Am morgigen 30. April 2012 wollen die für die Steuerung der Raumsonde Mars Express zuständigen Mitarbeiter des Europäischen Raumflugkontrollzentrums ESOC in Darmstadt eine seltene Konstellation dazu nutzen, um die Daten der Umlaufbahn des Marsmondes Phobos noch genauer als bisher zu ermitteln.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA.
Die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Mars Express befindet sich bereits seit dem Dezember 2003 in einer elliptischen Umlaufbahn um den Mars und untersucht seitdem die Oberfläche und die Atmosphäre unseres äußeren Nachbarplaneten mit insgesamt sieben wissenschaftlichen Instrumenten. Unter günstigen Bedingungen rücken dabei auch immer wieder Phobos und Deimos, die beiden Monde des Mars, in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses. Am morgigen Tag ergibt sich so die Gelegenheit, die Umlaufbahn des inneren und größeren der beiden Marsmonde, des Phobos, noch genauer als bisher zu bestimmen.
Die Berechnungen des für die Flugkontrolle der von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Raumsonde Mars Express verantwortlichen „Flight Dynamics Teams“ haben gezeigt, dass sich am morgigen 30. April 2012 eine sehr seltene Konstellation ergibt. An diesem Tag wird sich Phobos auf seiner Umlaufbahn um den Mars für die Dauer von knapp 12 Sekunden direkt zwischen die Raumsonde und die Erde schieben. Dabei wird Phobos die von Mars Express an die in Cebreros/Spanien befindliche Station des ESTRACK-Kommunikationsnetzwerkes ausgestrahlten Radiosignale blockieren.
Sollten die Berechnungen, welche auf den bisher bekannten Orbitparametern des Mondes und der genau bekannten Position der Raumsonde basieren, korrekt sein, so können durch die Verfolgung des Radiosignals die bisher bekannten Parameter der Umlaufbahn von Phobos noch weiter verfeinert werden. Zu diesem Zweck soll die Raumsonde so ausgerichtet werden, dass die für die Kommunikation benötigte Hauptantenne direkt auf die Erde zeigt. Anschließend wird Mars Express ein stetiges Signal aussenden, welches mit der 35-Meter-Antenne in Cebreros empfangen wird.
Spezielle radiometrische Aufnahmegeräte werden dabei das eingehende Raumsondensignal aufzeichnen und so auch den Beginn und das Ende der Unterbrechung des Funksignals mit einer Genauigkeit von weniger als einer Sekunde erfassen. Laut den Berechnungen sollte das von Mars Express ausgehende Signal von 23:21:22,9 Uhr bis 23:21:34,1 Uhr MESZ (Raumsondenzeit) unterbrochen werden. Aufgrund des gegenwärtigen Abstandes von rund 140 Millionen Kilometern zwischen dem Mars und der Erde und der sich daraus ergebenden Signallaufzeit von über sieben Minuten würde diese Unterbrechung anschließend von 23:29:13,0 Uhr bis 23:29:24,2 Uhr MESZ von der Empfangsstation in Cebreros registriert.
Die Empfangsdaten von der ESTRACK-Station sollen anschließend von Spezialisten der ESA und des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA näher analysiert werden. Durch minimalste Abweichungen zwischen den berechneten und den real empfangenen Signalzeiten lassen sich die bisher bekannten Parameter der Phobos-Umlaufbahn noch weiter verfeinern. Dies ist besonders für zukünftige Untersuchungen des Marsmondes von Bedeutung. Für diese ist eine möglichst genaue Kenntnis der Umlaufbahn von Phobos nötig.
„Die Beobachtung dieser Okkultation verspricht einen gewaltigen Schub in unserem Verständnis von Phobos“, so Michel Denis, der für die Mars Express-Mission verantwortliche Spacecraft Operations Manager der ESA.
Bereits wenige Sekunden nach dem Ende der Okkultation werden die Instrumente der Raumsonde um 23:22 Uhr MESZ erneut auf den Mars ausgerichtet und ihre regulären wissenschaftlichen Untersuchungen fortsetzen.
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