Massive schwarze Löcher durch dunkle Materie?

Die meisten Galaxienzentren beherbergen ein massenreiches Schwarzes Loch. Insbesondere die Galaxien, welche von einem Halo aus dunkler Materie umgeben sind, besitzen die schwersten Schwarzen Löcher. Die seit 2002 geäußerte Vermutung eines direkten Zusammenhangs zwischen der Dunklen Materie und den Schwarzen Löchern konnte nun vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, der Universitätssternwarte München und der Texas-University in Austin widerlegt werden.

Ein Beitrag von Oliver Karger und Timo Lange. Quelle: Nature Vol. 469, 374–376; MPE; NRAO.

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Messier 101 (NGC 5457) ist eine Galaxie mit einem kleinen Bulge und einem massereichen Halo, allerdings ohne Schwarzes Loch. Beobachtungen zeigen, dass diese riesige Galaxie kein schwarzes Loch beherbergen kann.
(Bild: wikisky.org)

Seit Anfang des Jahrzehnts gibt es Spekulationen, dass es eine enge Korrelation zwischen der äußeren Rotationsgeschwindigkeit der galaktischen Scheiben, welche durch den Halo aus Dunkler Materie bestimmt wird, und der Masse der zentralen Schwarzen Löcher gibt. Würde diese Korrelation zutreffen, würde eine bisher noch unbekannte Physik der noch nicht näher definierten Dunklen Materie das Wachstum des Schwarzen Loches bestimmen. Andererseits korreliert die Masse des Schwarzen Lochs gut mit der Leuchtkraft des Galaxienbulges. Da die größeren Bulges in der Regel in größeren Galaxien vorhanden sind, war nicht klar, welche der beiden Korrelationen nun das Wachstum der Schwarzen Löcher bestimmt.

Die Antwort auf diese offene Frage ist: Die Masse eines Schwarzen Loches ist nicht direkt abhängig von der Masse des Halos aus Dunkler Materie, sondern wird deutlich durch die Entstehung des Galaxienbulges bestimmt.

Zu diesem Ergebnis kamen John Kormendy von der Texas University in Austin und Ralf Bender vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und der Universitätssternwarte München, als sie Galaxien untersuchten, welche einen massereichen Halo aus Dunkler Materie, aber nur sehr kleine bzw. gar keine Bulges besitzen. Sie fanden heraus, dass Galaxien ohne Bulge bestenfalls sehr massenarme Schwarze Löcher enthielten.

„Man kann sich nur schwer vorstellen, wie eine über große Entfernungen dünn verteilte Dunkle Materie das Wachstum eines Schwarzen Lochs in einem winzigen Raum tief im Innern einer Galaxie beeinflussen könnte“, so Ralf Bender. Es sei weitaus plausibler, dass Schwarze Löcher durch Materieansammlungen aus ihrer Umgebung wachsen und dass dies, so John Kormendy, während der Entstehungsphase der Galaxien geschieht.

Bildquelle
Komposit von Henize 2-10 von Chandra (Röntgen – violett), HST und VLA (Radio – gelb). Das rote Kreuz markiert das Schwarze Loch
(Bild: NRAO.edu)

Dies deckt sich mit Beobachtungen des supermassiven Schwarzen Loches in Henize 2-10, einer 30 Millionen Lichtjahre entfernten, lediglich 3.000 Lichtjahre durchmessenden Zwerggalaxie, welche vom Hubble-Teleskop und dem Very Large Array gemacht wurden. Da eine so kleine Galaxie ohne Bulge ein solches schwarzes Loch beherbergt, scheint die Frage, in welchem Kausalzusammenhang Bulge und schwarzes Loch stehen, recht eindeutig zu klären und untermauert damit die These von Bender und Kormendy noch weiter. Offenbar entwickeln sich die Schwarzen Löcher sehr früh in der Galaxienentstehung und tragen wesentlich dazu bei, die wachsende Galaxien zu strukturieren.

Es wurden zwar bereits in anderen Zwerggalaxien supermassive Schwarze Löcher gefunden, keine davon war aber derart unregelmäßig und aktiv wie die kleine Henize 2-10. In extrem dichten Regionen werden dort intensiv neue Sterne gebildet. Diese Entdeckung ist besonders wichtig für die Weiterentwicklung von Modellen zur Galaxienentwicklung.

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