Intergalaktisches Netzwerk entdeckt

Das Röntgenteleskop Chandra der NASA hat Teile eines gigantischen intergalaktischen Netzwerkes aus heißen Gasen und Dunkler Materie entdeckt.

Ein Beitrag von Michael Stein, bearbeitet Star-Light. Quelle: NASA/CXC.

Diese künstlerische Darstellung veranschaulicht, wie die Röntgenstrahlen eines fernen Quasars beim Durchgang durch eine Wolke des intergalaktischen Gases verblassen.
(Illustration: NASA/CXC/A.Hobart; Spectrum: NASA/MIT/T.Fang et al.)

Die Beobachtungen von Chandra in Verbindung mit weiteren Beobachtungen im ultravioletten Spektralbereich sind ein wesentlicher Fortschritt für unser Verständnis, wie sich das Universum in den letzten zehn Milliarden Jahren entwickelt hat“, sagt Fabrizio Nicastro vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) in Cambridge (USA) und Leiter eines der an dieser Entdeckung beteiligten Teams.

Vier verschiedene Wissenschaftlerteams haben mit Hilfe des Röntgenteleskops Chandra intergalaktische Gase mit Temperaturen zwischen 300.000 und 5 Millionen Grad Celsius entdeckt. Diese Gase bilden einen Teil eines gigantischen Systems von heißen Gasen und Dunkler Materie, das die „kosmische Landschaft“ prägt. Alleine die gasförmigen Bestandteile dieses Systems enthalten mehr Materie als alle Sterne im Universum zusammen.

„Wir hatten von der Urknalltheorie und Beobachtungen des frühen Universums her starke Indizien für die Existenz dieses Gases in der Gegenwart, aber es entzog sich […] bisher unserer Entdeckung“, so Claude Canizares vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der zusammen mit Taotao Fang eines der vier Teams leitete.

Die von Chandra entdeckten heißen Gase können benutzt werden, um das Vorhandensein der dichteren Dunklen Materie zu verfolgen, da sich sich aufgrund gravitativer Verbindungen dort konzentrieren, wo auch die Dunkle Materie gehäuft vorkommt. Ihre Entdeckung kann die Astronomen unter Umständen in Zukunft in die Lage versetzen, die Verteilung der Dunklen Materie zu kartieren und ihren Ursprung zu verstehen.

Teleskope, die im ultravioletten Spektralbereich arbeiten, hatten kühlere Bestandteile des Systems aus heißen Gasen bereits entdeckt, aber der Großteil dieser Gase ist aufgrund der enorm hohen Temperaturen nur mit einem sehr empfindlichen Röntgenteleskop wie Chandra sichtbar.

Die verschiedenen Wissenschaftlerteams haben zwei Techniken für den Nachweis des intergalaktischen Gases benutzt. Eine Methode nutzte den Effekt aus, dass das Gas Röntgenstrahlen, die von weit entfernten Galaxien emittiert werden, auf ihrem Weg zur Erde teilweise absorbiert. Durch die Messung der Abschwächung dieser Strahlung – verursacht durch Sauerstoff und andere Elemente in den Gaswolken – konnten Astronomen Rückschlüsse auf die Temperatur, Dichte und Masse ziehen. Beobachtungen der beiden Quasare PKS 2155-304 und H1821+643 durch drei Teams enthüllten verschiedene Teile dieses Systems von heißen Gaswolken. In einem dieser Teile scheinen unter anderem unsere eigene Galaxie, die Milchstraße, wie auch die Andromeda-Galaxie eingebettet zu sein, während andere mit dieser Methode entdeckte Gaswolken sich Milliarden von Lichtjahren entfernt befinden.

Diese Ergebnisse bestätigten frühere Arbeiten der Wissenschaftler Joel Bregman und Jimmy Irwin von der University of Michigan (USA), die mit der genau entgegengesetzten Methode arbeiteten: Sie nutzten die Tatsache aus, dass das heiße Gas selbst eine Röntgenquelle ist, und beobachteten die Abschwächung dieser Röntgenstrahlen bei ihrem Durchgang durch eine im Vordergrund befindliche Galaxie, was Rückschlüsse auf das dahinter liegende heiße Gas zuließ. „Normalerweise studieren Ärzte die Schatten, die unsere Knochen bei einer Röntgenaufnahme werfen, um mehr über die Knochen zu erfahren“, so Bregman. „Wir jedoch haben die Schatten genutzt, um etwas über den Röntgenapparat zu lernen.“

Während der ersten Milliarden Jahre nach der Entstehung unseres Universums haben sich rund 20 Prozent der Materie durch die Schwerkraft zu Strukturen wie Galaxien zusammengefunden. Verschiedene Theorien behaupten, dass der Großteil der verbleibenden Materie ein gigantisches Netzwerk bildet, dass die verschiedenen Gruppen und Cluster von Galaxien miteinander verbindet und so heiß ist, dass es für optische, infrarote und Radioteleskope nicht sichtbar ist. Nun scheint es, als ob erste Schatten dieses Netzwerkes gefunden sind.

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