicolas Thomas.

Der Gale Crater, heute der Standort des Curiosity Rovers der NASA, hat einen Durchmesser von etwa 150 km und liegt nahe der Grenze zwischen dem südlichen Hochland und dem nördlichen Tiefland des Mars. Auf dem CaSSIS-Bild ist ersichtlich, dass sich im Krater ein massiver zentraler Hügel befindet, der kilometerdicke, geschichtete Sedimentgesteine enthält. Nicolas Thomas erklärt: «Diese Gesteinsschichtungen sind Indikatoren dafür, dass sich das Klima auf dem Mars entwickelt hat von feuchteren Bedingungen, unter denen sich wasserführende Mineralien bildeten, zu den heute beobachteten, trockeneren Klimabedingungen.»

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Der Gale Crater, heute der Standort des Curiosity Rovers der NASA, hat einen Durchmesser von ca. 150 km und liegt nahe der Grenze zwischen dem südlichen Hochland und dem nördlichen Tiefland des Mars. Im Krater befindet sich ein massiver zentraler Hügel, der kilometerdicke, geschichtete Sedimentgesteine enthält. Diese sind Indikatoren dafür, dass sich das Klima auf dem Mars entwickelt hat von feuchteren Bedingungen, unter denen sich wasserführende Mineralien bildeten, zu den heute beobachteten trockeneren Klimabedingungen.
(Bild: ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO)

Ein weiteres, heute veröffentlichtes Bild vom Oyama-Krater ist für Nicolas Thomas besonders interessant: «Die verschiedenen Schichten in den Wänden des kleinen Kraters oben im Bild sind freigelegt, was uns gewissermaßen ein Fenster in die Vergangenheit öffnet. Solche Gebiete werden als potenzielle Landeplätze für kommende Einsätze auf dem Mars hoch eingestuft – sie sind besonders interessant für die zukünftige Erforschung des Mars aufgrund des Einflusses von Wasser und damit ihres Potenzials zur Erhaltung von Spuren vergangenen Lebens.»

Die neuen CaSSIS-Bilder und Resultate von den wissenschaftlichen Instrumenten an Bord des TGO werden diese Woche auch am internationalen European Planetary Science Congress and the Division of Planetary Sciences in Genf vorgestellt. Siehe dazu auch die Beiträge mit dem Hashtag #EPSCDPS2019 in den sozialen Medien.

CaSSIS: Spektakuläre Bilder vom Mars
An Bord der ExoMars-Sonde «Trace Gas Orbiter» der Europäischen Weltraumorganistion ESA befindet sich die Berner Kamera CaSSIS – sie liefert die bisher schärfsten Bilder vom Mars in Stereo und Farbe. Die Marskamera wurde von einem Team der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr. Nicolas Thomas entwickelt. Die Bilder sind wichtig für die Entschlüsselung der Geschichte der Ablagerungen und Schichten auf dem Mars. Kombiniert mit Daten aus anderen Instrumenten, ermöglichen die Bilder den Forschenden, Rückschlüsse zu ziehen auf die verschiedenen chemischen Zusammensetzungen und beispielsweise Regionen zu identifizieren, die durch Wasser beeinflusst wurden. Die CaSSIS-Bilder können auch dabei helfen, zukünftige Landeplätze für Missionen zur Erkundung der Marsoberfläche zu bestimmen. Mehr Informationen: www.cassis.unibe.ch.

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Die helleren Töne hängen wahrscheinlich mit Tonmineralien zusammen, die in der gesamten Region durch das OMEGA-Instrument auf dem Mars Express der ESA und durch das CRISM-Instrument auf dem Mars Reconnaissance Orbiter der NASA identifiziert wurden. Die CaSSIS-Daten haben eine höhere räumliche Auflösung und können in Kombination mit dem Spektrometer helfen, räumliche Beziehungen zwischen den verschiedenen Mineralarten zu untersuchen. Dieses Bild ist besonders interessant, da die verschiedenen Schichten in den Wänden des kleinen Kraters oben im Bild freigelegt sind, was uns ein Fenster in die Vergangenheit gibt. Solche Gebiete werden aufgrund des Einflusses von Wasser und damit ihres Potenzials zur Erhaltung von Spuren vergangenen Lebens häufig als potenzielle Landeplätze für Einsätze hoch eingestuft.
(Bild: ESA/Roscosmos/CaSSIS, CC BY-SA 3.0 IGO)

Förderung durch das SBFI / Abteilung Raumfahrt
CaSSIS ist ein Projekt der Universität Bern und ist finanziert von der Abteilung Raumfahrt des SBFI durch das PRODEX-Programm (PROgramme de Développement d’Expériences scientifiques) der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die Entwicklung der Instrumentenhardware wurde auch von der italienischen Weltraumbehörde (ASI), dem INAF/Astronomischen Observatorium Padua und dem Space Research Center (CBK) in Warschau unterstützt. Bei allen Instrumenten, die in der Schweiz entwickelt werden, stammen wesentliche Beiträge und/oder Teillieferungen aus der Schweizer Industrie. Das PRODEX-Programm, in dessen Rahmen wissenschaftliche Instrumente oder Teilsysteme bereitgestellt werden, verlangt eine industrielle Beteiligung und fördert so einen Wissens- und Technologietransfer zwischen Hochschulen und Industrie und verschafft dem Werkplatz Schweiz einen strukturellen Wettbewerbsvorteil – nicht zuletzt auch dank Spill-over-Effekten auf andere Sektoren der beteiligten Unternehmen. Beteiligungen der Schweiz an Programmen der ESA erlauben es Schweizer Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft, sich ideal in entsprechenden Aktivitäten der ESA zu positionieren.

Berner Weltraumforschung: Seit der ersten Mondlandung an der Weltspitze
Als am 21. Juli 1969 Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, entrollte er als erstes das Berner Sonnenwindsegel und steckte es noch vor der amerikanischen Flagge in den Boden des Mondes. Dieses Solarwind Composition Experiment (SWC), welches von Prof. Dr. Johannes Geiss und seinem Team am Physikalischen Institut der Universität Bern geplant und ausgewertet wurde, war ein erster grosser Höhepunkt in der Geschichte der Berner Weltraumforschung. Die Berner Weltraumforschung ist seit damals an der Weltspitze mit dabei. In Zahlen ergibt dies eine stattliche Bilanz: 25mal flogen Instrumente mit Raketen in die obere Atmosphäre und Ionosphäre (1967-1993), 9mal auf Ballonflügen in die Stratosphäre (1991-2008), über 30 Instrumente flogen auf Raumsonden mit, und mit CHEOPS teilt die Universität Bern die Verantwortung mit der ESA für eine ganze Mission (Start letztes Quartal 2019). Die erfolgreiche Arbeit der Abteilung Weltraumforschung und Planetologie (WP) des Physikalischen Instituts der Universität Bern wurde durch die Gründung eines universitären Kompetenzzentrums, dem Center for Space and Habitability (CSH), gestärkt. Der Schweizer Nationalsfonds sprach der Universität Bern zudem den Nationalen Forschungsschwerpunkt (NFS) PlanetS zu, den sie gemeinsam mit der Universität Genf leitet.

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