Der Marsrover Opportunity untersucht derzeit eine Geländeerhebung am Westrand des Endeavour-Kraters, wo die Instrumente eines Marsorbiters zuvor Tonminerale nachweisen konnten. In dieser Region soll der Rover auch den demnächst beginnenden Winter verbringen.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, The Planetary Society, Unmanned Spaceflight.
Bereits seit dem August 2011 ist der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity damit beschäftigt, einen Teilbereich des westlichen Randes des Endeavour-Kraters zu untersuchen. Durch den Einschlag, welcher zur Entstehung dieses etwa 22 Kilometer durchmessenden Impaktkraters führte, wurde Material freigelegt, welches aus der sogenannten „Noachischen Periode“, dem ältesten der drei geologischen Zeitalter des Mars, stammt und das jetzt in dem allerdings bereits stark erodierten Randgebirge enthalten ist, welches den Krater umgibt. Während der letzten Jahre richten die an der Mission beteiligten Wissenschaftler ein besonderes Augenmerk auf die Untersuchung der Grenzschicht zwischen den Gesteinen aus der noachischen Epoche und den unmittelbar benachbarten jüngeren Gesteinsablagerungen.
Verschiedene Untersuchungen des ebenfalls von der NASA betriebenen Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) zeigten, dass sich am Westrand dieses Kraters an verschiedenen Stellen Schichtsilikate und Tonminerale abgelagert haben. Diese Minerale bilden sich auf der Erde ausschließlich unter der Einwirkung von Wasser, welches über einen nahezu neutralen pH-Wert verfügt.
Das Vorhandensein dieser Minerale im Bereich des Endeavour-Kraters wird deshalb als ein Beweis dafür interpretiert, dass sich in diesem Bereich der Marsoberfläche einstmals pH-neutrales Wasser befunden haben muss – und dies über einen auch in geologischen Zusammenhängen betrachtet längeren Zeitraum. Diese Minerale, so die Vermutung, könnten sich zu einer Zeit gebildet haben, welche noch vor der Bildung der sulfathaltigen Minerale begann, die der Marsrover Opportunity zu früheren Zeitpunkten bei der Untersuchung von Gesteinen in der zuvor durchquerten Meridiani-Ebene untersucht hat. Im Gegensatz zu den Tonmineralen bildeten sich die Sulfate durch die Einwirkung von säurehaltigem Wasser.
Solander Point
Im Rahmen seiner Analysen erreichte der Rover bereits im August 2013 den nordöstlichen Rand einer mit dem Namen „Solander Point“ belegten Geländeformation, welche einen Teilbereich des stark erodierten Kraterrandes bildet (Raumfahrer.net berichtete). Solander Point verfügt über eine Länge von mehreren Kilometern und erhebt sich um bis zu 60 Meter über den Endeavour-Krater. Somit fällt diese Geländeerhebung deutlich größer aus als die in den Jahren 2011 und 2012 untersuchte Formation „Cape York“ und sollte – so die Erwartung der Wissenschaftler – einen noch besseren Einblick in die geologische Geschichte des Mars gewähren.
Während der letzten Tage der Annäherung wurden verschiedene Formationen aus offen zutage liegenden Grundgesteinen, welche anscheinend nicht zu den Ablagerungen aus dem Noachium gehören, sowie mehrere größere Felsbrocken eingehend mit den Analyseinstrumenten und den Kameras des Rovers untersucht. Anschließend begab sich Opportunity noch näher an die Basis des Solander Point und begann mit einer langsamen Umrundung von dessen Nordspitze, wobei systematisch weitere Messungen durchgeführt wurden.
Anfang September erreichte der Rover dabei eine mit dem Namen „Coal Island“ belegte Gesteinsformation. Bei Coal Island, so zeigte sich in den folgenden Wochen, handelt es sich lediglich um einen Teil einer etwa 90 Meter langen Hangböschung, welche zugleich die Überganszone zwischen dem alten, noachischen Gestein, aus dem sich Solander Point zusammensetzt, und jüngeren Ablagerungen bildet. Nach dem Abschluss der Analysen von Coal Island bewegte sich Opportunity, dem Verlauf dieser Böschung folgend, über mehrere Wochen hinweg in die nördliche Richtung und untersuchte dabei verschiedene Gesteinsformationen auf beiden Seiten der Übergangszone. Mit einer Fahrt über eine Distanz von 12 Metern, welche am 16. September 2013 – dem Sol 3430 der Mission – erfolgte, erreichte Opportunity schließlich die Nordspitze von Solander Point.
In den folgenden Tagen setzte Opportunity seine Umrundung von Solander Point fort und bewegte sich dabei im Rahmen mehrerer Fahrten in die südwestliche Richtung. Auch hierbei wurden verschiedene interessant erscheinende Gesteinsformationen mit den Instrumenten des Rovers ausführlich untersucht. Das dabei angestrebte Ziel befindet sich etwa 200 Meter südlich der Nordspitze an der Westflanke von Solander Point. Speziell dort, so die neuesten Datenauswertungen des CRISM-Spektrometers an Bord des Orbiters MRO, konzentrieren sich anscheinend größere Mengen an Tonmineralen. Bei dem „Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars“, so der vollständige Name dieses Instrumentes, handelt es sich um ein Spektrometer, welches die Marsoberfläche regelmäßig mit 544 verschiedenen Spektralkanälen abtastet und dabei gezielt nach dem Vorkommen von verschiedenen Mineralen sucht.
Der nächste Winter
Auf dem Weg zu dieser „geologischen Schatztruhe“ müssen die für den Betrieb des Rovers verantwortlichen Mitarbeiter des JPL derzeit aber ein verstärktes Augenmerk auf die Energiesituation des Rovers richten.
Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover der NASA, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist der mit Solarpaneelen ausgestattete Rover Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf die Sonnenenergie angewiesen. Aufgrund des Fortschreitens der Jahreszeiten – am 31. Juli 2013 begann auf der südlichen Hemisphäre des Mars der Herbst und Opportunitys Operationsgebiet befindet sich bei 2,3 Grad südlicher Breite – erreicht die Sonne gegenwärtig eine immer niedrigere Höhe über dem Horizont, was letztendlich zu einer immer geringeren täglichen Energieausbeute der Solarzellen führt.
Dieser Effekt kann teilweise dadurch ausgeglichen werden, indem der Rover während der „dunklen Jahreszeit“ auf dem Mars nach Norden ausgerichtete Berghänge aufsucht und dort einen Teil des Winters verbringt. Dabei werden die starr am Rover montierten Solarpaneele von Opportunity aufgrund der dadurch gegebenen Ausrichtung des Roverchassis automatisch in Richtung auf die Sonne ausgerichtet, was wiederum eine höhere Energieausbeute zur Folge haben wird. Eine auf diese Weise herbeigeführte Veränderung des Einfallswinkels des Sonnenlichtes von lediglich zwei bis drei Grad kann zu einer um zehn Prozent veränderten Energieausbeute führen. Ein solches Verweilen in einem Winterquartier war in den vergangenen Jahren bei dem weiter südlich operierenden, mittlerweile aber nicht mehr aktiven Zwillingsrover von Opportunity, dem Rover Spirit, üblich. Und auch Opportunity verbrachte seinen bisher letzten Marswinter „stationär“ am Nordhang des Cape York (Raumfahrer.net berichtete).
Aus diesem Grund sind die für die Steuerung von Opportunity verantwortlichen „Roverdriver“ des JPL bemüht, für den Rover eine zukünftige Route zu wählen, welche an den Endpunkten einer jeden Fahrt eine gewisse Neigung in die nördliche Richtung aufweist. Aufgrund der in den letzten Wochen immer weiter abgesunkenen täglichen Energieausbeute wurde Opportunity aus diesem Grund am 8. Oktober in die südöstliche Richtung dirigiert. Am Ende dieser Fahrt wurde dadurch eine Neigung von etwa fünf Grad erreicht.
Die Bestrebungen der JPL-Mitarbeiter gehen dahin, dass Opportunity während der kommenden Wintermonate permanent mehr als 0,250 kWh Energie pro Tag generiert. Aber selbst mit einer täglichen Energieausbeute von etwa 220 Wattstunden könnte der Rover noch wissenschaftliche Arbeiten verrichten und sich dabei ein bis zwei mal pro Woche von Ort zu Ort weiterbewegen. Erst ab einen Wert von weniger als 200 Wattstunden pro Tag würde der Rover in einen energiesparenden „Survival Mode“ versetzt werden, in dem sämtliche nicht unbedingt notwendigen Aktivitäten auf das absolute Minimum reduziert werden.
Derzeit gehen die für die Missionsplanung verantwortlichen Mitarbeiter davon aus, dass noch bis etwa Mitte Dezember eine Neigung von rund fünf Grad ausreicht, um die gewünschte Energiemenge zu erzeugen. Ab dann wird der Rover Positionen ansteuern, welche Neigungen von zehn Grad aufweisen. Mit der Wintersonnenwende, welche auf dem Mars am 14. Februar 2014 erfolgt, wird dann wahrscheinlich eine Neigung von 15 Grad erforderlich sein. Allerdings zeigen die detaillierten Aufnahmen der an Bord des MRO befindlichen HiRISE-Kamera, dass sich in dieser Region für den Rover zugängliche Bereiche befinden, welche über Neigungen von sogar mehr als 20 Grad verfügen.
Somit, so die Erwartung der Roverdriver und der an der Mission beteiligten Wissenschaftler, sollte Opportunity im Gegensatz zum letzten Marswinter diesmal in der Lage sein, auch in den kommenden Monaten seine Fahrt fortzusetzen und dabei Ziel für Ziel anzusteuern und zu untersuchen.
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3458 seiner Mission, hat der Rover Opportunity mehr als 38.000 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 185.000 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Die bisher letzte Fahrt führte dabei am heutigen Tag über eine Entfernung von 23,5 Meter in die ost-südöstliche Richtung.
Trotz der derzeitigen Haushaltssituation in den USA ist der Weiterbetrieb der Opportunity-Mission – wie auch die Fortführung aller anderen durch das JPL betriebenen Weltraummissionen – für noch mindestens eine weitere Woche garantiert.
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