Materialwissenschaftliches Labor auf der ISS arbeitet

Mit einem im August zur ISS gebrachten materialwissenschaftlichen Labor wurden in den letzten Tagen die ersten Experimente erfolgreich durchgeführt.

Ein Beitrag von Günther Glatzel. Quelle: DLR.

NASA
Materials Science Research Rack 1
(Bild: NASA)

Das Labor gelangte mit der Raumfähre Discovery Ende August bzw. Anfang September zur Internationalen Raumstation und wurde in der Folgezeit im Material Science Research Rack 1 im US-Modul Destiny eingebaut und getestet. Hier können Schmelz- und Erstarrungsprozesse ohne den verfälschenden Einfluss der Schwerkraft durchgeführt und die Auswirkungen bewusst herbeigeführter Störungen sehr genau untersucht werden. Die verwendeten Materialien sind verschiedenste Metalllegierungen, Halbleiter und Gläser. Bei den Schmelzversuchen können Temperaturen bis 1.400 °C erreicht werden. Die wiedererstarrten Proben werden anschließend auf der Erde genau erforscht.
Beim Erstarren von Legierungen bilden sich im Material Einzelkristalle in Form von Dendriten aus. Dies sind tannenbaumartige Strukturen. Je feiner diese sind, umso fester ist das Material. Auf der Erde unterliegt die Kristallbildung verschiedenen Einflüssen, die nicht eliminiert werden können. So werden dichtere Bestandteile einer Legierung durch die Schwerkraft stärker nach unten gezogen als andere. Außerdem sorgen Kovektionsströme für weitere Störungen. In der Schwerelosigkeit an Bord der Raumstation können zumindest diese Einflüsse eliminiert werden.

DLR
Querschnitt einer auf der Erde wiedererstarrten Probe einer Aluminium-Silizium-Eisen-Legierung
(Bild: DLR)

Neben normalen Erstarrungsprozessen werden auch solche untersucht, bei denen bewusst eine äußere Störung zu Veränderungen im Kristallisationsprozess führt. Beim Experiment MICAST des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde eine Legierung aus Aluminium, Silizium und Eisen aufgeschmolzen und sowohl störungsfrei als auch im Einflussbereich eines gleichmäßig rotierenden Magnetfeldes erstarrt. Diese ersten Proben werden auf der Erde mit unter Schwerkraftbedingungen entstandenen Gegenproben verglichen. Ziel der Forschung ist es, Werkstoffe mit verbesserten Eigenschaften oder zu geringeren Kosten zu erzeugen. Die Besatzung der ISS übernimmt bei den weitgehend von der Erde aus gesteuerten und überwachten Experimenten das Wechseln der Materialkartuschen, das Warten der Anlage sowie eventuell notwendig werdende Reparaturarbeiten.

Auch im Rahmen des Experimentes CETSOL werden Kristallwachstumsprozesse und die Entwicklung der Mikrostruktur während der Erstarrung von Aluminium-Legierungen erforscht. Ziel ist es, durch ein besseres Verständnis verschiedener Einflussgrößen auf Erstarrungsprozesse mathematische Modelle zur Vorhersage der inneren Struktur von Gussteilen auch auf der Erde erstellen zu können.

Das Materials Science Laboratory ist ein Gemeinschaftsprojekt von ESA und NASA und wurde bei Astrium in Friedrichshafen hergestellt.

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