Heute vor 25 Jahren brach die erste der beiden Voyager-Raumsonden zu ihrer Reise in das äußere Sonnensystem auf, und immer noch senden die unendlich schwachen Signale der beiden Zwillingssonden Informationen über die Randgebiete unseres Sonnensystems zu den riesigen Antennen des Deep Space Network der NASA.
Ein Beitrag von Michael Stein, bearbeitet von Star-Light. Quelle: NASA.
Wohl kaum einer der Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker, die am 20. August 1977 die mächtige Titan III E/Centaur mit Voyager 2 an Bord in den nächtlichen Himmel über Florida steigen sahen, hätte angenommen, dass noch 25 Jahre später die beiden im Abstand von gut zwei Wochen gestarteten Raumsonden Kontakt zur Erde haben würden: Unmittelbares Ziel ihrer Reise waren damals nur die beiden größten Planeten unseres Sonnensystems, Jupiter und Saturn, die nach vier Jahren Reisezeit erreicht werden sollten.
Dieses Ziel erreichten die beiden identischen Sonden dann auch ohne Schwierigkeiten und bescherten den Wissenschaftlern eine ungeheure Fülle an neuen Aufnahmen, wissenschaftlichen Messdaten und Erkenntnissen. Die aktiven Vulkane auf dem Jupitermond Io, Wellen und speichenförmige Strukturen in den Saturnringen, die dichte Atmosphäre des Saturnmondes Titan, eine Vielzahl neu entdeckter Monde: Alles Entdeckungen, die mit Hilfe der beiden Voyager-Sonden gemacht worden sind.
Doch die Reise sollte noch weiter gehen. Nur alle 176 Jahre kommt es zu einer Planetenkonstellation wie in den Jahren 1977 bis 1979, die es einer in dieser Zeit gestarteten Raumsonde erlaubt, durch geschickte Ausnutzung der planetaren Gravitationskräfte neben Jupiter und Saturn auch noch Uranus und Neptun anzufliegen, so der seit 1972 am Voyager-Projekt beteiligte Wissenschaftler Dr. Edward Stone. Nun also flog Voyager 2 weiter zu Uranus und Neptun. Beide bis dahin noch nie und seitdem nie wieder von einem Raumfahrzeug angesteuert. Auch dort wieder gleichermaßen wissenschaftlich faszinierende, als auch für das Auge einfach nur wunderschöne Aufnahmen der beiden großen Gasplaneten. Und natürlich auch wieder ein Füllhorn neuer Erkenntnisse und Entdeckungen: Die höchsten bisher gemessenen Windgeschwindigkeiten unseres Sonnensystems in der Neptun Atmosphäre, der puzzleartig aus neuen und alten Oberflächenstrukturen zusammengesetzte Uranusmond Miranda, aktive Geysire auf dem Neptunmond Triton, die Ringe um Uranus und Neptun und wieder neu entdeckte Monde.
Die am 5. September 1977 gestartete Raumsonde Voyager 1 ist mittlerweile das am weitesten von der Erde entfernte von Menschenhand geschaffene Objekt. Seit dem Vorbeiflug am Saturn im November 1980 fliegt das Raumfahrzeug in nördlicher Richtung (relativ zur Ekliptik) auf die äußerste Grenze unseres Sonnensystems – die so genannte Heliopause – zu, wo der Sonnenwind und der interstellare Teilchenstrom in einer Schockzone aufeinander treffen. Zurzeit ist Voyager 1 85 Astronomische Einheiten (AE = durchschnittliche Entfernung Erde-Sonne [rund 149,6 Mio. km]) von der Sonne entfernt und nähert sich pro Jahr um rund 3,6 AE der Heliopause. Voyager 2 ist nach seinem Vorbeiflug an Neptun im August 1989 ebenfalls auf den Weg zur Heliopause und befindet sich rund 68 AE von der Sonne entfernt. Um diese gigantischen Entfernungen besser einschätzen zu können: Voyager 1 ist knapp 13 Milliarden Kilometer oder mehr als doppelt soweit wie Pluto von der Sonne entfernt, und die Funksignale von der Raumsonde benötigen trotz Lichtgeschwindigkeit eine Reisezeit von knapp 12 Stunden, bevor sie von den 70 m-Antennen des Deep Space Network registriert werden.
Doch nun haben die Wissenschaftler den beiden Reisenden ein neues Ziel gesteckt: Sie hoffen, dass zumindest eine der Voyager-Sonden funktionsfähig den interstellaren Raum erreichen wird, wohin der von unserer Sonne ausgehende Partikelstrom nicht mehr reicht. Erst dann, wenn die Heliopause passiert ist, werden die beiden Raumsonden registrieren können, wie die Bedingungen außerhalb unseres Sonnensystems sind, welche (interstellaren) Winde dort wehen; bis dahin bewegen sie sich im weitesten Sinne in der solaren Atmosphäre.
So ist jetzt, lange nach dem Erreichen aller primären Ziele der Voyager-Mission, noch ein Rennen gegen die Zeit entbrannt. Während Voyager 1 mit rund 1,6 Millionen Kilometer pro Tag auf die äußerste Grenze des Sonnensystems zu rast, nimmt die von dem nuklearen Miniaturkraftwerk des Raumfahrzeugs gelieferte elektrische Energie stetig ab. Die drei Generatoren an Bord der Raumsonde, mit denen die beim radioaktiven Zerfall von Plutonium entstehende Wärme in elektrische Energie umgewandelt wird, produzieren zurzeit noch gut 300 Watt, doch nach und nach werden einzelne Instrumente abgeschaltet werden müssen. Wann genau Voyager 1 die Heliopause erreichen wird ist ungewiss, da sich deren genaue Lage mit dem solaren Aktivitätsniveau verändert.
Bis 2020 wird noch genug Energie an Bord der beiden Raumfahrzeuge vorhanden sein, um wenigstens eines der wissenschaftlichen Instrumente aktivieren zu können, doch wenn bis dahin der interstellare Raum nicht erreicht ist, könnte es kritisch werden: Irgendwann nach diesem Datum wird der Tag kommen, an dem die elektrische Energie nicht mehr für den Betrieb auch nur eines Instruments an Bord der Voyager-Sonden ausreicht. Spätestens dann wird das interstellare Forschungsprogramm der vor 25 Jahren auf ihre Reise ohne Wiederkehr gestarteten Raumfahrzeuge beendet sein, und sie werden nur noch als Botschafter unseres Planeten unterwegs sein, eine vergoldete Platte mit Tondokumenten und Aufnahmen von der Erde mit sich tragend.