Mars Express und die Störungszone Sacra Fossae

Am 11. November 2008 bildete die hochauflösende HRSC-Stereokamera an Bord der ESA-Sonde Mars Express in ihrem Orbit Nummer 6.241 die Ausflusstäler des Kasei Valles ab. Aus einer Höhe von rund 425 Kilometern erreichte man dabei eine Auflösung von circa 21 Metern pro Pixel.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, FU Berlin, ESA. Vertont von Peter Rittinger.

FU Berlin, MOLA
Topografische Übersichtskarte des Kasei Valles und des Sacra Fossae.
(Bild: FU Berlin, MOLA)

Das Kasei Valles stellt eines der größten Ausflusstäler auf dem Mars dar. Es hat seinen Ursprung im unmittelbar nördlich des Valles Marineris gelegenen Echus Chasma und erstreckt sich von dort über eine Länge von fast 3.000 Kilometern bis zum Becken Chryse Planitia in der nördlichen Tiefebene des Mars. Vor vielen Millionen Jahren, so die gängige Theorie, strömte Wasser durch dieses Talsystem und formte dabei charakteristische Geländeformationen.

Eine dieser Formationen ist das Sacra Fossae. Hierbei handelt es sich um eine etwa 1.000 Kilometer lange, sogenannte Störungszone im mittleren und nördlichen Bereich des Kasei Valles, welche einen Übergang zwischen diesem und der etwa einen Kilometer höher gelegenen Hochebene Lunae Planum bildet. In ihrem Orbit Nummer 6.241 bildete die Sonde Mars Express am 11. November 2008 ein Gebiet bei 12 Grad nördlicher Breite und 285 Grad östlicher Länge ab. Der hierbei fotografierte Bereich hat eine Ausdehnung von 225 mal 95 Kilometern. Die Planetenoberfläche wurde in diesem Bereich durch tektonische Spannungen beansprucht und zerklüftet, was unter anderem zur Bildung von „chaotisch“ anmutenden Mustern von sich teilweise kreuzenden Gräben geführt hat.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Blick auf das Sacra Fossae und das am unteren Bildrand gelegene Hochland Lunae Planum. Norden befindet sich rechts im Bild.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Im Norden der abgebildeten Region (Abschnitt 1 im nebenstehenden Bild) befindet sich ein alter, etwa 35 Kilometer durchmessender Impaktkrater. Sein südwestlicher Rand ist im Laufe der Zeit stark erodiert, und an einzelnen Stellen wurde er sogar komplett abgetragen. Diese starke Erosion ist unter anderem auf das Einwirken von Wasser zurückzuführen. Das Ursprungsgebiet der dafür verantwortlichen Wasserströme befindet sich im etwa 850 Kilometer weiter südlich gelegenen Echus Chasma. Der Boden des Einschlagkraters und das westlich liegende Terrain wurden zu einem späteren Zeitpunkt von sehr dünnflüssiger, basaltischer Lava überdeckt. Zu einem noch späteren Zeitpunkt dürfte auch das erneute Auftreten von Wasser eine Rolle bei der Gestaltung der Oberfläche gespielt haben.

Die Lava hatte ihren Ursprung in der im Westen liegenden Tharsis-Vulkanregion. Der am nächsten gelegene Vulkan dieses Gebietes, der Tharsis Tholus, ist etwa 1.000 Kilometer von der abgebildeten Region des Sacra Fossae entfernt. Die Lava muss über ein wesentlich geringeres Alter als das zerfurchte Hochland der Umgebung verfügen, worauf die glatte, kaum von Kratern bedeckte Oberfläche hinweist.

Am unteren Bildrand (Bildabschnitt 2) erkennt man sehr gut den Übergang vom Hochland des Lunae Planum zu den einige hundert Meter tiefer liegenden und stark zerklüfteten Gebieten des Sacra Fossae. Entlang des Übergangs befinden sich parallel zur Übergangszone verlaufende Bruchzonen. Infolge von tektonisch bedingten Dehnungskräften in der Kruste des Mars riss die Oberfläche quer zu den vorherrschenden Kraftrichtungen auf und erzeugte das hier erkennbare Muster an parallel verlaufenden und sich stellenweise auch kreuzenden Gräben. Neben tektonischen Aktivitäten wurde dieser Bereich aller Wahrscheinlichkeit nach zusätzlich durch von Wassereinflüssen unterhalb der Oberfläche bedingten Erosionen geformt.

Im Untergrund befindliches Bodenmaterial wurde dabei im Laufe der Zeit durch das Wasser ausgespült und anschließend von diesem abtransportiert. Dieser Vorgang wird auch als Subrosion bezeichnet. Über den dabei entstandenen Hohlräumen gelegene Bodenschichten stürzten in die Tiefe und füllten die Hohlräume teilweise wieder auf. Auf diese Weise bildeten sich diese als „chaotische Gebiete“ bezeichneten Regionen, welche für viele in den mittleren nördlichen Breiten des Mars gelegenen Orte charakteristisch sind. Auch im Westen der abgebildeten Region (Bildabschnitt 3) fallen viele, zum Teil rechtwinklig zueinander verlaufende Bruchzonen auf. Auch diese Formationen wurden höchstwahrscheinlich durch das Einstürzen von Oberflächenmaterial infolge von Subrosionsprozessen gebildet.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Ein Blick über die Übergangszone vom Lunae Planum zum Sacra Fossae von Nordosten nach Südwesten.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Aus den schräg auf die Oberfläche des Mars gerichteten Stereo-Kanälen der HRSC-Kamera können realistische, perspektivische Ansichten der Marsoberfläche berechnet werden. Das nebenstehende Bild zeigt einen Blick von Nordosten nach Südwesten. Dominiert wird die Szene im Bildhintergrund von dem als „chaotischem Gebiet“ bezeichneten Landschaftsmuster. Im linken Bildvordergrund erkennt man zudem einen Talabschnitt. Die Oberfläche wurde in diesem Bereich durch Winderosion geformt, wodurch die gleichmäßig verlaufenden Bodenstrukturen entstanden und die hier vorherrschende Windrichtung erkennbar ist. Die im Bild zu sehenden Höhenunterschiede betragen mehrere hundert Meter bis über einen Kilometer.

Raumcon:

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