Mars-Landungen – neue Wege zur Entschleunigung

Vor einer sanften Landung auf einem Planeten steht ein gekonntes Abbremsmanöver schon in großer Höhe. Das ist insbesondere in dünnen Atmosphären wie auf dem Mars eine Herausforderung. Die bekannte und zuletzt im Prinzip auch bei der Curiosity-Landung angewendete Fallschirmtechnologie aus den 1970er Jahren ist hinsichtlich der abzubremsenden Masse an ihre Grenzen gekommen. Die NASA testet daher im kommenden Juni neue Technologien in der Stratosphäre über Hawaii.

Ein Beitrag von Roland Rischer. Quelle: NASA.

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Letzte Vorbereitungen für den Stratosphärentest. Der LDSD in der Fertigungshalle beim Jet Propulsion Laboratory in Pasadena.
(Bild: NASA)

In der allgemeinen Diskussion um Flüge zum Mars wird meistens ignoriert, dass mit den heute bekannten Technologien zum Abbremsen aus Geschwindigkeiten weit im Überschallbereich weder große Massen noch höher liegende Landestellen auf dem Mars in Frage kommen. Da künftige Robotermissionen und erst recht bemannte Missionen zum Mars erheblich größere Massen haben werden, muss jeder unnötige Ballast vermieden werden. Umfangreiche Treibstoffvorräte für aufwendige Abremsmanöver und überdimensionierte und damit schwere Schutzschilde gingen zu Lasten der Nutzlast.

Die NASA arbeitet daher seit längerem an neuen Technologien. Im Juni steht ein erster Höhentest eines Low-Density Supersonic Decelerator (LDSD) auf dem Raketentestgelände Stützpunkt der U.S. Navy auf Kauai, Hawaii, an. Beim Test-LDSD handelt es sich um eine rund fünf Meter durchmessende Halblinse, ein Schutzschild im Orion-Format, mit aufgesetztem Raketenmotor. Die Planung sieht vor, dass der LDSD mit einem Stratosphärenballon auf 37 Kilometer Höhe gebracht wird. Die dünne Atmosphäre soll die Verhältnisse in der Mars-Atmosphäre simulieren. Nach dem Ausklinken wird der Raketenmotor gezündet, der den Demonstrator auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt und auf 55 Kilometer Höhe bringt. Dort kommen dann die neuen Abbremstechniken zum Einsatz.

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Das vorgeschlagene Flugprofil für den Höhentest.
(Bild: NASA)

Neben einem neu entwickelten Überschall-Fallschirm, der erst ab unter Mach 2 geöffnet werden kann, gibt es zwei Varianten, um den LDSD von über Mach 3,5 auf Mach 2 abzubremsen. In beiden Fällen handelt es sich um einen aufblasbaren Ringballon, präziser genannt Supersonic Inflatable Aerodynamic Decelerator oder kurz SIAD, der am Rand des LDSD befestigt ist und im aufgeblasenen Zustand dessen Durchmesser vergrößert. Für leichtere Robot-Missionen gibt es eine kleinere Ringballon-Variante SIAD-R, die mit heißem Gas aufgeblasen wird und den Durchmesser der Linse auf sechs Meter Durchmesser vergrößert. Für bemannte Missionen wird die Ringballon-Variante SIAD-E getestet, die durch Stauluft (ram air) auf acht Meter Durchmesser aufgeblasen wird. Der ab unter Mach 2 zum Einsatz kommende Überschall-Fallschirm hat 33,5 Meter Durchmesser und bremst den Flugkörper auf Unterschall ab. Unabhängig von diesen Abbremstechnologien werden für eine sanfte Landung weiterhin Landetriebwerke oder stabile Airbags benötigt.

Vor dem jetzigen Höhentest wurde der Fallschirm seit 2012 in einer Drittel-Variante im Windkanal und später als Vollmodell bei Hubschrauberabwürfen getestet. Die Funktionsfähigkeit des Ringballons wurde bei horizontalen Versuchen auf Raketenschlitten überprüft. Die neuen Abbremstechniken zählen wegen der besonderen Anforderungen an Belastbarkeit und Hitzebeständigkeit von Fallschirm und Ballon zu den Schlüsseltechnologien bei der Marserforschung. Das Projekt wird aus dem Budget des NASA Space Technology Mission Directorate finanziert und vom NASA Jet Propulsion Laboratory in Pasadena durchgeführt.

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