Mars Express und die Region Arabia Terra auf dem Mars

Am 26. Oktober 2009 bildete die HRSC-Kamera an Bord der ESA-Sonde Mars Express in ihrem Orbit Nummer 7.457 einen Teil der Region Arabia Terra auf dem Mars ab. Dabei erreichte die Stereokamera eine Auflösung von rund 18 Metern pro Pixel und fertigte Bilder von Sockelkratern und geschichtete Ablagerungen an.

Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: ESA, FU Berlin.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Eine topografische Karte der durch die HRSC-Kamera abgebildeten Region.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Das Arabia Terra, zu deutsch das „Arabische Land“, ist ein Teil der Hochlandregion unseres Nachbarplaneten Mars. Es befindet sich nördlich des Marsäquators und verfügt in Ost-West-Richtung über eine Ausdehnung von etwa 4.500 Kilometern. Das Zentrum des Arabia Terra befindet sich bei 25 Grad nördlicher Breite und 30 Grad östlicher Länge. Die gesamte Region ist mit steil abfallenden Hügeln, Tälern und einer Vielzahl von Impaktkratern übersät, von denen die größten über Durchmesser von mehr als 200 Kilometern verfügen. Aufgrund der hohen Kraterdichte und einer tiefgreifenden Erosion wird das Arabia Terra oftmals auch als eines der geologisch ältesten Gebiete auf dem Mars charakterisiert.

Das Gebiet des Arabia Terra weist ein sehr hohes Gefälle auf, was sich dadurch zeigt, dass sich die südlichen und östlichen Regionen um bis zu vier Kilometer über die nordwestlichen Bereiche erheben. An seinem Nordrand geht das Arabia Terra abrupt in das nördliche Tiefland des Mars mit der dort gelegenen Tiefebene Vastitas Borealis über.

Offiziell erhielt das Arabia Terra seinen Namen im Jahr 1979. Dabei griff die für die Namensvergabe zuständige Internationale Astronomische Union (IAU) auf eine Marskarte des italienischen Astronomen Giovanni Schiaparelli (1835 bis 1910) zurück, welcher für seine Beobachtungen von Merkur und Venus, vor allem aber für die Beschreibung der so genannten „canali“, der Kanäle auf dem Mars bekannt wurde. Bei seinen Marsbeobachtungen im Jahr 1877 erkannte Schiaparelli bei einer der beobachteten Strukturen eine gewisse Ähnlichkeit mit der arabischen Halbinsel, was ihn zu der Belegung dieser Oberflächenformation mit dem Namen Arabia Terra inspirierte.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Weit ausgedehnte und unregelmäßig geformte Ablagerungen haben sich im Lauf der Zeit als weitgehend resistent gegen erosive Einflüsse erwiesen.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Am 26. Oktober 2009 überflog die von der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Sonde Mars Express während ihres Orbits Nummer 7.457 den östlichen Bereich dieses Gebiet. Die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene High Resolution Stereo Camera (HRSC), eines von sieben wissenschaftlichen Instrumenten an Bord von Mars Express, bildete dabei ein Gebiet 300 Kilometer nordwestlich des 400 Kilometer durchmessenden Antoniadi-Kraters ab, welches sich bei 27 Grad nördlicher Breite und 57 Grad östlicher Länge befindet. Die HRSC-Stereokamera erreichte dabei eine Auflösung von etwa 18 Metern pro Pixel ab. Der von der Kamera wiedergegebene Oberflächenausschnitt erstreckt sich über einen Bereich von 159 x 87 Kilometern und bedeckt eine Fläche von rund 13.865 Quadratkilometern, was in etwa einem Drittel der Größe Dänemarks entspricht.
Die nordöstliche Region des Arabia Terra ist durch geschichtete Ablagerungen gekennzeichnet, welche das Hochland während des Zeitalters des späten Noachiums beziehungsweise des frühen Hesperiums vor etwa 3,5 bis vier Milliarden Jahren bedeckten. Später wurden diese Ablagerungen durch Winderosion und fluviale Aktivitäten, also durch den Einfluss von Wasser, stark erodiert. Die von der Raumsonde Mars Express abgebildete Region wurde von den Wissenschaftlern J. E. Guest und Ronald Greeley im Jahr 1987 im Rahmen der Erstellung einer topografischen Karte des Mars als eine zergliederte geologische Einheit kartiert, welche primär durch unregelmäßig geformte, glatte und zumeist helle Ablagerungen charakterisiert ist.

ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum)
Diese Nadir-Aufnahme der HRSC-Kamera zeigt Sockelkrater und die Überreste von geschichteten Ablagerungen. Norden befindet sich rechts im Bild.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

In dieser Region sind viele interessante geomorphologische Formationen auffindbar. Überreste der ursprünglichen geschichteten Ablagerungen, die sich gegen die erfolgte Erosion als resistenter erwiesen, sind im nördlichen Bereich der nebenstehenden Aufnahme im Bildausschnitt Eins zu erkennen. Oftmals wurden auch Krater mit Material verfüllt. Im Verlauf einer anhaltenden, über Millionen von Jahren währenden Erosion wurden diese Krater dabei teilweise oder sogar vollständig abgetragen. Die gegen die erfolgende Verwitterung resistenten Kraterfüllungen blieben dabei erhalten und bilden heute die im Bildausschnitt Zwei als positive Oberflächenreliefs erkennbaren Sockelkrater.

Bei diesen Sockelkratern handelt es sich um Impaktkrater, deren Auswurfdecke sich über das umgebende Terrain erhebt und mit einer scharfen Kante abgeschlossen wird. Das Material der Auswurfdecken bildet dabei eine solide Schicht, welche das darunter liegende Material vor einer Winderosion schützt. Darüber hinaus zeigen verschiedene Hügel und Tafelberge auf dem Grund einiger Krater geschichtete Ablagerungen. Diese Ablagerungen könnten sich im Laufe der Jahrmillionen durch vulkanische Prozesse, durch eine windbedingte Verfrachtung von Staub und Sand oder durch subaquatische Ablagerungen gebildet haben. Letzteres würde bedeuten, dass dieser Bereich der Marsoberfläche über einen längeren Zeitraum von Wasser bedeckt gewesen wäre.

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Durch die Betrachtung mit einer speziellen Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille wird mit dieser 3D-Aufnahme ein räumlicher Eindruck der Landschaft vermittelt.
(Bild: ESA, DLR, FU Berlin (G. Neukum))

Die hier gezeigte Farbansicht wurde aus dem senkrecht auf die Planetenoberfläche blickenden Nadirkanal und den vor- und rückwärts blickenden Farbkanälen der HRSC-Stereokamera erstellt. Die zu sehende Schrägansicht wurde aus Bildern der Stereokanäle der HRSC berechnet. Bei dem Schwarzweißbild handelt es sich um eine Nadiraufnahme, welche von allen gewonnenen HRSC-Aufnahmen die höchste Auflösung erreicht. Das nebenstehende Anaglyphenbild, welches bei der Verwendung einer Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Zusätzlich können die Wissenschaftler aus einer höhenkodierten Bildkarte, welche aus den Nadir- und Stereokanälen der HRSC-Kamera errechnet wird, ein digitales Geländemodell der abgebildeten Marsoberfläche ableiten.

Das HRSC-Kameraexperiment an Bord der ESA-Sonde Mars Express wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum von der Freien Universität Berlin geleitet. Dieser hat auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen. Das für die Kamera verantwortliche Wissenschaftlerteam besteht aus 45 Co-Investigatoren von 32 Institutionen aus zehn Ländern. Die HRSC-Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt unter der Leitung des PI Gerhard Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH) gebaut. Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen der hier gezeigten Mars Express-Bilder wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.

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