Measat 3: Ausfälle und Drift im GEO

Der am 12. Dezember 2006 in den Weltraum transportierte Kommunikationssatellit Measat 3 lässt sich derzeit nicht wie zuvor nutzen. Das von Boeing gebaute Raumfahrzeug hat seine letzte feste Postion im Geostationären Orbit verlassen und driftet westwärts.

Ein Beitrag von Thomas Weyrauch. Quelle: advanced-television, Boeing, inf.news, ILS, kkmm.gov.my, lowyat.net, Measat, soyacincau.com.

Measat 3 über der Erde – künstlerische Darstellung. (Bild: Boeing)

Measat 3 kreist seit seinem Start auf einer Proton-M-Rakete mit Breeze-M-Oberstufe am 12. Dezember 2006 um die Erde. Sein Hersteller Boeing hatte den Satelliten mit einer Anfangsmasse von 4.757,4 Kilogramm dann im Februar 2007 mit einer nach dem Einsatz des Apogäumsmotors verbliebenen Masse von rund 3.220 Kilogramm an den Kommunikationssatellitenbetreiber MEASAT Satellite Systems Sdn Bhd (MEASAT) übergeben. Die dem Erdtrabanten zugedachte Auslegungsbetriebsdauer beträgt 15 Jahre. Zwischenzeitlich wurde auch eine mögliche kommerzielle Nutzbarkeit von über 18 Jahren genannt, und eine Stilllegung im ersten Halbjahr 2023 für möglich erachtet. Die ursprüngliche Auslegungsbetriebsdauer wird Measat 3 jedenfalls möglicherweise nun nicht mehr erreichen.

Das auf Boeings Satellitenbus 601HP basierende Raumfahrzeug war zum Zeitpunkt seines letzten nützlichen Einsatzes an einer Position bei 91,5 Grad Ost im Geostationären Orbit in Kolokation mit Measat 3A und Measat 3B stationiert. Am 15. Juli 2021 wurde Measat 3 bei 86,4 Grad Ost beobachtet, aktuell steht er bei etwa 83,5 Grad Ost.

Nachdem verschiedene Nutzer über Measat 3 ausgestrahlter Dienste (u.a. in den Bereichen DTH, VSAT, Mobilfunk) Ende Juni 2021 Unterbrechungen gemeldet hatten, berichtete das Ministerium für Kommunikation und Multimedia Malaysias am 24. Juni 2021, die seit dem 21. Juni 2021 unterbrochenen Dienste seien nach Angaben der Malaysian Communications and Multimedia Commission (MCMC) wiederhergestellt worden.

Als Grund für die Sendeunterbrechung wird mit Bezug auf die MCMC ein nicht näher bezeichnetes Triebwerksproblem angeführt (Measat 3 hat chemische Triebwerke sowie außerdem 2x 2 elektrische vom Typ XIPS-13 an Bord). Um das Problem zu lösen, habe man auf ein Ersatztriebwerk zurückgegriffen, wodurch sich Measat 3 ohne Reduzierung der Auslegungsbetriebsdauer und ohne Einfluss auf den Regelbetrieb wieder nutzen lasse.

Nach Angaben von MEASAT betraf der Ausfall am 21. Juni 2021 rund 14.000 Kunden.

Am 26. Juni 2021 gab MEASAT bekannt, man würde die erforderlichen Wartungsarbeiten in den kommenden Tagen fortsetzen, um sicherzustellen, dass die Systeme des Satelliten wieder ihre volle Leistungsfähigkeit entwickeln. Deshalb seien gelegentliche Einschränkungen der ausgestrahlten Dienste nicht zu vermeiden.

Nur einen Tag später meldete MEASAT, die Beobachtung der Signale des Satelliten habe ergeben, dass man vermutlich mehr Zeit für den komplexen Stabilisierungsprozess des Satelliten und seiner Signale benötige.

Am 16. Juli 2021 berichtete das Ministerium für Kommunikation und Multimedia Malaysias als Reaktion auf Klagen durch von fortgesetzten Ausfällen betroffenen Nutzern, Reparaturarbeiten am Satelliten seien in vollem Gange.

Der Branchendienst advanced-television schrieb am Vortage, Measat 3 sei vermutlich als Totalverlust zu betrachten, er treibe unkontrolliert durch den Geostationären Orbit und stelle eine Gefahr für andere Satelliten dort dar.

MEASAT berichtete mit Datum vom 17. Juli 2021, alle (Nutzlast-)Transponder an Bord von Measat 3 seien abgeschaltet worden, um Interferenzen mit von anderen Raumfahrzeugen abgestrahlten Signalen zu vermeiden.

Measat 3 sollte einmal 2021 von dem durch Airbus Defence and Space gebauten Measat 3D abgelöst werden, um danach in einen Friedhofsorbit transferiert und dort stillgelegt zu werden. Der Start von Measat 3D ist allerdings zwischenzeitlich – möglicherweise angesichts einer erhofften längeren Nutzbarkeit von Measat 3 – auf 2022 verschoben worden.

Im Rahmen einer nicht unüblichen Stilllegung in einem Friedhofsorbit würden zur Vermeidung von Ereignissen, bei welchen zusätzlicher Weltraumschrott generiert wird, sämtliche in Tanks und Leitungen verbliebene Treibstoffe und Druckgase abgelassen, Akkumulatoren von ihrer Stromversorgung getrennt und entladen, sowie vorher nicht benutzte redundante pyrotechnische Komponenten – das können zum Beispiel Ventile sein – ausgelöst werden. Ob sich ein entsprechendes Vorgehen für Measat 3 noch umsetzten lassen wird, hat bisher keiner der beteiligten Organisation und Unternehmen mitgeteilt.

Der Hauptkörper großer Kommunikationssatelliten wie der von Measat 3 ist im Regelbetrieb üblicherweise in einer stabilen Lage orientiert, die sicherstellt, dass die am Satelliten montierten Antennen die adressierten Ausleuchtzonen am Erdboden versorgen können. Damit die Antennen fortgesetzt in die richtige Richtung zeigen, gibt es unter anderem Korrekturtriebwerke, mit deren Hilfe sich mit der Zeit immer wieder aufbauende Veränderungen der Umlaufbahn des Satelliten auskorrigieren lassen. Fallen diese Antriebe aus, wird ein im Geostationären Orbit positionierter Satellit schließlich auch seinen Slot verlassen. Gibt es größere Problem bei der Lageregelung des Satelliten, kann das auf Grund unzureichender Beleuchtung von Solarzellenauslegern auch dazu führen, dass die an Bord verfügbare elektrische Leistung sinkt– und zwar möglicherweise auf ein gefährlich niedriges Niveau – vielleicht so niedrig, dass an Bord verfügbare Akkumulatoren nicht mehr nachgeladen werden können.

Die nominale Leistung der beiden Solarzellenausleger von Measat 3 aus jeweils vier Elementen beträgt zusammen 10,8 Kilowatt, bei Betriebsende erwartete man noch 9,8 Kilowatt. Die Ausleger, die dem Satelliten eine Spannweite von rund 26,2 Metern geben, versorgen die raumflugtechnischen Systeme des Satelliten sowie seine Kommunikationsnutzlast mit jeweils 24 aktiven Transpondern für das C- und das Ku-Band. Die C-Band-Transponder benutzten Wanderfeldröhrenverstärker mit einer Leistung von jeweils 65 Watt, die Ku-Band-Transponder solche mit einer Leistung von jeweils 120 Watt.

Die an Bord befindlichen Antriebe sind der bereits erwähnte Apogäumsmotor, ein Triebwerk mit einem Schub von 445 Netwon, 12 Zweistoff-Lageregelungstriebwerke mit einem Schub von jeweils 10 Newton sowie die schon genannten 2x 2 XIPS-13-Ionentriebwerke mit einem Schub von jeweils rund 18 Millinewton (17,8 mN).

Measat 3 ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 29.648 und als COSPAR-Objekt 2006-056A.

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