Am 25. Dezember 2008 nahm die hochauflösende HRSC-Stereokamera an Bord der ESA-Sonde Mars Express im Orbit Nummer 6.396 aus 370 Kilometern Höhe einen Teil der Hochebene Daedalia Planum auf. Mit einer Auflösung von etwa 17 Metern pro Pixel erkennt man erkaltete Lavaströme unterschiedlichen Alters.
Ein Beitrag von Ralph-Mirko Richter. Quelle: DLR, FU Berlin, ESA.
Einst war der Mars ein vulkanisch sehr aktiver Planet, wovon heute noch seine mittlerweile erloschenen gewaltigen Vulkane zeugen. In der Tharsis-Region, einem Gebiet mit einer Ausdehnung von etwa vier Millionen Quadratkilometern, findet man vier der höchsten Berge unseres Sonnensystems. Südöstlich der höchsten dieser Erhebungen, dem etwa 24 Kilometer hohen Vulkan Olympus Mons, befinden sich die Schildvulkane Ascraeus Mons (18 Kilometer Höhe), Pavonis Mons (12 Kilometer) und Arsia Mons (14 Kilometer).
Nach der momentan gültigen Theorie bildete sich diese Region während des geologischen Mittelalters des Mars, der sogenannten Hesperianischen Epoche, aus. Die Vulkane waren über einen sehr langen Zeitraum aktiv und sind erst vor etwa 100 Millionen Jahren erloschen. Allerdings konnten an der Flanke des Olympus Mons Lavaflüsse nachgewiesen werden, deren Alter mittels Kraterzählungen auf etwa zwei Millionen Jahre datiert wird. Sollte diese Vermutung zutreffen, so wären diese jungen Lavaströme ein Indiz dafür, dass der Mars immer noch aktiv ist und seine Vulkane momentan lediglich eine Ruhephase durchlaufen.
Während der Ausbrüche wurden gewaltige Lavamassen freigesetzt, welche ausgedehnte Ebenen bildeten. Eine dieser Hochebenen ist das mit nur relativ wenigen Kratern bedeckte Daedalia Planum, welches sich süd-südöstlich des Arsia Mons erstreckt. Am 25. Dezember 2008 bildete die ESA-Sonde Mars Express einen Teil dieser Ebene ab. Auf den dabei gewonnenen Fotos ist zu erkennen, dass Daedalia Planum von einer Vielzahl von erstarrten Lavaströmen unterschiedlichen Alters dominiert wird. Der Ursprung dieser Lavaströme ist die Südflanke des Arsia Mons, von wo aus sie sich in das Vorland erstrecken.
Das nebenstehende Bild zeigt zwei Lavaströme, welche sich diagonal durch die Aufnahme erstrecken (Bildausschnitt 1). Sie sind unterschiedlichen Alters und weisen verschiedene Oberflächenstrukturen auf. Der jüngere Lavastrom im oberen Bildabschnitt hebt sich dabei durch hellere Grauschattierungen und ein markantes Oberflächenprofil von der Umgebung ab. Er zeigt hierbei deutliche Fließspuren, wie zum Beispiel einen Lavakanal und sogenannte „Druckrücken“. Diese Formationen entstehen, wenn die noch heiße Lava an den Rändern und der Oberfläche des Flusses zu erstarren beginnt, sie unter der Kruste jedoch noch fließfähig ist. Dadurch wird die frisch gebildete Kruste zu Runzeln zusammengeschoben und wölbt sich auf. Ganz anders stellt sich der ältere Strom im unteren Bildabschnitt dar. Dessen Oberfläche erscheint deutlich ebener, da sich dort im Laufe der Zeit Sedimente in Form von Staub und Sand abgelagert haben. Auch das Vorhandensein von mehreren kleinen Kratern spricht für ein größeres Alter. Des weiteren ist erkennbar, dass der hellere, jüngere Strom sich teilweise über den dunkleren Strom ergossen hat.
Auffällig sind weiterhin zwei parallele, schräg zur Fließrichtung der Lava verlaufende Strukturen in den Bildausschnitten 2 und 3. Diese Geländeabsenkungen sind auf Gräben zurückzuführen, welche sich unter der Lava gebildet haben. Die Lava ergoss sich in diese Gräben und füllte sie teilweise, an manchen Stellen sogar vollständig auf. Dort, wo nur eine teilweise Auffüllung erfolgte, sind noch die Grabenstrukturen erkennbar.
Am rechten Bildrand erkennt man einen sechs Kilometer durchmessenden Krater, welcher fast bis zu seinem Rand mit Lava aufgefüllt wurde. Die Lava ist hier durch eine Öffnung im Kraterrand eingedrungen. Krater, welche vollständig durch Lava oder Sand und Staub bedeckt sind und deren Umrisse nur noch schemenhaft erkennbar sind, werden auch als „Geisterkrater“ bezeichnet. Ein solcher befindet sich links unterhalb dieses teilweise aufgefüllten Kraters. Der Einschlagskrater am unteren Bildrand hingegen, sein Durchmesser beträgt etwa sieben Kilometer und seine Tiefe 650 Meter, wurde von der Lava nicht beeinträchtigt. Lediglich Teile des Auswurfmaterials am äußeren Kraterrand wurden von ihr überlagert.
Mit der HRSC-Stereokamera des Mars Express ist es möglich, aus neun unter verschiedenen Winkeln auf die Planetenoberfläche ausgerichteten Aufnahmekanälen so genannte „digitale Geländemodelle“ abzuleiten, mit denen die Topographie der Landschaft bildhaft dargestellt werden kann. Zur Darstellung der Höhenunterschiede des abgebildeten Geländes werden die topographischen (Höhen-)Informationen auf die hochauflösende Aufnahme des Nadirkanals der HRSC-Kamera projiziert. Anhand einer farbkodierten Skalierung lässt sich somit erkennen, dass das Gelände von Südwesten (im Bild links oben) in Richtung Nordosten kontinuierlich ansteigt. Der Höhenunterschied von den am tiefsten gelegenen, blau markierten Gebieten bis zu den etwa 150 Kilometer weiter nordöstlich gelegenen höchsten Punkten (braune Farbtöne) beträgt etwa einen Kilometer.
Die Höhenangaben auf dem Mars beziehen sich auf einen gedachten „Meeresspiegel“. Dieser entspricht der Oberfläche eines so genannten Areoids. Hierbei handelt es sich um einen imaginären dreidimensionalen Körper, dessen Mittelpunkt mit dem Zentrum des Mars identisch ist und dessen Oberfläche sich in einer Entfernung von 3.396 Metern von diesem Zentrum befindet. Diese Grenze wird durch einen Wert konstanter Schwerkraft, dem sogenannten Schwerepotential, definiert. Der Begriff des Areoids leitet sich von Ares ab, dem Gott des Krieges in der griechischen Mythologie.
Aus den schräg auf die Oberfläche gerichteten Stereo- und Farbkanälen des HRSC-Kamerasystems können zudem realistische, perspektivische Ansichten der Marsoberfläche erzeugt werden. Das nebenstehende Bild zeigt einen Blick von Nordosten nach Südwesten hangabwärts über die beiden erkaltete Lavaströme auf der Daedalia-Hochebene im Südosten des Marsvulkans Arsia Mons.
Raumcon: