Marsrover Curiosity: Intensive Gesteinsanalysen

Der Marsrover Curiosity ist nach wie vor damit beschäftigt, in seinem gegenwärtigen Operationsgebiet diverse Oberflächenformationen zu analysieren. Aus den dabei zu gewinnenden Daten erhoffen sich die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über die klimatologische und geologische Geschichte unseres Nachbarplaneten. Dabei trat in den letzten Tagen allerdings ein Problem mit einem der Instrumente des Rovers auf.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: USGS, JPL, University of Leicester, UMSF-Forum.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Bereits seit dem September 2014 operiert der Marsrover Curiosity im Bereich einer Oberflächenformation namens Pahrump Hills. Hierbei wurden auch diverse Zwischenstopps für wissenschaftliche Untersuchungen eingelegt. Im Hintergrund dieser Mosaikaufnahme sind die Ausläufer des Zentralberges Aeolis Mons erkennbar.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Bereits seit dem August 2012 erforscht der von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA betriebene Marsrover Curiosity das Innere des 154 Kilometer durchmessenden Gale-Kraters. Neben den anderen wissenschaftlichen Zielen, welche die NASA mit dieser ambitionierten Mission verbindet, richtet sich das Interesse der Marsforscher dabei besonders auf die Untersuchung der klimatologischen und geologischen Bedingungen, welche einstmals in dieser Region des Mars vorgeherrscht haben. Ein speziellen Interesse gilt dabei dem im Inneren des Gale-Krater gelegenen Zentralberg „Aeolis Mons“.

Diverse Aufnahmen von verschiedenen Marsorbitern zeigten bereits im Vorfeld der Curiosity-Mission, dass dieser etwa 5.500 Meter über den Boden des Kraters hinausragende Berg an seinen Flanken über einen ausgeprägten Schichtaufbau verfügt. In den einzelnen Schichten ist – vergleichbar mit den Steilwänden des Grand Canyon im US-Bundesstaat Arizona – die langfristige klimatologische und geologische Geschichte dieser Region der Marsoberfläche enthalten. Anders als in den auf der Erde gewonnenen Bohrkernen liegen diese Informationen dabei mehr oder weniger offen zutage und sind für den Rover Curiosity somit relativ leicht einsehbar.

Durch eine langsame ‚Besteigung‘ des Berges, welche mit ausführlichen Analysen von aus geologischer Sicht interessant erscheinenden Ablagerungen verbunden ist, soll diese Entwicklungsgeschichte im weiteren Verlauf der Mission Schritt für Schritt erforscht und entschlüsselt werden. Auf diese Weise erhoffen sich die auf die Erforschung des Mars spezialisierten Wissenschaftler weitere Erkenntnisse darüber, wann, wie, warum und in welchen Zeiträumen sich das Klima und die Umweltbedingungen auf dem Mars einstmals so dramatisch verändert haben.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Neben den auf dem Weg gelegenen Gesteinsformationen richtet sich das Interesse der Wissenschaftler auch immer wieder auf den Sand, welcher die Marsoberfläche entlang der Route des Rovers Curiosity bedeckt. Dieses Mosaik, welches sich aus mehreren am 7. November 2014 erstellten Einzelaufnahmen der MastCam zusammensetzt, zeigt im unteren Bildbereich die Spur, welche die Räder des Rovers hinterlassen haben. Fünf in einer Linie verlaufende kleine schwarze Punkte markieren im linken Drittel des Mosaiks die Orte, wo der Laser der ChemCam zur Untersuchung des Untergrundes zum Einsatz kam.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Auf seinem Weg zu der Basis dieses Berges erreichte Curiosity bereits am 18. September 2014, dem Sol 753 seiner Mission, die Region „Pahrump Hills“, wo er sich seitdem intensiv als ‚Feldgeologe‘ betätigt hat. Dieses Gebiet ist nach der Meinung der an der Curiosity-Mission beteiligten Geologen ein Bestandteil der untersten Gesteinsschicht auf der sich der Zentralberg Aeolis Mons aufbaut. Zwecks der Untersuchung der hier befindlichen Gesteine wurde am 24. September ein an dem Instrumentenarm befindlicher Bohrer eingesetzt um Material zu gewinnen, welches anschließend über mehrere Wochen hinweg ausführlich mit den verschiedenen Instrumenten des Rovers analysiert wurde (Raumfahrer.net berichtete).

Erhöhte Hämatit-Vorkommen
Bei den Untersuchungen mit dem CheMin-Spektrometer zeigte sich, dass die untersuchte Bodenprobe über einen signifikanten Anteil des Eisenoxidminerals Hämatit verfügt. Diese Entdeckung ist für die beteiligten Wissenschaftler besonders deshalb von Bedeutung, weil bereits im Jahr 2010 eines der Instrumente des NASA-Orbiters Mars Reconnaissance Orbiter (kurz MRO) in genau dieser Region des Gale-Kraters Hinweise auf erhöhte Hämatit-Vorkommen geliefert hatte.
„Dieser Fund stellt eine direkte Verbindung zu den Messdaten her, welche wir aus dem Orbit heraus gewonnen haben“, so der Curiosity-Projektwissenschaftler John Grotzinger vom California Institute of Technology in Pasadena/Kalifornien. Die Wissenschaftler können sich jetzt sicher sein, dass sie die bisherigen Messungen des MRO zur Identifikation von Mineralen auf der Marsoberfläche richtig interpretiert haben und werden dies in Zukunft bei der Planung der wissenschaftlichen Aktivitäten berücksichtigen.

„Wir haben mittlerweile den Bereich des Kraters erreicht, aus dem die mineralogischen Informationen stammen, die bei der Auswahl des Gale-Kraters als Landeplatz eine wichtige Rolle gespielt haben“, erläutert Ralph Milliken von der Brown University. „Wir sollten nun in der Lage sein, auf der Grundlage der Daten der Orbiter vorherzusagen, welche Mineralien wir wo vorfinden werden. Auf diese Weise können wir in Zukunft die Orte, wo weitere Bohrungen durchgeführt werden sollen, ganz gezielt auswählen.“

NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum)
Die von Curiosity während der letzten zwei Monate zurückgelegte Route. Die letzte auf dieser Karte vermerkte Fahrt des Rovers erfolgte am Missionstag Sol 799 (4. November 2014), wobei der Rover die am oberen Kartenrand eingezeichnete Formation Kelso erreichte. Seitdem hat sich Curiosity im Rahmen von drei weiteren Fahrten wieder zu der weiter südlich befindlichen Formation Book Cliffs bewegt, welche am 18. November erreicht und seitdem intensiv untersucht wurde. Die nächste Fahrt ist für den morgigen Tag geplant und wird über eine Distanz von etwa 20 Metern führen. Die dabei anzusteuernden Ziele tragen die Namen „Alexander Hills“ und „Carnivore Canyon“ und befinden sich südöstlich des gegenwärtigen Standortes.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, University of Arizona, Phil Stooke (UMSF-Forum))

Intensive Erforschung der Pahrump Hills
Auch in den auf die Analyse der Bohrprobe folgenden Wochen hat sich Curiosity auf die Untersuchung der in der unmittelbaren Umgebung der Pahrump Hills befindlichen und dort frei zutage tretenden Grundgesteine konzentriert. Der Rover absolvierte hierzu in Abständen von jeweils einigen Tagen mehrere kurze Fahrten über jeweils nur wenige Meter. Am Ende einer jeden Etappe erfolgten weitere Analysen und Messungen, welche von ausführlichen Beobachtungskampagnen der verschiedenen bildgebenden Instrumente begleitet wurden. Im Rahmen einer ersten ‚Besichtigungstour‘ durch die Pahrump Hills legte der Rover dabei eine Strecke von insgesamt rund 110 Metern zurück und untersuchte dabei Bereiche, welche sich von ihrem Höhenniveau her um etwa neun Meter unterschieden.

„Wir konnten [hierbei] eine vielfältige Geologie beobachten“, so Dr. Ashwin Vasavada, der stellvertretende Projektwissenschaftler der Curiosity-Mission am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien. „Einige Bereiche weisen eine feine Schichtung auf und sind von ihrer Zusammensetzung her sehr feinkörnig. Andere Bereiche sind eher blockartig gestaltet und haben sich gegenüber den erosiven Kräften als sehr widerstandsfähig herausgestellt.“
Einige diese Formationen sind von Ablagerungen bedeckt, welche Unterschiede in ihrer jeweiligen chemischen Zusammensetzung aufweisen. Andere Strukturen sind von feinen Mineraladern durchzogen oder weisen unterschiedliche Grade einer Zementation auf. „Es gibt hier viel zu erforschen“, so Dr. Ashwin Vasavada weiter.

Nach dem Abschluss seiner ersten ‚Runde‘ durch die Pahrump Hills begann Curiosity einen zweiten ‚Durchgang‘, bei dem mehrere der bereits zuvor kurz untersuchten Oberflächenziele erneut angesteuert wurden. Diesmal ließen sich die beteiligten Wissenschaftler jedoch etwas mehr Zeit und untersuchten dabei ausgewählte Bereiche ausführlicher und im Detail.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Am 9. November 2014 fertigte die MastCam des Rovers diese Aufnahme an. Sie zeigt feinkörniges Gestein im Bereich der Region Pahrump Hills.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

„Die Variationen, die wir bisher gesehen haben, zeigen uns, dass sich die Umweltbedingungen in diesem Bereich der Marsoberfläche im Laufe der Zeit verändert haben. Dies trifft sowohl für die Zeit zu, als sich die Sedimente gebildet haben als auch für die Zeit, in der sie sich zu Grundgestein verfestigt haben. Wir konnten mehrere Ziele identifizieren, von denen wir denken, dass sie uns die besten Chancen bieten, Antworten auf die Fragen zur Entstehung dieser Ablagerungen zu erhalten. Haben sie sich in stehenden oder in fließenden Gewässern gebildet? Welchen Einfluss hatte der durch den Wind verfrachtete Sand? Und in welchem Ausmaß und auf welche Art hat sich die Zusammensetzung der Materialien während der Zeit verändert?“, so Dr. Vasavadas Erklärung für diese ausführlichen und somit auch zeitintensiven Arbeiten, welche jedoch voll und ganz der Zielsetzung der Mission entsprechen.

Im Verlauf der vergangenen Woche konzentrierte sich das Interesse der Wissenschaftler hierbei auf eine mit dem Namen „Book Cliffs“ belegte Gesteinsformation. Hierbei kam unter anderem an drei verschiedenen auf diesem Gesteinsaufschluss gelegenen Stellen das „Dust Removal Tool“ (kurz DRT) zum Einsatz, bevor diese Bereiche eingehenderen Analysen unterzogen wurden.

Bei dem DRT handelt es sich um eine aus Borsten aus Edelstahl bestehende Bürste, mit der eine zu untersuchende Gesteinsformation von der obersten Staubschicht befreit werden kann. Eine solche Staubschicht, welche unter Umständen seit Jahrmillionen den auftretenden Umweltbedingungen – einschließlich der einfallenden kosmischen Strahlung – ausgesetzt war, kann zum Beispiel die Messergebnisse des APX-Spektrometers verfälschen.

Die weitere Vorgehensweise
Für den heutigen Tag ist vorgesehen, speziell diese drei Bereiche erneut mit der MastCam – der Hauptkamera des Rovers – abzubilden und dabei durch den Einsatz verschiedener Filter multispektrale Aufnahmen zu gewinnen, welche in Kombination mit den Daten von anderen Instrumenten Informationen über die Zusammensetzung von Book Cliffs liefern sollen. Die ChemCam wird diese Stellen zudem erneut in einem passiven Beobachtungsmodus abtasten. Außerdem sollen die Kameras des Rovers genutzt werden, um eventuell derzeitig über dem Gale-Krater befindliche Wolken abzubilden.

NASA, JPL-Caltech
Diese am 21. November mit der rechten Navigationskamera abgebildete Gesteinsformation wurde mit dem Namen Book Cliffs belegt. Der Instrumentenarm ist hier direkt über einer „Topanga“ genannten Stelle platziert, wo kurz zuvor das DRT des Rovers aktiv war.
(Bild: NASA, JPL-Caltech)

Voraussichtlich am morgigen Tag wird Curiosity den Bereich von Book Cliffs verlassen und sich zu zwei neuen, mit den Namen „Alexander Hills“ und „Carnivore Canyon“ belegten Zielen begeben, welche sich etwa 20 Meter südöstlich vom jetzigen Standort und ebenfalls noch im Bereich der Pahrump Hills befinden. Auch hier sollen dann in der kommenden Woche ausführliche Bodenuntersuchungen durchgeführt werden. Nach der Auswertung der in den letzten Wochen gewonnenen Daten soll zudem entschieden werden, ob und – wenn ja – wo Curiosity im Bereich der Pahrump Hills eine weitere Bohrung durchführen soll.

Nach dem Abschluss der Untersuchungen an seinem jetzigen Standort soll der Rover weiter in Richtung des Zentralberges dirigiert werden und dabei höher gelegene Regionen ansteuern. Ein potentielles Ziel auf der zukünftigen Route stellt dabei eine mit dem Namen „Hematite Ridge“ belegte Oberflächenformation dar. Auch hier konnte das CRISM-Spektrometer des MRO Anzeichen für erhöhte Hämatit-Konzentrationen vorfinden.

Probleme mit der ChemCam
Ein wichtiges – aber keinesfalls das einzige – Instrument für die Untersuchung der chemischen Zusammensetzung der auf der Marsoberfläche befindlichen Gesteine stellt das „Chemistry and Camera Instrument“ (kurz „ChemCam“) dar. Leider trat bei diesem Instrument während der letzten Tage ein Problem auf. Von der ChemCam empfangene Diagnosedaten zeigen, dass ein in das Instrument integrierter Dauerstrichlaser zunehmend an Leistung verliert. Dieser Dauerstrichlaser wird dazu verwendet, um das Schmidt-Cassegrain-Teleskop der ChemCam zu fokussieren, bevor der Hauptlaser des Instruments aktiv wird und das für eine Untersuchung angepeilte Ziel mit einer Serie von einzelnen Laserpulsen ‚beschießt‘. Bisher kam dieser Dauerstrichlaser bereits mehr als 2.000 mal zum Einsatz.

NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems
Dieser kleine, lediglich etwa einen Meter lange Felsgrat weist gegenüber seiner Umgebung eine hohe Resistenz gegen die allgegenwärtig auf der Marsoberfläche auftretende Erosion auf. Die Steine, welche diese Formation „Pink Cliffs“ bilden, verfügen somit anscheinend über eine chemische Zusammensetzung, welche von der unmittelbaren Umgebung abweicht. Die hier gezeigte Aufnahme wurde aus mehreren Einzelaufnahmen zusammengesetzt, welche die MastCam des Rovers am 7. Oktober 2014 anfertigte.
(Bild: NASA, JPL-Caltech, Malin Space Science Systems)

Für den Fall das die Leistung des Dauerstrichlasers noch weiter abfällt und dabei einen Punkt erreicht, an dem dessen Leistung nicht mehr zum Fokussieren des Teleskops ausreicht, plant das zuständige Instrumententeam den ausführlichen Test einer alternativen Methode. Statt eines dauerhaften Abstrahlens einer Lichtwelle mit konstanter Intensität durch den Dauerstrichlaser soll hierbei vielmehr der Hauptlaser eingesetzt werden, um noch vor der Durchführung einer geplanten Messung einige Pulse abzusetzen, welche dabei ausschließlich der Teleskop-Fokussierung dienen sollen. Erstmals kam diese Methode am gestrigen Tag zum Einsatz.

Bis zum heutigen Tag, dem Sol 816 seiner Mission, hat der Marsrover Curiosity mehr als 9,5 Kilometer auf der Marsoberfläche zurückgelegt. Dabei hat der Rover mit seinen Kamerasystemen inzwischen 202.970 Bilder aufgenommen und an das Roverkontrollzentrum des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena/Kalifornien übermittelt. Diese Aufnahmen sind für die interessierte Öffentlichkeit auf einer speziellen Internetseite des JPL einsehbar.

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