Nach einem kurzen Abstecher zum Randbereich des Endeavour-Kraters hat der Marsrover Opportunity mittlerweile den Nordrand von Solander Point erreicht. In diesem Gebiet soll der Rover den nächsten Marswinter verbringen und während der kommenden Monate zugleich die dortigen Gesteinsschichten ausführlich analysieren.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: JPL, The Planetary Society, Unmanned Spaceflight.
Bereits am 13. Mai 2013, dem Sol 3307 seiner Mission, beendete der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Opportunity seine im August 2011 begonnene Untersuchung einer mehrere hundert Meter langen und nur wenige Meter über die Umgebung herausragenden Geländeerhebung, welche sich direkt am westlichen Rand des etwa 22 Kilometer durchmessenden Endeavour-Kraters befindet. Nach dem Verlassen dieser mit dem formellen Namen „Cape York“ belegten Geländeerhebung begab sich der Rover zunächst in die südliche Richtung.
Das Ziel des Rovers war dabei eine weitere, mehr als zwei Kilometer entfernt gelegene Geländeerhebung namens „Solander Point“. Wie auch bei dem zuvor untersuchten Cape York handelt es sich bei Solander Point um einen Teilbereich des westlichen Randes des Endeavour-Kraters. An der Nordseite dieser etwa 80 Meter hohen Geländeerhebung soll Opportunity den jetzt bevorstehenden nächsten Marswinter verbringen.
Der nächste Winter
Im Gegensatz zu dem zweiten derzeit aktiven Marsrover der NASA, dem durch einen Radioisotopengenerator mit Strom versorgten Rover Curiosity, ist der mit Solarpaneelen ausgestattete Rover Opportunity bezüglich seiner Energieversorgung ausschließlich auf die Sonnenenergie angewiesen. Aufgrund des Fortschreitens der Jahreszeiten – am 31. Juli 2013 begann auf der südlichen Hemisphäre des Mars der Herbst und Opportunitys Operationsgebiet befindet sich bei 2,3 Grad südlicher Breite – erreicht die Sonne gegenwärtig eine immer niedrigere Höhe über dem Horizont, was letztendlich zu einer immer geringeren täglichen Energieausbeute der Solarzellen führt.
Dieser Effekt kann teilweise ausgeglichen werden, indem der Rover die „dunkle Jahreszeit“ auf einem nach Norden ausgerichteten Berghang verbringt. Dabei werden die starr am Rover montierten Solarpaneele von Opportunity aufgrund der dadurch gegebenen Ausrichtung des Roverchassis automatisch in Richtung auf die Sonne ausgerichtet, was wiederrum eine höhere Energieausbeute zur Folge haben wird. Ein solches Verweilen in einem Winterquartier war in den vergangenen Jahren bei dem weiter südlich operierenden, mittlerweile aber nicht mehr aktiven Zwillingsrover von Opportunity, dem Rover Spirit, üblich. Und auch Opportunity verbrachte seinen bisher letzten Marswinter „stationär“ am Nordhang des Cape York (Raumfahrer.net berichtete).
„Basierend auf unseren aktuellen Berechnungen bezüglich der zu erwartenden Bedeckung der Solarpaneele des Rovers mit Staubablagerungen sind wir bemüht, noch vor dem Einsetzten des mittlerweile sechsten Winters, den Opportunity auf dem Mars verbringen wird, ein Gebiet zu erreichen, welches eine Neigung von mindestens 15 Grad in die nördliche Richtung aufweist“, so Scott Lever, einer der Projektmanager der Mars Exploration Rover-Mission vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA im Mai 2013. „Solander Point bietet uns diese Neigung.“ Dabei wurde angestrebt, dieses nächste Winterquartier bis etwa Anfang August 2013 zu erreichen.
Nach einer zwischenzeitlichen kurzen Untersuchung von zwei weiteren zum Ringsegment des Endeavour-Kraters gehörenden Geländeerhebungen namens „Sutherland Point“ und „Nobby’s Head“, welche der Rover auf dem Weg zu seinem nächsten Winterquartier passierte (Raumfahrer.net berichtete), setzte der Rover seine Fahrt zur Nordspitze von Solander Point fort.
Zusätzliche Untersuchungen
Hierbei überbrückte Opportunity im Rahmen mehrerer kurz aufeinanderfolgender Fahrten innerhalb von 11 Tagen weitere rund 450 Meter. Dieser „Geländegewinn“ fiel so groß aus, dass sich die an der Mission beteiligten Wissenschaftler in Absprache mit den für die Steuerung von Opportunity verantwortlichen Roverdrivern des JPL dazu entschlossen, die Weiterfahrt kurzzeitig zu unterbrechen und den sich ergebenden Zeitpuffer zu nutzen, um einen kurzen Abstecher in die östliche Richtung hin zum inneren Rand des Endeavour-Kraters zu unternehmen.
In dem für diese zwischenzeitlichen Untersuchungen ausgewählten Gebiet hatten zuvor zwei der Instrumente des ebenfalls von der NASA betriebenen Marsorbiters Mars Reconnaissance Orbiter (MRO), das „Compact Reconnaissance Imaging Spectrometer for Mars“ (kurz „CRISM“) und die hochauflösende Telekamera HiRISE, ungewöhnliche Strukturen ausgemacht.
Die von dem CRISM-Spektrometer gewonnenen Daten deuteten darauf hin, dass sich in dieser Region größere Mengen an Schichtsilikaten und Tonmineralen abgelagert haben. Das Vorhandensein dieser Minerale, so die Wissenschaftler der NASA, ist ein eindeutiger Hinweis auf eine früher erfolgte Interaktion der dortigen Oberfläche mit Wasser. Die HiRISE-Kamera konnte dagegen mit ihren Aufnahmen das Vorhandensein von für diese Region ungewöhnlich großen Formationen aus offen zutage liegenden Grundgesteinen und Felsblöcken nachweisen.
Zwecks einer ausführlichen Untersuchung von einem dieser Felsblöcke und des umgebenden Geländes bewegte sich Opportunity ab dem 13. Juli, dem Sol 3366 der Mission, im Rahmen von vier Fahrten zunächst um weitere rund 265 Meter in die südöstliche Richtung. Neben der Anfertigung von weiteren Aufnahmen der Umgebung erfolgten dabei ausführliche Untersuchungen der Planetenoberfläche, wofür neben der Mikroskopkamera des Rovers auch mehrfach dessen APX-Spektrometer eingesetzt wurde.
Black Shoulder
Am 23. Juli unternahm Opportunity schließlich eine weitere Fahrt über diesmal lediglich 3,7 Meter. Durch diese Bewegung geriet „Black Shoulder“, so der Name des ausgewählten Untersuchungsobjektes, in die direkte Reichweite der am Instrumentenarm des Rovers befestigten Analyseinstrumente. In den folgenden Tagen wurden verschiedene Bereiche dieses Felsens mit dem APX-Spektrometer analysiert und zudem mit der Mikroskopkamera abgebildet.
Am 29. Juli wurde für diese Analysen zusätzlich auch das „Rock Abrasion Tool“ (kurz „RAT“) eingesetzt. Hierbei handelt es sich um einen kleinen Bohrer, welcher bis zu fünf Millimeter tiefe Löcher in Gesteine bohren kann. Außerdem ist das RAT mit einer Art Bürste ausgestattet, mit der Staubablagerungen und Verwitterungskrusten von Gesteinsoberflächen „weggebürstet“ werden können. Nach einem Einsatz dieser Bürste haben die anderen Instrumente die Möglichkeit, nicht erodiertes und nicht durch Staub verunreinigtes Material zu untersuchen.
Nach dem Abschluss der entsprechenden Analysen bewegte sich Opportunity am 31. Juli zunächst um etwa 10 Meter in die östliche Richtung und fertigte mehrere dokumentierende Fotoaufnahmen an. Nach dem Abschluss dieser Arbeiten setzte Opportunity seine Fahrt fort und begab sich auf direktem Weg zu dem noch etwa 200 Meter entfernt gelegenen nordöstlichen Rand von Solander Point.
Solander Point
Eine erste Fahrt führte dabei am Sol 3385 der Mission, dem 1. August 2013, über eine Distanz von rund 115 Metern. Gleich zu Beginn dieser Fahrt überbrückte der Rover die Marke von mittlerweile 38 auf der Marsoberfläche zurückgelegten Kilometern. Im Rahmen einer weiteren Fahrt über etwa 60 Meter konnte sich Opportunity dem Rand von Solander Point schließlich am 4. August bis auf wenige Meter nähern.
In den kommenden Tagen, so die aktuellen Planungen, soll der Rover die Nordspitze dieses Berges langsam umfahren und dabei die Kontaktzone zwischen der bisher durchfahrenden, mit einer dünnen Sandschicht bedeckten Ebene „Botany Bay“ und der Basis von Solander Point erforschen. Anschließend soll Opportunity an der nordwestlichen Flanke mit der „Besteigung“ von Solander Point beginnen. Während der anstehenden Wintermonate wird sich Opportunity bis mindestens zum Frühjahr 2014 an der Nordflanke des Berges aufhalten und dabei systematisch an verschiedenen Stellen die dort befindlichen Gesteinschichten untersuchen.
Neben den immer noch als gut zu bezeichnenden technischen Zustand des Rovers, welcher mit einer Einsatzzeit von mittlerweile fast zehn Jahren auf der Marsoberfläche seine ursprünglich angestrebte Missionszeit mehr als deutlich überschritten hat, muss dabei jedoch auch immer ein Blick auf die aktuelle Energiesituation geworfen werden. Während der letzten Monate waren auf dem Mars mehrfach verschiedene Staubstürme aktiv, welche sich allerdings nicht direkt über das Meridiani Planum, dem Operationsgebiet von Opportunity hinweg bewegten. Trotzdem wurden im Rahmen dieser Events größere Mengen an Staub in die Marsatmosphäre befördert, welche sich dort verteilten und anschließend wieder auf der Planetenoberfläche ablagerten. Dabei blieb es auch nicht aus, dass ein Teil dieses Staubes auch die Solarpaneele des Rovers bedeckte.
Hier ein Überblick über die Entwicklung der Energiewerte von Opportunity während der letzten Wochen. Der Tau-Wert steht dabei für die Durchsetzung der Marsatmosphäre mit Staub und Wassereiskristallen. Je mehr Staub sich in der Atmosphäre des Planeten befindet, desto höher fällt dieser Wert aus. Der Wert für die Lichtdurchlässigkeit der Solarzellen gibt dagegen an, wie viel Sonnenlicht die Solarpaneele des Rovers trotz einer bedeckenden Staubschicht erreicht und letztendlich zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Je niedriger der Tau-Wert und je höher der Faktor für die Lichtdurchlässigkeit ausfällt, desto besser ist dies für den Energiehaushalt des ausschließlich mittels Sonnenenergie betriebenen Rovers.
- 31.07.2013: 0,395 kWh/Tag , Tau-Wert 0,800 , Lichtdurchlässigkeit 57,40 Prozent
- 23.07.2013: 0,431 kWh/Tag , Tau-Wert 0,757 , Lichtdurchlässigkeit 56,60 Prozent
- 16.07.2013: 0,450 kWh/Tag , Tau-Wert 0,705 , Lichtdurchlässigkeit 58,40 Prozent
- 10.07.2013: 0,435 kWh/Tag , Tau-Wert 0,786 , Lichtdurchlässigkeit 60,60 Prozent
- 26.06.2013: 0,457 kWh/Tag , Tau-Wert 0,805 , Lichtdurchlässigkeit 60,07 Prozent
Bis zum heutigen Tag, dem Sol 3387 seiner Mission, hat der Rover Opportunity insgesamt rund 38.200 Meter auf der Oberfläche des Mars zurückgelegt und dabei über 182.200 Aufnahmen von der Oberfläche und der Atmosphäre des „Roten Planeten“ aufgenommen und an sein Kontrollzentrum am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt.
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