Mars – alles andere als eine tote Wüste!

Die Auswertung von Infrarotemissionen der Marsoberfläche durch ein Instrument des amerikanischen Mars-Orbiters 2001 Mars Odyssey zeigt eine überraschend vielfältige und immer noch aktiven Veränderungen unterworfene Planetenoberfläche.

Ein Beitrag von Michael Stein. Quelle: NASA/JPL.

Diese beiden Mars Odyssey -Aufnahmen einer Marsregion zeigen deutlich die unterschiedlichen Infrarotemissionen bei Tag und Nacht.
(Foto: NASA)

Seit Anfang 2002 registriert THEMIS (= „Thermal Emission Imaging System„) an Bord der im April 2001 gestarteten NASA-Sonde 2001 Mars Odyssey in zehn verschiedenen Spektralbereichen die Wärmestrahlung, die von der Marsoberfläche emittiert wird. In einem Artikel, der demnächst im Wissenschaftsmagazin Science erscheinen wird, berichten Wissenschaftler der Arizona State University in einem ersten Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse, die sie nach dem ersten Beobachtungsjahr gewonnen haben. Die Auswertung der von THEMIS gewonnenen Daten zeigt eine erstaunlich vielfältige und dynamische Planetenoberfläche, die auch heute noch ständigen Veränderungen unterworfen ist.

Infrarotaufnahmen der Marsoberfläche wurden in der Vergangenheit auch schon durch ein vergleichbares Instrument an Bord der Raumsonde Mars Global Surveyor (MGS) gemacht, allerdings liefert THEMIS Aufnahmen mit 30-fach höherer Auflösung als der Thermal Emission Spectrometer an Bord des MGS.
„Die Kamera von Mars Global Surveyor macht hervorragende Aufnahmen, die Schichten zeigen, aber sie verrät mir nichts über die Zusammensetzung – ist es eine Gesteinsschicht mit einer Schicht Sand darüber? Mit den Temperaturdaten von THEMIS kann ich eine Vorstellung davon bekommen, da die Schichten variieren – und jede Schicht hat bemerkenswert verschiedene physikalische Eigenschaften“, erläutert Philip Christensen, Geologieprofessor und Principal Investigator des THEMIS-Instruments.

Beispiel einer THEMIS -Nachtaufnahme (farbiger Streifen). Wärmere Stellen (rot) in Melas Chasma deuten auf Gestein hin; es gibt die am Tag aufgenommene Wärme langsamer als Sand und Staub wieder ab.
(Grafik: NASA/JPL/Arizona State University)

Die Beobachtung der Tag- und Nachttemperaturen ermöglicht es den Wissenschaftlern, zwischen massivem Gestein und verschiedenen Arten losen Materials wie Felsbrocken, Sand und Staub zu unterscheiden. An jedem Strand unserer Erde lässt sich beispielsweise beobachten, dass sich feiner Sand viel schneller als ein massiver Felsbrocken erhitzt, aber auch deutlich schneller wieder abkühlt. Genau diese unterschiedlichen Temperaturkurven machen es den Wissenschaftlern möglich, mit Hilfe von THEMIS auch da unterschiedliche Zusammensetzungen der Planetenoberfläche zu erkennen, wo eine Aufnahme im sichtbaren Licht keine Differenzierungen sichtbar werden lässt.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist die Entdeckung von Schichten in der Marsoberfläche, die auf große Veränderungen der früheren Umweltbedingungen hinweisen. „Wir haben in Gebieten wie Terra Meridiani Schichten beobachtet, jede mit dramatisch unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften“, so Christensen. „Warum ändern sich die physikalischen Eigenschaften in den verschiedenen Schichten? Sie ändern sich, weil die Umwelt, in der diese Gesteine abgelagert worden sind, sich veränderte. Es ist sehr schwierig genau zu sagen was an jedem einzelnen Ort geschehen ist, aber wir haben herausgefunden, dass an vielen Stellen auf dem Mars nicht Jahr für Jahr über Milliarden Jahre hinweg immer das Gleiche passiert ist.“

Unter anderem wurden kilometerweit reichende Gebiete entdeckt, an denen das nackte Gestein des Untergrunds zutage tritt. Angesichts der staubigen Marsatmosphäre ist das natürlich eine überraschende Entdeckung und legt den Schluss nahe, dass immer noch Kräfte am Werk sind, die Sedimente aus früheren Zeiten wie auch den allgegenwärtigen Staub von diesen Gesteinsformationen „herunterschmirgeln“. Genauso unerwartet war die Entdeckung, dass marsianische Hänge oft mit losen Felsbrocken bedeckt sind – ohne das Vorhandensein von Verwitterungsprozessen wären sie schon lange von Staub bedeckt worden. „Das zeigt einen dynamischen Mars – es ist ein aktiver Platz“, so hebt Christensen hervor.

Eine weitere wichtige Entdeckung von THEMIS ist das Vorhandensein von Anzeichen dafür, dass an vielen Stellen des Planeten Wasser bei der Entstehung der beobachteten geologischen Strukturen wahrscheinlich keine Rolle gespielt hat. So wurde beispielsweise eine aus Olivinen (Mischkristalle aus der Gruppe der Silikate) bestehende Schicht nahe des Grundes der viereinhalb Kilometer tiefen Ganges Chasma-Schlucht entdeckt. Olivine allerdings – und das macht diese Entdeckung interessant – lösen sich in Wasser sehr schnell auf, es kann also an diesem Ort niemals größere Wassermengen gegeben haben. Angesichts der Tatsache, dass es an anderen Stellen des Mars sehr wohl Wasser gegeben hat – und immer noch gibt – ist dies natürlich eine erstaunliche Entdeckung.
Zusammenfassend lassen diese neuen Erkenntnisse das Bild eines überaus vielfältig strukturierten Planeten entstehen, der für zukünftige Forschungsmissionen mit Sicherheit noch viele Überraschungen bereithält.

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